„Vom Jagen und Sammeln“ architektonischer Schöpfungen:
Archivierung von architekturtheoretischer und -physischer Nachlässe

 

Masterarbeit von Verena Viertler
Betreuer: Priv.-Doz. Dr. Christoph Hölz

 

Die Bewahrung des kulturellen Erbes ist ein zentrales Anliegen unserer Gesellschaft. Dennoch variiert die Praxis der Archivierung von architektonischen Nachlässen erheblich. Ein markantes Beispiel dafür ist der unterschiedliche Umgang mit den Nachlässen der Südtiroler Architekten Othmar Barth und Christoph Mayr-Fingerle. Während der Nachlass von Othmar Barth vom Land Südtirol für eine beträchtliche Summe erworben wurde, fehlten für den Nachlass von Christoph Mayr-Fingerle die nötigen Kapazitäten. Diese Unterschiede werfen Fragen nach den Prioritäten und Methoden der Archivierung auf.

Von allen Motiven, die Menschen antreiben, ist das Sammeln eines der grundlegendsten, da es ihnen Orientierung, Leidenschaft, Eitelkeit und Macht demonstriert. Laut Sozialpsychologe Dieter Frey dient das Sammeln nicht nur der Sicherung des Überlebens durch das Weitergeben und Austauschen von Erfahrungen, sondern auch der kulturellen und ästhetischen Selbstverwirklichung, die sich von der Urzeit bis zur modernen Ära erstreckt.

Architektonische Nachlässe umfassen alle Materialien, die im Zusammenhang mit der Arbeit eines Architekten stehen, einschließlich Zeichnungen, Modelle, Schriftverkehr, Fotografien und andere Dokumente. Diese Nachlässe sind von unschätzbarem Wert, da sie Einblicke in den kreativen Prozess und die Entwicklung der Architektur bieten. Sie bieten der Gesellschaft vielfältige Vorteile: Sie dienen als Bildungsressource, fördern das Verständnis und die Wertschätzung für Architektur und unterstützen die Forschung. Sie ermöglichen es zukünftigen Generationen, aus den Erfahrungen und Errungenschaften vergangener Architekten zu lernen.

Karl Blossfeldt, Arbeitscollage, Farne I, vor 1928 © Karl Blossfeldt Archiv. Stiftung Ann und Jürgen Wilde, Pinakothek der Moderne, München.

Die systematische Archivierung dieser Nachlässe ist entscheidend, um ihr Fortbestehen zu sichern. Ohne adäquate Archivierung besteht die Gefahr, dass wertvolle Informationen verloren gehen. Beispiele verlorener Architekturnachlässe zeigen die Tragweite dieses Problems. Der Erwerb von Nachlässen kann durch Kauf, Schenkung oder Nachlassregelung erfolgen. Die Bewertung des architektonischen und monetären Wertes eines Nachlasses erfordert spezifische Kriterien und Fachwissen. In Südtirol gibt es derzeit keine spezialisierte Institution für die Archivierung von Architekturnachlässen, was zu einem Verlust wertvollen Erbes führen kann.

Die Archivierung von architektonischen Nachlässen ist nicht nur eine technische Herausforderung, sondern auch eine kulturelle Verpflichtung. Durch die Bewahrung und Zugänglichmachung dieser Schätze können wir das architektonische Erbe schützen und zukünftigen Generationen wertvolle Einblicke in unsere bauliche Vergangenheit bieten.

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