199004 SE Ausgewählte Themen der Architektur: Architektur für Ferien, Freizeit und Sport


Dr. Hilde Strobl 

Archiv für Bau.Kunst.Geschichte 
Lehrveranstaltungsnummer: 199004

Anmeldung über LFU:online


Lernergebnis:
Das Seminar „Themen der Architektur“ zielt auf die kontextuelle Analyse von Architektur. Kein Bau entsteht kontextfrei. Nicht nur Planer und Bauherrn, sondern baupolitische sowie wirtschaftlich Aspekte und gesellschaftliche Herausforderungen spielen eine Rolle für die Entstehung eines Gebäudes. Die bauliche Form kumuliert die Interessen. Mit der Fertigstellung eines Gebäudes beginnt die Umgangs- und Nutzungsgeschichte. Bauqualität, Akzeptanz, Nutzeridentifikation sowie zeitgeistliche und wirtschaftliche Aspekte entscheiden über den Umgang mit dem Gebäude – und seine Langlebigkeit bzw. Nachhaltigkeit. Die richtungsweisenden Faktoren dafür ändern sich im Laufe der Geschichte permanent. 

Inhalt:
Das Seminar behandelt das Phänomen der Architektur für Ferien und Freizeit. Im Zuge einer neuen Freizeit- Urlaubs- und Sportkultur seit Beginn des 20. Jahrhunderts für eine zunächst schmale Bevölkerungsschicht, weitet sich die Zielgruppe in den 1920er-Jahren und avanciert in Zeiten des „Wirtschaftswunders“ der Nachkriegszeit zur Massenbewegung: Die Strände der Seen und Meere, die Landschaft der Bergregionen, aber auch Städte und Dörfer wurden massiv beeinflusst. In den Alpenregionen, am Atlantik oder im Mittelmeerraum boomte die Ferienarchitektur. Film und Fernsehen waren Erfüllungsgehilfe und zeichneten Bilder vom Tiroler Dirndlgasthof bis zum Adria-Schick. Den Bildern folgten Bauten. Und jetzt? Reisen und Freizeitgestaltung sind von gesellschaftlichen Entwicklungen, Veränderungen der Arbeitswelt ebenso beeinflusst wie von Faktoren der Mobilität und der Ökonomie – und die Architektur ist ein direkter Reflex auf die Möglichkeiten und Ansprüche der Reisenden. Ein Wandel der Maßstäbe der Urlaubsbehausungen und Freizeiteinrichtungen – von kleiner Pension zu großem Hotelkomplex und zurück zum cosy Chalet und zum Wohnmobil – zeichnet sich ebenso ab wie der Umgang der Gemeinden und Städte mit dem Massentourismus. Tourismusbauten sind zwar zumeist wirtschaftlicher Selbstzweck, doch durch die Bedürfnisse der Reisenden beeinflusst und damit in Hinsicht auf die Baukultur ambivalent zu bewerten. Zwischen Luxusbedürfnis und Sehnsucht nach „Ursprünglichkeit“ und regionaler Tradition wurde und wird einerseits großflächig Landschaftsraum zerstört und andererseits bauliches Kulturgut bewahrt.

Methoden:
Der Kurs zielt auf Einzelanalysen von kleinen baulichen Maßnahmen bis zu Großstrukturen und von Bauten im Tiroler Raum (von Architekten wie Franz Baumann, Welzenbacher oder Mazagg) bis zu internationalen Beispielen wie La Grande-Motte in Südfrankreich. Dabei werden nicht nur Ferienhäuser und Hotels behandelt, sondern auch infrastrukturelle Einrichtungen für Freizeit wie Bäder, Seilbahnen und Ausflugsziele (Restaurants, Kultureinrichtungen u.a.). 

Literatur- und Quellenrecherche: die wissenschaftliche Erarbeitung des Baukontextes ebenso wie die architektonische Analyse ist die Voraussetzung für das Verständnis von Architektur. Einige Beispiele erfordern eine Recherche im Archiv für Bau.Kunst.Geschichte oder weiteren Archiven. Im näheren Raum werden wir die Bauten besuchen und Vorort-Studien durchführen.

Prüfungsmodus:
Anforderungen: Regelmäßige Teilnahme (80% der Lehrveranstaltung), verbindliche Übernahme eines Referats, Verfassen einer schriftlichen wissenschaftlichen Arbeit, Beteiligung an der Diskussion und pünktliches Erscheinen sowie kontinuierliche und aktive Mitarbeit. Vorbesprechungen von Referat und Hausarbeit sind obligatorisch. 

Literatur:
Wird im Rahmen des Seminars bekannt gegeben.
Zum Einstieg: 
Joachim Moroder, Benno Peter: Hotelarchitektur. Bauten und Projekte für den Tourismus im alpinen Raum 1920-1940, Innsbruck 1993
Dietrich Erben, Sand, Spuren, Architektur – Zur gebauten Ökologie des Strandes, in: Humanität und gebaute Umwelt. Essays und Studien zur Architekturgeschichte, Bielefeld 2023, S. 307-325

Daniele Spiegel, Uralubs(t)räume des Sozialismus, Berlin 2020
Benjamin Türkis, Innsbrucker Tourismusgeschichte, Innsbruck 2010
Heiner Haass, Grundwissen Tourismusarchitektur, München 2017

 

Nach oben scrollen