Nachruf Guido Holzmeister (1914 - 2015)
Guido Holzmeister, der älteste Sohn des Stararchitekten Clemens Holzmeister, starb am 13. Februar 2015 im 101. Lebensjahr. Risikobereitschaft, Abenteuerlust und Unternehmergeist zeichnen sowohl sein Leben, als auch das seiner Vorfahren aus. Mit der Berufung seines Vaters 1924 an die Akademie der bildenden Künste in Wien verlor jener die durch seinen Vater erworbene brasilianische Staatsbürgerschaft. Dieser war bereits 1859 mit seinen Eltern und Geschwistern und an die 100 weiteren Familien vom Stubaital nach Brasilien ausgewandert. Ein erfolgreicher Import- Export-Handel ermöglichte ihm 1876 die Rückkehr in seine Heimat und das Leben als Privatier.
Die nächsten acht Jahre, in denen Clemens Holzmeister neben den Professuren in Wien und Düsseldorf für Kemal Atatürk das Regierungsviertel der neuen türkischen Hauptstadt Ankara errichtete und eine internationale Karriere aufbaute, verbrachte Guido im Jesuitenkolleg in Kalksburg, welches ihn nachhaltig prägte.
Das 1935 begonnene Studium des Maschinenbaus an der Technischen Hochschule wurde durch den Anschluss 1938 abrupt beendete. Sein Vater wurde in Abwesenheit – er war gerade in Ankara - von seinem Dienst suspendiert und sein Gehalt gesperrt. Nach der Einberufung von Guido Holzmeister zu den Panzerschützen–Jägern in St. Pölten im August 1939 hieß es rasch handeln. Ein erfundener, möglicher Exportauftrag für die deutschen Siemens-Werke in der Türkei ermöglichte einen Ausreisevermerk für drei Wochen. Mit seinem Wehrpass – den er später im Bosporus versenkte - und dem Orientexpress hatte er Wien für die nächsten acht Jahre verlassen. Provisorische brasilianische Pässe ermöglichten der Familie Holzmeister bereits Ende Oktober die Reise nach Rio, um die brasilianische Staatsbürgerschaft zu reaktivieren. Nach Eintreffen der Studienbewilligung an der ETH Zürich reiste Guido Holzmeister im April 1940 wieder nach Europa und schloss zwei Jahre später sein Studium in Maschinenbau und Betriebswissenschaft ab. Seine Stelle als Assistent erlaubte den weiteren Aufenthalt in der Schweiz und brachte die ersten Kontakte zur Industrie. 1947 erhielt er in Zusammenarbeit mit der Schweizer Firma von Roll den Auftrag zur Planung, Errichtung und Inbetriebnahme der ersten österreichischen Produktion von Schleudergussrohren, den Tiroler Röhrenwerken in Hall.
Nach deren Fertigstellung 1951 und den Besuch seines erfolgreichen Cousins Martin reifte der Entschluss nach Brasilien auszuwandern. Bereits ein Monat nach seiner Ankunft im Herbst 1952 begann Guido Holzmeister seine Karriere in den führenden brasilianischen Industrien wie Brasmotor und der Arnstein AG. Den endgültigen Weg in die Selbständigkeit ermöglichte ein Konsulenten Vertrag mit dem Besitzer der größten deutschen Werft in Hamburg, Willy Schlieker, für die Errichtung einer Schweißmaschinen Fabrik. Durch seine im nächsten Jahr gegründete Baufirma Tecnoplan konnten acht Bauvorhaben durchgeführt werden.
Neben der Sanierung und Reorganisation der Tubenfabrik Tubrasil stellte die Planung von Sonnenkollektoren, individuellen Müllverbrennungsöfen für Hochhäuser mit Wärmegewinnung für Warmwasser leider nicht verwirklichte Pionierarbeiten dar. Sein letztes bedeutendes Projekt war ein Joint-Venture mit der Ingold Gesellschaft, für die Herstellung von Glaselektroden, welches er gemeinsam mit seiner Schweizer Frau Anna führte. Nach deren plötzlichen Tod 1981 kehrte Guido Holzmeister 1991 nach einem reichen und erfolgreichen Leben in Brasilien nach Österreich zurück, zuerst nach Wien und seit 2009 in seine Geburtsstadt Innsbruck.
2012 übergab Guido Holzmeister den bedeutenden Teilnachlasses seines Vaters Clemens Holzmeister an das Archiv für Baukunst der Leopold Franzens Universität und wurde im Juni desselben Jahres zum Ehrenbürger der Universität ernannt.
Dr. Monika Knofler, Wien
PD Dr. Christoph Hölz, Archiv für Baukunst der LFU Innsbruck