Ausstellung: Zwischen Brutalismus und Strukturalismus
Architektur der 70er Jahre in Tirol: Eine Ausstellung von Studierenden der Architektur im Archiv für Bau.Kunst.Geschichte auf E6 im Adambräu Innsbruck, 31.1. –20.2.2023

 

Die 60er und 70er Jahre sind von gesellschaftlichen Umbrüchen geprägt – und die Architektur liefert deren Spiegelbild in besonderem Maße. Die Ernte der Wirtschaftswunderzeit der Nachkriegsjahre war eingefahren, während zugleich gesellschaftliche Rollenbilder und ökonomische Strukturen in Frage gestellt wurden. Die Hippiebewegung, die Kulturszene, die Anti-Kriegsdemonstrationen und Klima-Aktivisten prägten die Zeit ebenso wie die Ölkrise und die zunehmende Globalisierung und Liberalisierung des Marktes. Da die Verheißung „Fortschritt“ nur unheilvoll klang, war der Glaube an die Gestaltungskraft der Gegenwart dennoch stärker.

 

Archiv für Bau.Kunst.Geschichte, Ausstellung Brutalismus und Strukturalismus im Archiv für Bau.Kunst.Geschichte, 2023.
Archiv für Bau.Kunst.Geschichte, Ausstellung Brutalismus und Strukturalismus im Archiv für Bau.Kunst.Geschichte, 2023.

Die Architektenschaft stand vor der Herausforderung, den Zeitgeist zu übersetzen und Kontinuitäten zu brechen – das Formenvokabular dafür war expressiv und setzte dafür fast fetischgleich Beton und konstruktive Mittel demonstrativ ein. Begriffe wie Brutalismus und Strukturalismus wurden für die Architekturen dieser Zeit geprägt.

Der Kurs „Kuratorische Praxis“ (WS 2022/2023) am Archiv für Bau.Kunst.Geschichte der Universität Innsbruck zeigt eine Ausstellung auf Ebene 6 im Adambräu. Die Master-Studierenden präsentieren dort ihre Analyse- und Rechercheergebnisse – mit Originalen aus den Beständen des Archivs, selbst erstellten Dokumentationen oder spielerischen Annäherungen. Mit dem Fokus auf Bauten der 70er Jahre in Tirol reichen durch den überregionalen Zeit- und Baukontext die Themenfelder weit: Von der Herleitung des „Kordbetons“ der Fassaden der Wohnanlage des Maria-Hilf-Parks am Innufer bis zu Horst Parsons Arzberg-Siedlung zum zeitgemäßen Selbstausbau und Anlass für eine Vortrag des Architekten über „Sozialen Wohnbau“; und von Norbert Heltschls Beziehung zu Le Corbusier und dessen Modulor bis zur völligen Entstellung von Betonbauten des „Brutalismus“ wie Heltschls Internat Mariannhill in Landeck oder die Volksschule in Vomp von Norrer und Heuberger-Sentobe. Weitere Themen der Ausstellung der Studierenden sind Ekkehard Hörmann und Bauten des Tourismus, Heinz Mathoi Strelis Wohnbauten am Hang und Grundriss-Raumpläne oder Josef Lackners Völser Kirche und Robert Schullers ungewöhnliche Hängedachkonstruktion für das Landessportheim in Innsbruck.

Einzelne Bauten der 70er Jahre werden heute als bauhistorisches Erbe einer Tirol- spezifischen neoexpressionistischen Spätmoderne gefeiert, zum Teil als autochthone Architektur bezeichnet, – wieder andere stehen von dem Abbruch. Fehlende Wertschätzung, Nutzungsansprüche und energetische Anpassung führten und führen vielfach zu Maßnahmen gegen den Baubestand. Die Studierenden besuchten die Bauten, analysierten internationale Vergleichsbeispiele, recherchierten in Archiven in Innsbruck, Bozen und Wien, diskutierten und erarbeiten Bewertungskriterien.

Die kleine Ausstellung der Studierenden der Architektur gibt einen Einblick in den Rechercheprozess.

Teilnehmer:innen:
Theresa Biesalski, Yann Birsens, Michel Devos, Moritz Eisenblätter, Tina Emmerich, Annika Flatz, Luca Granzotto, Lisa-Marie Guntau, Claire Haas. Meike Hermann, Nadja Anna Holzer, Filloreta Imeri, Antonia Michelle Kahlert, Alexander Simon Kaiser, Katharina Kienzl, Magdalena Kley, Max Lorenz, Nico Oberbeck, Victor Schmitter, Michael Schweiger, Rosa Springmann, Anna Stock, Katrin Stöhr, Milena Thurner.

Lucia Prinz (Tutorin), Hilde Strobl. Archiv für Bau.Kunst.Geschichte (Kursleitung)

 

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