Projekt

Vom Aussterben bedroht! – Lebensraumpflege für seltene Arten in Tirol - VALAT

Projektleiter:  Konrad Pagitz

Projektmitarbeiter*innen: Klara Huber, Alexandra Kerschl, Lavinia König, Lukas Kornfeld, Cäcilia Lechner Pagitz, Thomas Prommersberger, Nora Rainer, Sabine Rier, Ronja Strompen, Theresa Wieser

Finanzierung:   „Dieses Projekt wird durch den Biodiversitätsfonds des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gefördert.“

Dauer: 2024-2025

International, national und regional zeigen aktuelle Forschungsergebnisse gravierende Rückgänge der heimischen Biodiversität. Rote Listen verdeutlichen den Zustand der Lebewelt des jeweils behandelten Gebietes besonders plakativ, indem sie die Situation einer Art mit der Angabe der Gefährdungskategorie komprimiert wiedergeben. In Österreich sind in jüngster Zeit Rote Listen für Farn- und  Blütenpflanzen sowohl auf Bundes- wie auf Landesebene für die Bundesländer Burgenland, Kärnten und Tirol erschienen. Je nach Bereich werden dabei ungefähr ein Viertel (Nordtirol) bis ein Drittel (österreichischer Alpenraum) der Arten als gefährdet eingestuft (Rote Liste Kategorien RE, CR, EN und VU).

In Nordtirol sind mehr als 438 Arten (22,4 %) der ursprünglich heimischen Farn- und Blütenpflanzen gefährdet (Gefährdungskategorien CR, EN und VU), davon 131 vom Aussterben bedroht (CR), 143 stark gefährdet (EN) und 164 gefährdet (VU). Weitere 64 Arten (3,3 %) sind im Gebiet aktuell nicht mehr vorhanden (RE, RE?). Damit sind knapp 26 % der Gefäßpflanzen in Nordtirol gefährdet oder bereits ausgestorben. Knapp die Hälfte der in Nordtirol heimischen Blüten- und Farnpflanzen haben einen Rückgang in Tirol von mehr als 10 % zu verzeichnen. Mehr als ein Drittel der Arten hat eine negative Zukunftsprognose. Damit liegen diese beiden Werte noch deutlich über dem Anteil der gefährdeten Arten (vgl. Pagitz et al. 2023a).

Als wesentliche Faktoren werden dabei eine Reihe von anthropogen gesteuerten Faktoren ins Treffen geführt, unter anderem Landnutzungsänderung in der Landwirtschaft und Landschaftsverbrauch (vgl. Stöhr 2022). Künftig wird auch dem Klimawandel eine immer größere Rolle zukommen. Ein ebenfalls an Bedeutung zunehmender Faktor ist die Ausbreitung von Neophyten, da Arten mit Tendenz, Massenbestände zu bilden, ein zusätzliches Gefährdungspotential für heimische Arten darstellen.

In der Roten Liste der Farn-und Blütenpflanzen Österreichs werden invasive Neophyten ebenfalls unter den Hauptfaktoren für den Biodiversitätsverlust geführt und mehrere besonders betroffene Arten aufgezählt (Stöhr 2022). In Nordtirol beträgt der Anteil von Neophyten an der Gesamtzahl der Gefäßpflanzen annähernd 31 % und auch hier werden konkrete Beispiele negativer Auswirkungen angeführt (Pagitz et al. 2023a). Aktuell werden in Nordtirol 14 Neophyten als problematisch eingestuft (Pagitz & Moling 2000).
Im Rahmen des Projektes sind 3 Flächen ausgewählt worden, die oben genannte Problematiken in unterschiedlicher Weise verbinden. Gemeinsamer Faktor aller Flächen ist das Vorkommen von zumindest einer Art, die in Nordtirol vom Aussterben bedroht ist (Rote Liste Nordtirol CR) und das Auftreten von Neophyten als Gefährdungspotential.

Flächenmanagement ist eine der Schlüsselmaßnahmen zur Aufwertung von Flächen, um einerseits das Fortbestehen einzelner, sehr seltener Arten zu ermöglichen und andererseits die Lebensraumsituation insgesamt zu verbessern. Mit den Maßnahmen soll das Fortkommen der Zielarten, damit verbunden aber auch deren Begleiter, verbessert werden indem durch intensives  Neophytenmanagement die Beeinträchtigung der Flächen und Gefährdung der Arten stark reduziert, im besten Fall beseitigt wird. Der Fokus liegt auf den Neophyten, die in der Strategie für Tirol im Umgang mit gebietsfremden Pflanzenarten (Neophyten) als Problemarten geführt werden (Pagitz & Moling 2020).

Zu den Zielen gehört zudem eine Sensibilisierung der Allgemeinheit, zum Einen in Sachen Biodiversitätskrise, Biodiversitätsverlust wie Biodiversitätsschutz, zum Anderen hinsichtlich der Bedeutung und Problematik invasiver Neophyten und deren Handhabe. Das dritte Ziel ist die Entwicklung eines Praxisleitfadens, einer Handreiche zum Neophytenmanagement, basierend auf der wissenschaftlichen Begleitung der Maßnahmen, dem Monitoring und der Evaluierung.

Kerschbuch, Innsbruck

Die Fläche im Westen von Innsbruck umfasst eine magere, nicht mehr bewirtschaftete Wiesenböschung mit starker Tendenz zur Verbrachung. Stellenweise dominiert bereits der invasive Neophyt Solidago canadensis.

Zielart:Thalictrum simplex, Einfach-Wiesenraute RLNT CR, RLÖ EN

Lottensee, Telfs

Der Lottensee ist ein nur periodisch wasserführender See. Die Fläche weist einen meist niedrigen Bewuchs von Arten feuchter, wechselfeuchter und magerer Standorte auf. Ein großer Teil der Fläche wird als Weide genutzt.

Zielarten:Thalictrum simplex, Einfach-Wiesenraute RLNT CR, RLÖ EN; Ophioglossum vulgatum, Natternzungen-Farn RLNT CR, RLÖ VU

Thalictrum simplex, eine Zielart im Rahmen des Projektes VALAT

Einfach-Wiesenraute (Thalictrum simplex)

Ophioglossum vulgatum, Zielart im Projekt VALAT

Natternzungen-Farn (Ophioglossum vulgatum)

Gaisau, Hatting, Inzing, Pettnau

Die Gaisau ist ein relativ junges, 2009 implementiertes Schutzgebiet im Inntal westlich von Innsbruck. Die Gesamtfläche umfasst ca. 27 ha, davon entfallen ca. 12 ha auf die umgebende Pufferzone und ca. 3,6 ha auf die Kernzone (https://www.tiroler-schutzgebiete.at/schutzgebiet/gaisau/). Die Pufferzone umfasst Wirtschaftswiesen, diese sind allerdings nicht Teil der Projektfläche, sodass sich die Maßnahmen auf die Kernzone und den angrenzenden Bereich des Schutzgebietes (ca. 15 ha) beschränken. Die Gaisau stellt einen komplexen Feuchtlebensraum dar, der offenes stehendes Wasser, Fließgewässer, Schilfbestände, Groß- und Kleinseggenrieder, Au- und Feuchtwälder umfasst. Sie ist das letzte verbliebene komplexe Feuchtgebiet im Talboden im Oberinntal.

Zielarten (Auswahl):
Liparis loeselii RLNT CR, RLÖ EN, Art der FFH, Richtlinie, Anhang II;; Pulicaria dysenterica, Großes Flohkraut RLNT CR, RLÖ NT; Iris sibirica, Sibirische Schwertlilie RLNT EN, RLÖ VU; Potamogeton crispus, Krauses Laichkraut RLNT EN, RLÖ LC, im westlichen Alpengebiet gefährdet; Dactylorhiza incarnata, Fleischrote Fingerwurz RLNT VU, RLÖ VU; Pentanema salicinum, Weiden-Alant RLNT VU, RLÖ NT, im Alpengebiet
gefährdet; Stuckenia pectinata, Kamm-Laichkraut RLNT VU, RLÖ LC; Typha shuttleworthii, Silber-Rohrkolben RLNT VU, RLÖ NT

Teich in der Gaisau, Blick von Osten

Teich in der Gaisau, Blick von Osten

Silber-Rohrkolben (Typha shuttleworthii) in der Gaisau

Silber-Rohrkolben (Typha shuttleworthii) in der Gaisau

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