Literatur- und kulturgeschichtliche Prozesse in Tirol seit 1945
Bestimmung des Projekts:
Durch eine mehr als dreißigjährige Sammel- und Forschungstätigkeit des Brenner-Archivs stellte dieses Projekt eine logische Konsequenz dar und zielte auf die Erstellung eines Modells für die Nutzung spezifischer Möglichkeiten der literaturgeschichtlichen Forschung im Literaturarchiv ab. Zunächst wurde der am nächsten liegende Zeitraum der letzten fünfzig Jahre (1945-1995) zur Bearbeitung vorgesehen. Strukturelle Vorarbeiten wurden geleistet, um in der Folge den gesamten Zeitraum bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts auf zu arbeiten.
Zielsetzungen und Methode:
Die Methode der Herangehensweise ging von der Annahme aus, daß Nachlässe nicht nur eine zufällige Ansammlung von Dokumenten sind, sondern daß deren Struktur unter anderem auch Aufschluss über literar- und kulturhistorische Prozesse gibt. Ein wesentlicher hermeneutischer Ansatz besteht als Konsequenz dieser Annahme darin, daß der Literarhistoriker dazu genötigt ist, das in Nachlässen überlieferte Material im Hinblick auf zwar oftmals verschüttete jedoch nach wie vor erkennbare Geschehens- und Werkstrukturen zu durchforschen und im Erkennen und Darstellen aktueller Strukturgemeinsamkeiten zu organisieren. Wie literarische Prozesse aus dem in einem Nachlass dokumentierten gesamtkulturellen Räsonnement herausgefiltert und für sich behandelt werden können, muss in praktischer Arbeit ermittelt und ausformuliert werden. Gerade ein dichter Bestand von Nachlässen ermöglicht es, Formen gemeinsamen kulturellen Handelns (nach Max Weber) festzustellen.
Das Projekt bediente sich einer vom praktischen Umgang mit der Empirie geleiteten Methodenverknüpfung und versuchte interdisziplinär das Ineinanderwirken von Kultur, speziell Literatur, bildender Kunst, Musik und Gesellschaft in einem historisch-regionalen Zusammenhang versuchsweise darzustellen.
Das Ergebnis liegt als Dissertation „Literatur in Tirol. Das Modell einer digitalen Literaturgeschichte“ (Innsbruck, 2002) vor.
In enger Verbindung mit der wissenschaftlichen Arbeit stand der praktische Aufbau einer Datenbank für neuere Tiroler Literatur, die in Ergänzung zu bereits vorhandenen Nachlässen, einschlägige Materialien und Dokumente zugänglich macht und der Forschung bereitstellt. Diese Dokumentationsdatenbank, in die laufend Datensätze zur Literatur in Tirol eingearbeitet wurden orientiert sich am Baukastenprinzip, das in thematische Teilbereiche aufgegliedert ist und Bio- Bibliographien der Autorinnen und Autoren mit Bereichen der literarischen Organisationen und Institutionen, Veranstaltungsreihen und Zeitschriften, Einzeldarstellungen und Kontextinformationen vernetzt. Diese Datenbank enthielt am Ende des Projektzeitraumes biobibliografische Daten zu rund 800 Autorinnen und Autoren.
Finanzierung/zeitliche Limitierung:
Das Projekt begann am 1.6.1997 und wurde bis 31.5.2003 vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) finanziert. Der FWF trug außerdem die Kosten der Projektbearbeiterin und Reisekosten.
Personal:
Leiter des Projekts: Dr. Anton Unterkircher
Stellvertreter: Univ.-Prof. Dr. Walter Methlagl
Projekbearbeiterin: Mag. Dr. Christine Riccabona