Sommer in Bozen bei Karl Felix Wolff
Der Zeitschriftenartikel Sommer in Bozen von Karl Felix Wolff (1914) thematisiert das sommerliche Bozen sowie die Ausflugsziele in der näheren Umgebung der Stadt. Der Artikel liest sich wie eine Geschichte, ein Einheimischer sieht dem morgendlichen Aufbruch zum Ausflugsziel zu und dem Ausklang des Tages auf dem abendlichen Waltherplatz in Bozen, auf dem sowohl Touristen und Touristinnen als auch Einheimische zusammenkommen und die Atmosphäre der beleuchteten Stadt und die Klänge der Stadtkapelle genießen. Alle von ihm beschriebenen Ausflugsziele haben ihren Ausgangspunkt in der Stadt Bozen, aus der Tourist*innen sowie Einheimische aufgrund der großen Hitze tagsüber fliehen. „In der näheren Umgebung Bozens ist es jetzt den meisten für Bergtouren zu heiss: deshalb werden die Seil- und Zahnradbahnen fleissig benützt, die über den wärmsten und steilsten Teil des Gebirges hinweghelfen.“
Interessanterweise lässt sich in dem Zeitschriftenartikel eine versteckte Kritik an den Tourist*innen erkennen: „Bozen gehört jetzt den Touristen. Als Einheimischer drückt man sich bescheiden auf die Seite, denn München, Berlin und Leipzig beherrschen mit ihren mehr oder weniger bühnenhaften Vertretern, unbedingt aber mit wohlgefüllten Rucksäcken, die einmal grün waren, unsere Strassen und Plätze.“ In den Possessivpronomen „ihren“ und „unsere“ lässt sich der Gegensatz zwischen dem Eigenen und dem Fremden erkennen. Aber letztlich finden sich die beiden Seiten wieder zusammen auf dem abendlichen Waltherplatz und genießen die milde Sommernacht.
Der Artikel Wolffs erschien in der Zeitschrift Tiroler Fremden-Revue. Illustrierte Monatsschrift für Reise-, Sport- und Fremdenverkehr in Tirol und am Gardasee (erschienen in Arco am Gardasee bei der k. u. k. Hofbuchdruckerei Emmert´s) in der Julinummer 1914. Es war die erste und zugleich die letzte Nummer der Zeitschrift. Der Ausbruch des Krieges am 1. August 1914 setzte dem publizistisch-touristischen Unternehmen ein Ende – wie überhaupt die Fremdenverkehrs-Artikel Wolffs überflüssig wurden. Für 1914 sind in Wolffs Nachlass noch mehr als zehn weitere Zeitschriften- und Zeitungsartikel, die für Südtirol als Urlaubsland werben, belegt, u.a. Frühling in Bozen-Meran, Südtirol als Wintersportgebiet, Frühling an der Etsch oder Frühsommer in Brixen. Sie erschienen zum Teil noch nach dem Kriegsausbruch. Die im vorliegenden Artikel beworbenen Destinationen und Ausflüge und die milde Sommernacht auf dem Waltherplatz waren ein Jahr später nur mehr Erinnerungen an glücklichere Zeiten – die Front verlief mit dem Kriegseintritt Italiens im Mai 1915 quer durch Südtirol.
Lisa Nardon
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Literatur
Karl Felix Wolff: Sommer in Bozen. In: Tiroler Fremden-Revue. Illustrierte Monatsschrift für Reise-, Sport- und Fremdenverkehr in Tirol und am Gardasee, Nr.1, Juli 1914, 5–6. (Forschungsinstitut Brenner-Archiv, Nachl. Karl Felix Wolff, Sig. 031-031-001-007-015 und -016)
Foto Waltherplatz: Foto: W. Müller. Abbildung in Karl Felix Wolff: Bozen. In: Die Woche. Berlin. Nr. 7, 1914, 281–285, hier: 283. (Forschungsinstitut Brenner-Archiv, Nachl. Karl Felix Wolff, Sig. 031-031-001-012)
Ulrike Kindl: Kritische Lektüre der Dolomitensagen von Karl Felix Wolff. St. Martin in Thurn: Istitut Ladin "Micurá de Rü" 1983.
Michael Wedekind: Von Fabelwesen und Führerrassen: Der Tiroler Alpenforscher Karl Felix Wolff. In: Mitteilungen aus dem Brenner-Archiv, Nr. 37, 2018, Dossier "Karl Felix Wolff und die Dolomitensagen im dreisprachigen Raum", 115–150. Online lesen