Karlheinz Rossbacher schenkte Ulrike Tanzer die Altenberg-Karte anlässlich ihrer Antrittsvorlesung am 8.10.2015: 
  

 

Peter Altenberg an Josefa Zacharias, 6.9.1911

Allertiefsten Dank!
Helga ist nach 6 wöchent ,,
lichem Spital nun in
Gmunden, in meiner
Ideal=Heimath, in der
ich 23 Sommer lang
mein Paradies auf Erden
hatte. Und nun verlassen,
verkommen – – –.

Herzlichste Grüße an Ihren
Peter!      Peter Altenberg

 

In seinem Buch Zeitreisen. Essays über Bücher, Briefe und Sonstiges (Wien: Lehner 2015, S. 60f.) schreibt Rossbacher über dieses Autograf: ich ersteigerte „irgendwann eine Karte, auf der der Dichter Peter Altenberg im Profil zu sehen ist, in einem abgetragenen langen Mantel, vor einem merkwürdig verschatteten Hauseingang. Es ist ein Foto, das er als Korrespondenzkarte an eine Frau Josefa Zacharias im Zürcher Hotel Waldhaus Dolder schickte: ‚Allertiefsten Dank!‘ Neben dem Foto stehen Unterschrift und Datum: ‚6. Sept. 1911‘. Da war Altenberg zweiundfünfzig Jahre alt und hatte nur noch acht zu leben, bis zur großen Grippe-Epidemie des Jahres 1919. Zu danken hatte der Stadtgänger und Kaffeehausbewohner Altenberg oft und viel. Er, der ohne festen Wohnsitz lebte und wusste, wie man Gaben von Freunden und Verehrern – und vor allem Verehrerinnen – entgegennimmt, vergalt sie mit lyrischer Prosa. Auf der Karte erwähnt er sein geliebtes Gmunden am Traunsee, seine ‚Ideal-Heimath‘, in ‚der ich 23 Sommer lang mein Paradies auf Erden hatte. Und nun verlassen, verkommen – – –‘. Gedankenstriche sind ein wesentliches Merkmal von Altenbergs impressionistischen Prosagedichten.“

Peter Altenberg hatte über seine Freundschaft mit Karl Kraus auch Kontakte zur Brenner-Gruppe. 1913 beteiligte er sich an der im Brenner veranstalteten Rundfrage über Karl Kraus und publizierte einen Essay mit dem Titel Güte. Das handgeschriebene Manuskript liegt im Nachlass Ludwig von Ficker. Mit Karl Kraus, Georg Trakl, Adolf und Bessie Loos, Cissi und Ludwig von Ficker reiste Altenberg im August 1913 nach Venedig. Einige herrlich-skurrile Strandfotos vom Lido in Venedig zeugen von diesem Aufenthalt. Die Gruppe amüsierte sich dabei auch über Hermann Bahr, der zur gleichen Zeit am Strand promenierte. Eine Fotografie, die Bahr mit wallendem Bart in einem längsgestreiften Bademantel am Lido zeigt, publizierte Kraus in der Fackel unter dem Titel Ein gut erhaltener Fünfziger.

Peter Altenberg an Josefa Zacharias, 6.9.1911

Peter Altenberg an Josefa Zacharias, 6.9.1911

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