Noah Kröll
Akademischer Werdegang
- 2012–2013: Bachelorstudium Chemie, Universität Innsbruck
- 2013–2019: Bachelorstudium Classica et Orientalia, Universität Innsbruck
- 2019–2021: Masterstudium Alte Geschichte und Altorientalistik, Universität Innsbruck. Masterarbeit: "'Hab ein gütiges Auge auf ihn!' Untersuchungen zu Lexik und Grammatik sumerischer Verben des Sehens im Korpus des Innsbrucker Emesallexikonprojekts" (Betreuer: Martin Lang, Sebastian Fink)
- ab 2021: Doktoratsstudium Philosophie an der Philosophisch-Historischen Fakultät (Dissertationsgebiet: Altorientalistik), Universität Innsbruck (Betreuer: Martin Lang, Sebastian Fink)
Wissenschaftliche Mitarbeit
- 2014–2019: Wissenschaftlicher Projektmitarbeiter, FWF-Projekt Glossary of the Sumerian Emesal Songs and Prayers (P 27224)
- 16.–20.7.2018: Studentischer Mitarbeiter, The Intellectual Heritage of the Ancient Near East, 64th Rencontre Assyriologique Internationale & 12th Melammu Symposion, Innsbruck
Lehrtätigkeit
- VO Einführung in die Keilschriftforschung
Dissertationsprojekt
Arbeitstitel: Studien zur sumerischen Kultlyrik und ihrem Sitz im Leben in seleukidisch-parthischer Zeit
Das Dissertationsprojekt zielt grundsätzlich auf die lexikographische und historische Untersuchung der sumerischen Kultlyrik ab. Dieses auf inhaltlicher, sprachlicher und textpragmatischer Ebene klar von der übrigen sumerischen Literatur abgegrenzte Textcorpus ist von der altbabylonischen bis in die seleukidisch-parthische Zeit bezeugt. Aufgrund intensiver Editionstätigkeit innerhalb der letzten 40 Jahre lassen sich speziell die aus letzterer Zeit erhaltenen und großteils am Ende des 19. Jh. u.Z. publizierten Textzeugen der Kultlyrik heute neu kontextualisieren.
Der erste Teil des Dissertationsprojektes möchte die soziale und ökonomische Situation des mit Abfassung und Vortrag dieser Texte verbundenen sog. Klagesängers (sum. gala, akk. kalû) aus dieser letzten Überlieferungsphase evaluieren. Dabei werden nicht nur alle Textzeugen der Kultlyrik aus seleukidisch-parthischer Zeit gesammelt und ausgewertet, sondern auch Quellen mit einbezogen, die einerseits rituelle Abläufe, andererseits den gesellschaftlichen Alltag des kalû beleuchten.
Auf den Erkenntnissen zur historischen Situation des kalû und der rituellen Rahmenbedingungen seines Klagegesangs sollen dann als zweiter Teil des Dissertationsprojektes konkrete Fallstudien zu Vorkommen und Gebrauch von Interjektionen und Gefühlswörtern in der sumerischen Kultlyrik insgesamt aufbauen. Die Untersuchung gerade dieser Wortgruppen bietet sich aufgrund ihres Performanzbezuges an und kann eventuell helfen Ablauf und Durchführung von Klagegesang textimmanent zu konkretisieren. Im Idealfall wird der Klagegesang so gleichsam als performativer Akt aus der Kultlyrik heraus sichtbar und kann in einer abschließenden Zusammenschau mit den Erkenntnissen zu dessen rituellem Ablauf verbunden werden.
Die im Zentrum meines Forschungsvorhabens stehende „Arbeit an der Tontafel“ — einem Kulturträger in welchem sich Material Embodiment und Written Discourse in gleichsam einzigartiger Weise verbinden — lässt mich hoffen, nicht nur von der im Doktoratskolleg Entangled Antiquities versammelten archäologischen, historischen und philologischen Expertise zu profitieren, sondern durch konkrete, am Schnittpunkt dieser Sphären stattfindende Forschungsleistungen meinerseits auch etwas zur Intensivierung dieser Kompetenzen beitragen zu können. Desweiteren ist die konkrete historische Situation des seleukidisch-parthischen Klagesängers als einer der letzten Exponenten der damals im Verschwinden begriffenen Keilschriftkultur geradezu prädestiniert für ein Weiterdenken im Spannungsfeld zwischen Localities/Localism (die seleukidisch-parthische Ausprägung der mesopotamischen Klagetradition) und Global Antiquities (diese Klagetradition als Teil einer jahrtausendealten Schriftkultur).