Autumn School 2023

Vom 14.-17.11.2023 (Dienstag-Freitag) wird in Innsbruck die vom Doktoratskolleg "Entangled Antiquities" organisierte Autumn School "Entanglement and Globalization in Ancient Worlds" stattfinden.

Programm

Datum und Veranstaltungsort: 14.-17.11.2023 im Claudianasaal in Innsbruck

Ablauf: Von Dienstag Vormittag bis Freitag Mittag werden 7 Forscher*innen im Kontext von 7 Sessions je einen Vortrag von 45 Minuten abhalten. Darauf folgen Impulsreferate von Doktorand*innen mit Diskussionsrunden. Als Diskussionsgrundlage dienen neben dem Vortrag und dem Impulsreferat auch jeweils zwei Artikel, die von den Vortragenden als Vorbereitung ausgeschickt wurden.

Leitgedanken der Autumn School

"'Die antike Welt' ist ein allgemein anerkannter Oberbegriff für einen engen Bereich menschlicher Interaktion, der sich um lediglich ein Meer herum abspielte: Unsere selbst gezogenen Grenzen haben uns fälschlich dazu verlockt, einen Teil für das Ganze zu halten."[1]

Michael Scotts Kritik an der Oberflächlichkeit der Gleichsetzung „die antike Welt“ = Mittelmeerraum offenbart ein großes methodisches Problem der gegenwärtigen althistorischen Forschung, für das die inflationäre Verwendung der Begriffe Verflechtung(sgeschichte) und Globalisierung ein Symptom ist. Wissenschaftliche Darstellungen, die diese Begriffe verwenden, machen das oft eher beiläufig und ohne eine Beschreibung und Erklärung der damit verbundenen historischen Prozesse und Konzepte. Die ständige erklärungslose Bezeichnung jedweder historischen Entwicklung als Verflechtungs- und Globalisierungsphänomen bezeugt daher gerade nicht die wachsende Akzeptanz von Vernetzungsphänomenen als treibende Kräfte historischer Prozesse, sondern nur ihre Verwendung als nahezu inhaltsleere Modewörter. Allzu oft entpuppen sich Bücher, die „antike Welt“ in ihrem Titel tragen und damit den Anspruch erheben ein bestimmtes Thema weltumspannend und vernetzt zu behandeln,[2] als auf griechisch-römische Perspektiven beschränkt. So wird nicht nur suggeriert, dass die antike Welt am Rand des Mittelmeers endet, sondern diese „Welt“ auch in ein enges zeitliches Korsett gezwängt. Prozesse einer longue durée, welche sowohl den alten Orient und Ägypten, als auch das spätantike und mittelalterliche Eurasien umfassen, bleiben daher oft außen vor und sind, trotz ihres oft eindeutig fassbaren Ursprungs in der Antike, offenbar nicht Teil der antiken Welt.

Vor allem im Lichte der jüngeren methodischen Entwicklungen in den modernen Sozialwissenschaften (dem sogenannten „global turn“[3]) erweist sich ein solches Verständnis der antiken Welt als ein stark irreführender pars pro toto-Ansatz, den es zu problematisieren und zu überwinden gilt. Die Autumn School Verflechtung und Globalisierung in antiken Welten wird versuchen, unter Rückgriff auf die bekannten Konzepte der Verflechtung und Globalisierung einen Beitrag hierzu zu leisten.

In seiner bahnbrechenden Studie über die Geschichte des Zuckerkonsums verwendete Sidney Mintz das Wort Verflechtung, um zu beschreiben, wie ein Nahrungsmittel die karibische und die europäische Welt zu Beginn der Neuzeit eng miteinander verknüpfte.[4] Heute gilt Verflechtung als wichtiges Grundkonzept der so genannten „Globalgeschichte“[5], ein brummendes Feld der Geschichtswissenschaft, welches Verflechtungsphänomene immer weiter in die Vergangenheit zurückverfolgt.[6]

Der Begriff Globalisierung hingegen wird nur widerwillig verwendet, um historische Phänomene vor ca. 1500 v. Chr. zu beschreiben, obwohl ein recht breit definiertes und daher leicht erweiterbares Konzept der „archaischen Globalisierung“[7] existiert. Dies ist umso bemerkenswerter, als die Globalisierungstheorie eine Reihe von klar definierten heuristischen Instrumenten verwendet (zB. Hybridisierung, Variabilität, Glokalisierung, Grobalisierung usw.[8]), die geeignet wären, jegliche Art von Vernetzung durch die Jahrhunderte zu beschreiben und zu erklären.

Die Autumn School Verflechtung und Globalisierung in antiken Welten zielt darauf ab, die vielfältige Anwendung der oben skizzierten Begriffe Verflechtung und Globalisierung anhand verschiedener Fallstudien und theoretischer Überlegungen zu untersuchen und genauer zu fassen. Dieses gemeinsame Unterfangen soll den heuristischen Wert und die wissenschaftliche Anwendbarkeit der genannten Begriffe erleichtern und somit dazu beitragen, eine Wahrnehmung der antiken Welt jenseits bewusster oder unbewusster fachlicher Abschottung und sonstiger Voreingenommenheit zu ermöglichen.

 

[1] Michael Scott, Antike Welten: Eine Geschichte von Ost und West (Stuttgart: Klett-Cotta, 2018), 18.

[2] Vgl. ebd. Fußnote 24.

[3] Eve Darian-Smith und Philip C. McCarty, The Global Turn: Theories, Research Designs, and Methods for Global Studies (Oakland: University of California Press, 2017).

[4] Sidney W. Mintz, Die süße Macht: Kulturgeschichte des Zuckers (Frankfurt: Campus, 2007).

[5] Siehe zum Beispiel Sebastian Conrad, What Is Global History? (Princeton • Oxford: Princeton University Press, 2016).

[6] Vgl. Appropriating Innovations: Entangled Knowledge in Eurasia, 5000–1500 BCE ed. Joseph Maran und Philipp Stockhammer (Oxford • Philadelphia: Oxbow, 2017).

[7] Siehe Christopher A. Bayly, ‘Archaic’ and ‘Modern’ Globalization in the Eurasian and African Arena, C.1750–1850 (ed. Antony G. Hopkins; Globalization in World History, London: Pimlico, 2002) 47–73.

[8] Zu diesen vier Begriffen siehe Tamar Hodos, Globalization: Some Basics: An Introduction to The Routledge Handbook of Archaeology and Globalization (ed. Tamar Hodos; The Routledge Handbook of Archaeology and Globalization, London: Routledge, 2016) 3–11.

 

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