Kolloquium Mehrsprachigkeit
Was ist das Kolloquium?
Mehrsprachigkeit als Thema der Forschung hat sich in den letzten Jahren in vielen geistes-, kultur- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen deutlich intensiviert, verdichtet und ausdifferenziert und spielt nicht zuletzt im Forschungsschwerpunkt eine wichtige Rolle. Die wahrgenommene Beschleunigung von Globalisierung durch Urbanität, Migration und mediale Vernetzung sowie die damit einhergehende zunehmende Flexibilität und Pluralität sozialer Zugehörigkeiten sind zentrale gesellschaftliche Auslöser des steigenden Forschungsinteresses. Mehrsprachigkeit als beobachtbares Phänomen in religiösen, politischen, administrativen, wissenschaftlichen und literarischen Texten und anderen kulturellen Zeugnissen hingegen hat eine ausgesprochen lange Geschichte.
In einer Initiative von Mitgliedern des Forschungszentrums „Kulturen im Kontakt“ (KiK) ging der Forschungstag „Mehrsprachigkeit“ des FSP im Oktober 2017 beiden Perspektiven mit einem interdisziplinären Interesse nach: durch Schlaglichter aus einem breiten Spektrum der langen Geschichte des Phänomens und durch die Präsentation aktueller Ansätze für den wissenschaftlichen Umgang mit Mehrsprachigkeit konnte der Forschungstag Impulse setzen, die bisher meist disziplin-interne Forschungsdiskussion für eine interdisziplinäre Beschäftigung mit Mehrsprachigkeit zu öffnen.
Das im Anschluss daran gegründete Kolloquium „Mehrsprachigkeit“ bietet nun die Möglichkeit, diese produktive interdisziplinäre Diskussion des Forschungstags durch die gemeinsame Diskussion aktueller Artikel zur Mehrsprachigkeitsforschung aus verschiedenen Disziplinen fortzusetzen.
Diese regelmäßige fruchtbare Beschäftigung im Kolloquiums mit Mehrsprachigkeit über Disziplingrenzen hinweg intensivierte sich im Mai 2019 mit einer multidisziplinären Veranstaltungsreihe, die das Kolloquium Mehrsprachigkeit mit den FSP-Stipendien 2019, dem Writer-in-Residence-Programm der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät, einem LFUI Guest Professorship für Assoz.-Prof. Dr. Till Dembeck sowie thematisch einschlägigen Gastvorträgen verzahnte.
Aktuelle Termine
Termine für das Wintersemester 2024/2025 werden im Herbst bekanntgegeben.
Ort: Besprechungsraum der Germanistik (Geiwi-Turm, Raum 40904) und online unter:
https://webconference.uibk.ac.at/b/bri-2nl-41y-0ud
(Für die Zugangsdaten wird um Kontaktaufnahme mit brigitte.rath@uibk.ac.at gebeten.)
Donnerstag, 13. Juni 2024, 15:30 - 17:00 Uhr, hybrid
Gastvortrag von Tomás Espino Barrera (Granada): "Muttersprache oder Ammensprache? Ein/Mehrsprachige Begegnungen"
Freitag, 26. April 2024, 9:30-12:30 Uhr, Raum 40904
WORKSHOP: "Mehrsprachigkeit der Wissenschaften"
Michael Gordin, Monika Dannerer und Magdalena Kaltseis bieten uns mit ihren Impulsvorträgen konkrete Beispiele und theoretisch-methodische Ansätze, die uns gemeinsam überlegen und diskutieren lassen, welche Implikationen die aktuell vorherrschende Verwendung des Englischen für Publikationen wie auch als Tagungssprache in vielen Wissenschaftsdisziplinen hat: Wie kam es zu dieser herausgehobenen Rolle des Englischen für die Wissenschaften? Wie verhält sich dieser Status zu den vielfältigen sprachlichen Ressourcen von Wissenschaftler:innen, Studierenden und Verwaltungspersonal an Universitäten in nicht-englischsprachigen Ländern? Welche Rolle in der Wissenschaftskommunikation wie im Spracherwerb spielt dabei das Konzept des "native speaker"?
Programm
Michael Gordin (Princeton): "Scientific Babel: English, German, and the Fall of Polyglot Natural Science."
Communication, especially publication, in the natural sciences today takes place almost exclusively in English. This phenomenon is relatively recent, with a strong shift toward monoglot natural science taking place roughly half a century ago. This talk offers an account of the transformation of communication in the natural sciences from a primarily trilingual situation in 1850 (English, French, and German) to a bilingual situation after the Second World War (English primary, Russian secondary), to the monoglot system of today. In particular, the significant and sudden decline of German, due to political upheaval during the twentieth century (especially the First World War) and cultural processes within the scientific community, was the primary condition for the transformation of a polyglot linguistic system in the natural sciences to a monoglot one.
Monika Dannerer (Innsbruck): "Die Universität - mehrsprachig und voller Sprachkonflikte?"
Der Beitrag möchte der Frage nachgehen, wie in der Institution Universität nationale und akademische Sprachenpolitik mit dem eigenen Selbstverständnis als Bildungsinstitution und der Rolle als Arbeitgeberin in der Region verhandelt werden. Anhand von Interviews mit Studierenden, Lehrenden und Verwaltungspersonal sowie auf der Basis von sprachenpolitischen Dokumenten sollen Erwartungen, Widersprüche und Konflikte aufgezeigt werden.
Magdalena Kaltseis: "Die Rolle des ‚native speaker‘ in der Wissenschaftskommunikation: Status quo und Perspektiven für die Zukunft"
Der Impulsvortrag zeigt anhand von Beispielen auf, welche Rolle das Konzept des ‚native speaker‘ in der (englischsprachigen) Wissenschaftskommunikation spielt. Alternativvorschläge und Möglichkeiten zur Dekonstruktion des ‚native speaker‘ aus der Angewandten Linguistik bieten Ansätze, zu überlegen -- und gemeinsam zu diskutieren --, welche Rolle das Konzept in einer plurilingualen und -kulturellen Gesellschaft zukünftig haben kann und soll.
Donnerstag, 21. März 2024, 15:30 - 17:00 Uhr, hybrid
Lektüre und Diskussion von Georges Lüdi. "Mehrsprachigkeit in der Wissenschaft im 18. Jahrhundert am Beispiel der Basler Mathematiker und Naturwissenschaftler Daniel Bernoulli und Leonhard Euler". Historische Mehrsprachigkeit: Europäische Perspektiven, herausgegeben von Rita Franceschini, Matthias Hüning und Péter Maitz, Berlin, Boston: De Gruyter, 2023, 337-352. https://doi.org/10.1515/9783111338668-016
01. Juni 2023, 15:30-17:00 Uhr, hybrid
Lektüre und Diskussion von Noah Bubenhofer, Philipp Dreesen: Das Konzept 'Übersetzen' in der digitalen Transformation. Soziolinguistische Reflexion des Maschinellen Übersetzens. GiS 16 (2019): 26-49.
17. März 2023, 13:45-15:15 Uhr, hybrid
Gastvortrag von Prof. Dr. David Martyn: Weder ein- noch mehrsprachig: Das Schreiben außerhalb der Sprachen in Fontane und Tomer Gardi.
26. Jänner 2023, 15:30-17:00 Uhr
Lektüre und Diskussion von David Martyn: Genius, Idiotism, Translingualism: Maimon and Kant. MLN 136.3, 2021, 587-599.
23. Juni 2022, 15:30-17:00 Uhr, hybrid
Lektüre und Diskussion von Åsa Wedin: Ideological and Implementational Spaces for Translanguaging in the Language Introduction Programme in Swedish Upper Secondary School. In: Multilingua 41,3, 2022, 359-377.
12. Mai 2022, 16:00 Uhr, online
Lektüre und Diskussion von Constant Leung, Guadelupe Valdés: Translanguaging and the Transdisciplinary Framework for Language Teaching and Learning in a Multilingual World. in: The Modern Language Journal 103.2, 2019, 348-370.
27. Jänner 2022, 15:30–17:00 Uhr, online.
Lektüre und Diskussion von Rachel Gilmour: Prosthetic Language, in: Rachel Gilmour: Bad English. Literature, Multilingualism, and the Politics of Language in Contemporary Britain, Manchester: Manchester University Press, 2020, 101-137.
09. Dezember 2021, 15:30–17:00 Uhr, online.
Lektüre und Diskussion von Rebecca Walkowitz: On Not Knowing: Lahiri, Tawada, Ishiguro, in: New Literary History 51, 2, 2020, 323-346. DOI: https://doi.org/10.1353/nlh.2020.0021
17. Juni 2021, 15:30–17:00 Uhr, online.
Lektüre und Diskussion von Gary Thomas ONeill: "It’s not comfortable being who I am" – Multilingual Identity in Superdiverse Dubai, in: Multilingua 36, 3, 2017, 215–245. DOI 10.1515/multi-2016-0048
(Für die Zugangsdaten wird um Kontaktaufnahme mit brigitte.rath@uibk.ac.at gebeten.)
14. April 2021
Lektüre und Diskussion von Aneta Pavlenko: Languages and emotions: What can a multilingual perspective contribute?, in: Aneta Pavlenko: Emotions and Multilingualism (Studies in Emotion and Social Interaction), Cambridge: Cambridge University Press 2006, 227–246.
13. Januar 2021
Lektüre und Diskussion von Friederike Oberkrome, Hans Roth, Matthias Warstat: German ‘Sprechtheater’ and the transformation of theatrical public spheres, in: Anne Fleig, Christian von Scheve (Hg.): Public Spheres of Resonance. Constellations of Affect and Language, London, New York: Routledge 2020, 135–150.
04. November 2020
Lektüre und Diskussion von Marion Acker, Anne Fleig, Matthias Lüthjohann: Affektivität und Mehrsprachigkeit – Umrisse einer neuen Theorie- und Forschungsperspektive, in: Marion Acker, Anne Fleig, Matthias Lüthjohann (Hg.): Affektivität und Mehrsprachigkeit. Dynamiken der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur, Tübingen: Narr Francke Attempto 2019, 7–30.
17. Juni 2020
Lektüre und Diskussion von Natalia Blum-Barth: Literarische Mehrsprachigkeit. Versuch einer Typologie, in: Spiegelungen 14, 2, 2019 (Sonderband Ästhetik der Mehrsprachigkeit. Südosteuropäisch-deutsche Sprachkunst), 11–24.
29. April 2020
Lektüre und Diskussion von Judith Butler: Gender in Translation: Beyond Monolingualism, in: philoSOPHIA 9, 1, 2019, 1–25.
15. Januar 2020
Lektüre und Diskussion von Rosita Rindler-Schjerve, Eva Vetter: Linguistic diversity in Habsburg Austria as a model for modern European language policy, in: Jan D. ten Thije, Ludger Zeevaert (Hg.): Receptive Multilingualism. Linguistic analyses, language policies and didactic concepts, Amsterdam/Philadelphia: John Benjamins 2007, 49–70.
09. Oktober 2019
Lektüre und Diskussion von Ute Lotz-Heumann: Sprachliche Übersetzung – kulturelle Übersetzung – politische Übersetzung? Sprache als Element des politischen Prozesses auf den frühneuzeitlichen Britischen Inseln, in: Thomas Nicklas, Matthias Schnettger (Hg.): Politik und Sprache im frühneuzeitlichen Europa, Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. Abteilung Universalgeschichte, Beiheft 71, Mainz: Philipp von Zabern 2007, 51–70.
07. Mai 2019
Sondersitzung des Kolloquium Mehrsprachigkeit im Rahmen des Mehrsprachigkeitsmai mit LFUI Guest Professor Till Dembeck (Universität Luxemburg) und den drei FSP-Stipendiatinnen Roswitha Kersten-Pejanić (Universität Rijeka), Jana Maria Weiß (FU Berlin) und Gina Wrobel (Ohio State University)
20. März 2019
Lektüre und Diskussion von Rudolf de Cillia: Integrative Sprachenbildung an österreichischen Bildungsinstitutionen und SprachpädagogInnenbildung, in: Eva Vetter (Hg.): Professionalisierung für sprachliche Vielfalt. Perspektiven für eine neue LehrerInnenbildung, Hohengehren: Schneider Verlag 2013, 5–20.
16. Januar 2019
Lektüre und Diskussion von Nicole Marx: Häppchen oder Hauptgericht? Zeichen der Stagnation in der deutschen Mehrsprachigkeitsdidaktik, in: Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht 19, 1, 2014, 8–24.
17. Oktober 2018
Lektüre und Diskussion von Till Dembeck: Mehrsprachigkeitsphilologie leben. Friedrich Wilhelm Genthe und Yoko Tawada, in: Till Dembeck, Anne Uhrmacher (Hg.): Das literarische Leben der Mehrsprachigkeit. Methodische Erkundungen, Heidelberg: Winter 2016, 65–91.
06. Juni 2018
Lektüre und Diskussion von Gabriele Budach, Ingrid de Saint-Georges: Superdiversity and language, in: Suresh Canagarajah (Hg.): The Routledge Handbook of Migration and Language, London, New York: Routledge 2017, 63–78.
22. März 2018
Lektüre und Diskussion von Li Wei: New Chinglish and the Post-Multilingualism challenge: Translanguaging ELF in China, in: Journal of English as a Lingua Franca 5, 1, 2016, 1–25.
13. Dezember 2017
Lektüre und Diskussion von Robert J.C. Young: That Which Is Casually Called a Language, in: Publications of the Modern Language Association of America 131, 5, 2016, 1207–1221.
Organisation und Kontakt
Dr. Eva Binder, Univ.-Prof. Dr. Birgit Mertz-Baumgartner, Univ.-Prof. Dr. Monika Dannerer, Dr. Brigitte Rath
Kontakt
Brigitte Rath brigitte.rath@uibk.ac.at
Das Kolloquium freut sich jederzeit über neue Diskussionsteilnehmer*innen; die jeweils aktuellen Termine finden sich im FSP-Newsletter sowie auf dieser Webseite.