In der wohl nie ganz auflösbaren Spannung zwischen bedenklichem Machtanspruch der Kirche und ihrem notwendigen gesellschaftlichen Engagement spricht Palaver mitunter davon, dass es mehr darum gehe, eine theologische Politik zu entwickeln als eine politische Theologie; einen Weg zu finden, wie wir als Glaubende politisch so agieren können, dass unsere Welt offener für die Ankunft des von Christus verheißenen Gottesreiches wird. Das könnte man dann wohl eine Politik des Evangeliums nennen. Die enthaltenen Beiträge kreisen um die Frage, was die Orientierung am Gottesreich für Weltgestaltung bedeuten kann, wie Menschen ihren Glauben politisch verantwortlich in einer pluralen Welt leben können, in welcher Weise Gerechtigkeit und Friede Ausdruck des Gottesreiches und zugleich in Freiheit von Menschen gestaltete Lebensformen sind. Sie greifen damit einen Generalbass auf, der die akademischen Arbeiten und das politische Engagement von Wolfgang Palaver durchzieht und spielen diesen in Variationen weiter, als vielstimmigen Dank an einen Kollegen zum Abschied aus seinem Berufsleben.
Guggenberger, Wilhelm/ Regensburger, Dietmar/ Wandinger, Nikolaus (Hrsg.): Politik des Evangeliums / Political of the Gospel: Festschrift für Wolfgang Palaver, Innsbruck: innsbruck university press 2023
Darf ein überzeugter Katholik ein begeisterter homo politicus sein oder muss er das vielleicht sogar? Wer Wolfgang Palaver kennt, weiß, dass er beides ist und dabei weder der Versuchung eines theokratischen Integralismus verfällt, noch sich mit der Abschiebung religiöser Überzeugungen in den Bereich des Privaten abfindet. Keinen Zweifel lässt er an der Notwendigkeit der Trennung von Kirche und Staat und einer Unterscheidung von Religion und Politik. Beides ist für den gläubigen Menschen aber aus seiner Religion heraus zu begründen.