An den Lusiaden und ihrem Autor führte Friedrich Schlegel die Rezeptionsgeschichte Camões’ zusammen und wertete deren Kritikpunkte um: Das einzig moderne und nationale Heldengedicht stamme von Camões, der den Ruhm seiner Nation im Moment ihres Untergangs literarisch begründet und bewahrt habe. Schlegels Konzept von Nationaldichter und Nationalepos und seine Begeisterung für Camões fand zahlreiche Nachahmer im 19. Jahrhundert. Die Camões-Faszination trieb Blüten in Gelegenheitsgedichten, Dramen, Operetten, Opern, Epen und Romanen – und verwelkte dann so rasch und gründlich, wie sie entstanden war.
Das vorliegende Buch widmet sich dieser vergessenen Faszination und zeichnet die Rezeptionsgeschichte Camões’ von der frühen Neuzeit bis zum Ende des 19. Jahrhunderts nach. Es enthält eine Bibliographie und längere Exzerpte der herausragenden Rezeptionszeugnisse. Der analytische Schwerpunkt liegt auf den deutschsprachigen Nationen Bayern, Österreich und Preußen, an deren Beispiel das Zustandekommen und die Breite der Faszination dargelegt und deren Vergehen literatursoziologisch erörtert wird. Überdies formuliert das Buch anhand seines Gegenstands und der gewonnenen Erkenntnisse mögliche Funktionen der Germanistik in einer globalisierten und zunehmend digitalisierten Welt.