Vertiefungsrichtungen Entwicklungsforschung

Studienjahr 2024 / 2025

Argentinien – Sozial-ökologische Systeme im Wandel. (Neue) Entwicklungsgeographische Perspektiven auf Herausforderungen im ländlichen und städtischen Raum Argentiniens.

Christian Schleyer & Fernando Ruiz Peyré

 

Argentinien ist derzeit mit tiefgreifenden Veränderungen konfrontiert. Der politische Machtwechsel Ende 2023 stellt eine Zäsur nach 40 Jahren Demokratie dar und wird erhebliche Folgen für künftige demokratische Aushandlungsprozesse von Konflikten und Auswirkungen auf eine Vielzahl von Regierungsprogrammen haben. Die Veränderungen, die der neu gewählte Präsident Javier Milei von Beginn an vorangetrieben hat, zeigen, dass die Ideen, die vor einem Jahr mehr nach ‚science fiction‘ als politische Realität klangen, nun wahr werden könnten.

Die aktuelle politische und gesellschaftliche Situation ist vor allem die Folge großer Enttäuschungen in der Bevölkerung (vor allem in der Mittelschicht) und der anhaltenden Wirtschaftskrise. Politische Fehlentscheidungen, ständige Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik und eine zunehmende Abhängigkeit von internationalen Gläubigern haben ebenfalls dazu beigetragen. Auch die gegenwärtigen und künftigen Auswirkungen auf die natürlichen und anthropogen überformten Ökosysteme in allen Teilen des Landes sind teils dramatisch. Dazu gehören die Degradation von Böden und die Verschmutzung und Übernutzung von Wasser durch den Bergbau, die Erdölförderung und die intensive Landwirtschaft ebenso wie die Abholzung artenreicher Wälder.

Vor diesem sehr dynamischen Hintergrund befassen wir uns in dieser Vertiefungsrichtung mit Lösungs- und Überlebensstrategien in unterschiedlichen thematischen Kontexten in urbanen, peripheren und ländlichen Räumen.

In Buenos Aires beschäftigen wir uns mit Fragen zu sozialen Konflikten und Ungleichheiten in einer der reichsten und größten Metropole Lateinamerikas. Neben Wohnungsnot und informellen Siedlungen werden wir realweltliche Beispiele solidarischer Ökonomien sowie vielfältige soziale Projekte kennenlernen.

In Mendoza, einer dynamischen Mittelgroßstadt im Westen des Landes, werden wir uns mit klassischen Problemen einer schnell wachsenden Stadt und den daraus resultierenden Landnutzungskonflikten befassen. Die intensive, auf künstliche Bewässerung angewiesene Landwirtschaft in der Peripherie und Umgebung der Stadt, sieht sich konfrontiert mit übergeordneten Triebkräften wie der Globalisierung der Wirtschaft sowie dem Klimawandel. Die häufig konfliktbehafteten Entwicklungen und die Ergebnisse dieser Prozesse werden wir direkt vor Ort beobachten und untersuchen können.

Schließlich bewegen wir uns in Richtung Süden, in die ländlich geprägte Gemeinde Malargüe, deren Landwirtschaft geprägt ist von Obst- und Weinbau sowie der Ziegen- und Rinderzucht, die teilweise in Transhumanz betrieben werden. Hier nehmen wir auch die Herausforderungen der indigenen Bevölkerung (Mapuche) bei der Durchsetzung ihrer wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte in den Blick. Zudem widmen wir uns den Konflikten zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Natur- und Wasserschutz am Beispiel des Bergbaus, der Erdölförderung und des Tourismus in den dortigen Bergen.

Vor dem Hintergrund dieser vielfältigen regionalspezifischen Herausforderungen befassen wir uns in dieser Vertiefungsrichtung vor allem mit den Reaktionen und ‘Antworten’ lokaler und regionaler Initiativen der alternativen Lebensmittelproduktion, -verteilung und des -konsums, insbesondere in Hinblick auf eine sozial-ökologische Transformation. Dabei loten wir aus, wie und warum solche sozialen, sozial-ökologischen, oder sozial-ökonomischen Initiativen entstanden und wie sie organisiert sind, an welchen Werten sie sich orientieren und inwiefern altes und/oder lokales Wissen dabei (wieder) aufgegriffen wird.

Zu den zentralen konzeptionellen Zugängen gehören:

  • Entwicklungskritische Ansätze, z.B. Post-Development, Post-Colonial studies
  • Postwachstumsgeographien
  • Solidarische und soziale Ökonomien
  • Sozial-ökologische Systeme und Transformation
  • Agri-Food Geographies

Dabei wird ein breites Spektrum humangeographischer empirischer und analytischer Methoden zur Anwendung kommen. Hierzu gehören unter anderem:

  • (Funktionale / sozialräumliche / partizipative) Kartierungen
  • Leitfadengestützte Interviews und semi-standardisierte Befragungen (je nach sprachlichen Kompetenzen)
  • Akteurs- und netzwerkzentrierte Methoden (z.B. Netmapping)
  • Teilnehmende Beobachtungen und Feldbegehungen

Die Vertiefungsrichtung im Überblick

Sommersemester 2024

VU Argentinien – Sozial-ökologische Systeme im Wandel:
(Leitung: Fernando Ruiz Peyré & Christian Schleyer)
Vorlesungsteil: wöchentlich ab 8. April 2024, montags, 8:30 – 11:45 Uhr)
Übungsteil: Blöcke - Termine werden rechtzeitig bekanntgegeben

SE Regionale Fallbeispiele sozial-ökologischer Systeme in Argentinien:
Inhaltliche und methodische Vorbereitung der Projektstudie
(Leitung: Christian Schleyer & Fernando Ruiz Peyré)
durchgeführt als Blockveranstaltung zu Beginn des WS (voraussichtlich Oktober 2024)

Wintersemester 2024/2025

EU Globaler Süden (Leitung: Fernando Ruiz Peyré & Christian Schleyer)
Durchführungszeitraum der Feldarbeiten: Ca. drei Wochen im Februar 2025
Sprachkenntnisse Spanisch empfohlen, aber nicht zwingend

Sommersemester 2025

UE Datenanalyse, Entwicklung angepasster Lösungsansätze, Berichterstellung,
Projektevaluierung und -präsentation (Leitung: Christian Schleyer & Fernando Ruiz Peyré); Arbeitsgruppen, regelmäßige Gruppentreffen, Erstellung des ‚Endprodukts‘

Vorläufige Kostenkalkulation Aufenthalt in Argentinien

Zeitrahmen: 3 Wochen im Februar 2025
(Eigen)Anreise: Innsbruck – Buenos Aires: ca. 1.000 – 1.200 Euro
Aufenthalt in Buenos Aires, Mendoza, Malargüe, u.a.: ca. 800 – 900 Euro
Summe: ca. 1.800 – 2.100 Euro

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