Dritt­mit­tel­pro­jekt "Se­xu­a­li­sierte Gewalt in Süd­ti­rol"

Studie zu sexualisierter Gewalt in Südtirol unter Berücksichtigung der drei Sprachgruppen
Eine explorative qualitative Studie


Laufzeit: 01. April 2023 bis 31. März 2025

Zielsetzung:

Hintergrund des Projektes ist, dass eine wissenschaftliche Aufarbeitung des Themas sexualisierter Gewalt im nahen sozialen Umfeld bislang für Südtirol noch nicht vorliegt. Die Thematik scheint nach wie vor stark tabuisiert und kommt in der öffentlichen Wahrnehmung kaum vor. Eine explorative qualitative Studie soll diese Leerstelle füllen. Ziel der Studie ist es, Entstehungsbedingungen für sexualisierte Gewalt in Südtirol sozialwissenschaftlich zu ergründen, Kulturen und Praktiken des (Ver)Schweigens zu erforschen sowie Grundlagen für die Prävention und Wege der Aufarbeitung zu erarbeiten. Anhand von qualitativen Interviews sollen einerseits gesellschaftliche und institutionell-strukturelle Bedingungen für sexualisierte Gewalt im nahen sozialen Umfeld sowie für das Schweigen darüber erforscht werden. Andererseits soll ein Beitrag dazu geleistet werden, sichtbar zu machen, wie aus der Perspektive der Betroffenen/ Überlebenden eine gelingende Aufarbeitung gestaltet werden kann. Theoretisch verortet ist die Studie in der feministischen sozialwissenschaftlichen Gewaltforschung.

Forschungszugang und Methodik:

Bei der Studie handelt es sich um eine explorative, qualitative Studie. Es wird angestrebt, 30 Betroffene zu befragen, wobei die unterschiedlichen Sprachgruppen Südtirols ausreichend zu berücksichtigen sind. Der Fokus der Studie liegt auf sexuellem Missbrauch im nahen sozialen Umfeld. Dabei soll eine möglichst große Bandbreite an Fällen in der Studie inkludiert werden, d.h. dass aktuelle ebenso wie weit zurückliegende Fälle in den Fokus gerückt und unterschiedliche Settings, in denen der Missbrauch stattgefunden hat, berücksichtigt werden. Da es sich um eine explorative Studie handelt, werden auch weitere, im Laufe der Forschung auftauchende Aspekte und Kriterien bei der Fallauswahl berücksichtigt.

Die Betroffenen werden in der Studie als Expert*innen interviewt, die Aufschlüsse über Entstehungsbedingungen ebenso wie über Wege der Prävention und Aufarbeitung geben können.

Als Ergebnis soll auf der Basis der teilnarrativen Interviews eine Typologie erarbeitet werden, um zu erkennen, unter welchen persönlichen, sozialen, sozio-ökonomischen, kulturellen, räumlichen sowie strukturellen Bedingungen sich sexualisierte Missbrauchskonstellationen und Strukturen des Schweigens zeigen. Zudem soll aus der Sicht der Betroffenen erarbeitet werden, wie eine nachhaltige gesellschaftliche Aufarbeitung gestaltet werden muss.

Rahmen der Studie:

Das Projekt wird vom Land Südtirol, von der Stiftung Südtiroler Sparkasse und der Universität Innsbruck finanziert (Forschungsförderung) und hat eine Laufzeit von 2 Jahren. Das Projektteam besteht aus den beiden Projektleiterinnen Prof. Dr. Gundula Ludwig und Dr. Julia Ganterer sowie der Projektmitarbeiterin Mag. Laura Volgger. Angesiedelt ist die Studie am Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck (CGI).

Beirat:

Mag.a dott.ssa Johanna Brunner (Leiterin des Amtes für Ehe und Familie der Diözese Bozen-Brixen)
Dr. Cinzia Cappelletti (Ehem. Leitung der Familienberatungsstelle Lilith in Meran)
Mag. Petra Flieger (Freie Wissenschaftlerin, Innsbruck)
Dr. Veronika Hofinger (Universität Innsbruck)
Georg Lembergh (Fotograf und Filmemacher)
Prof. Dr. Michaela Ralser (Universität Innsbruck)
Dr. Heidi Siller (Universität Klagenfurt)
Martha Verdorfer (Lehrer*in, Historiker*in und Referent*in in der Erwachsenenbildung)
Ass.Prof. Dr. Caroline Voithofer (Universität Innsbruck)

Projektteam Südtirol: Julia Ganterer, Gundula Ludwig, Laura Voggler

Projektteam

Laura Volgger

Mag.a Laura Volgger
Projektmitarbeiter*in (sie/ihr)
Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck (CGI)

Universität Innsbruck, Ágnes-Heller-Haus, Innrain 52a | 5. Stock | Raum: 05N010

+43 512 507 39861

Laura.Volgger@uibk.ac.at

Persönliche Seite

Julia Ganterer

Dr.*in Julia Ganterer, MA
Co-Projektleitung
Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck (CGI)

Universität Innsbruck, Ágnes-Heller-Haus, Innrain 52a | 5. Stock | Raum: 05N010

+43 512 507 39869

Julia.Ganterer@uibk.ac.at

Persönliche Seite

Gundula Ludwig

Univ.-Prof.in Dr.in Gundula Ludwig
Projektleitung (sie/ihr)
Leiterin des Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck (CGI)

Universität Innsbruck, Ágnes-Heller-Haus, Innrain 52a | 5. Stock | Raum: 05L010

+43 512 507 39863

gundula.ludwig@uibk.ac.at

Persönliche Seite

Das Drittmittelprojekt "Sexualisierte Gewalt in Südtirol" wird gefördert von der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol, der Stiftung Südtiroler Sparkasse und der Universität Innsbruck.

Publikationen des Projektteams

Medienberichte

Veröffentlichung der Fördergelder

Auszahlende Stelle: Amt für Kinder- und Jugendschutz und soziale Inklusion / AUTONOME PROVINZ BOZEN - SÜDTIROL

Betrag: 19.701,57€
Inkassodatum: 07.10.2024
Begründung: Beitrag 2023

Auszahlende Stelle: Amt für Kinder- und Jugendschutz und soziale Inklusion / AUTONOME PROVINZ BOZEN - SÜDTIROL

Betrag: 27.582,21 €
Inkassodatum: 11.03.2024
Begründung: Vorschuss Beitrag 2024

Auszahlende Stelle: Stiftung Südtiroler Sparkasse

Betrag: 20.000,00€
Inkassodatum: 22.12.2023
Begründung: Rate 2023

Auszahlende Stelle: Amt für Kinder- und Jugendschutz und soziale Inklusion / AUTONOME PROVINZ BOZEN - SÜDTIROL

Betrag: 19.701,58 €
Inkassodatum: 03.07.2023
Begründung: Vorschuss Beitrag 2023

Auszahlende Stelle: Universität Innsbruck

Betrag: 27.777,94€
Inkassodatum: 15.12.2022
Begründung: Projektförderung gesamt 2023-2025

Tagungsbericht für die Tagung: "Materialistisch-(queer)feministische Perspektiven auf Gewalt"

Vom 5. bis 7. Dezember 2024 fand die Tagung „Materialistisch-(queer)feministische Perspektiven auf Gewalt“ im Künstler*innenhaus Büchsenhausen in Innsbruck statt. Die Tagung wurde vom Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck (CGI) in Kooperation mit dem Arbeitsbereich Gender und Diversity des Otto-Suhr-Instituts für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin veranstaltet. Organisiert wurde die Tagung von Gundula Ludwig, Leiterin des CGI, Laura Volgger, Mitarbeiterin am CGI, und Friederike Beier von der FU Berlin. Für drei Tage führten etwa 100 internationale Teilnehmer*innen interdisziplinäre und intersektionale Dialoge, bei denen Theorieansätze von Gewalt und praktische Ansätze zur Begegnung mit Gewalt miteinander verbunden wurden.

Tagung "materialistische- (queer)feminsitische Perspektiven auf Gewalt"

Die Tagung "materialistische-(queer)feministische Perspektiven auf Gewalt fand vom 5.-7. Dezember in Büchsenhausen statt. 

Gewalt als Ausgangspunkt gesellschaftlicher Analysen

Die Tagung fokussierte Gewalt in ihren unterschiedlichen Formen als strukturelles Phänomen. Ausgehend von der These, dass Gewalt in ihren unterschiedlichen Formen mit gesellschaftlichen Strukturen verwoben ist, beleuchteten die 33 Vortragenden in acht thematisch gebündelten Panels deshalb, wie Gewalt mit gesellschaftlichen Machtverhältnissen, cis-heteronormativen Institutionen, ökonomischen Zwängen und kolonialen und rassistischen Logiken verwoben ist.

Panel 3 an Tag 1

Im Panel 3 ging es um Femi(ni)zide: Politische Anatomie von Geschlecht und Gewalt.

Besonderes Augenmerk lag auf der Frage, wie materialistische und (queer)feministische Theorieansätze dazu beitragen können, die Verwobenheit von Kapitalismus, Geschlechterungleichheit, Cis-Zweigeschlechtlichkeit, Heteronormativität und Gewalt besser zu verstehen. Inspiriert von Theoretiker*innen wie Silvia Federici, Judith Butler und María Lugones wurden Kapitalismus und Gewalt als mehrdimensionale Phänomene betrachtet, die sich in Körper, Subjekte und gesellschaftliche Verhältnisse einschreiben. Die Vortragenden griffen diese Impulse auf und diskutierten u.a. wie staatliche Institutionen Gewalt normalisieren und somit (re-)produzieren, und aktuelle Erosionen von Demokratien und damit einhergehende Gewaltphänomene wie Antifeminismus und Trans*feindlichkeit. Besonders bewegend waren Beiträge, die die alltäglichen Kämpfe von Betroffenen und emotionale Sorgearbeit in den Fokus rückten. Um nicht bei dieser ernüchternden Analyse zu bleiben, gab es außerdem Beiträge zu queerfeministischen Strategien und Protesten, um auch in der Praxis ‚Schweigen als Gewalt‘ zu brechen.

Highlight der Tagung: Online-Keynote von Silvia Federici

Online-Keynote mit Silvia Federici

Online-Keynote von Silvia Federici zum Thema: "Capitalist Development, the War against Social Reproduction and Feminist Struggle"

Ein zentraler Höhepunkt der Tagung war die Online-Keynote-Lecture von Silvia Federici. Unter dem Titel „Capitalist Development, the War against Social Reproduction and Feminist Struggle“ thematisierte die feministische Pionierin von Reproduktionstheorien und -kämpfen die tiefgreifenden Verbindungen zwischen kapitalistischer Entwicklung und der Zerstörung sozialer Reproduktionsverhältnisse. Die anschließende Diskussion bot eine Gelegenheit, Federicis Perspektiven mit den theoretischen Ansätzen der Tagung in Beziehung zu setzen.

Fazit

Die Tagung „Materialistisch-(queer)feministische Perspektiven auf Gewalt“ war ein inspirierender und erkenntnisreicher Beitrag zur Weiterentwicklung intersektionaler Gesellschaftstheorie. Sie machte nicht nur die Verwobenheit von Gewalt und gesellschaftlichen Strukturen sichtbar, sondern eröffnete auch neue Perspektiven darauf, wie emanzipatorische Praktiken gedacht und gelebt werden können.

Für alle, die noch mehr über die Tagung erfahren möchten:

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