86. Inns­bru­cker Gen­der Lec­ture mit Eli­sa­beth Schä­fer (21. Jän­ner 2025)

18:00 Uhr, Audimax, Ágnes-Heller-Haus, Innrain 52a
Welche Körper existieren? Widerständige In-skriptionen - solidarische Ex-skriptionen
Lecture von Elisabeth Schäfer, Sigmund Freud Privatuniversität Linz
Performance von Judith Klemenc mit Gäst*innen

Ein Kind, das einmal zu einer der Ikonen der französischen Frauen*-Bewegung werden sollte, wächst in Oran/Algerien auf und erfährt dort, wie sich ein gartenartiger Park, der einst zum Sehnsuchtsort geworden war, zur Hölle des Ausschlusses und der Gewalt wandeln kann. Weil das Kind jüdisch ist, endet die Möglichkeit diesen Garten zu betreten für dieses Kind, nachdem die antijüdischen Vichy-Gesetze im Algerien des vergangenen Jahrhunderts in Kraft traten. Das Kind ist Hélène Cixous, die sowohl die Geschichte antisemitischer als auch kolonialer Gewalt in ihren autobiographischen Arbeiten insbesondere im Spätwerk zum Thema macht. Mehr noch: Die Frage nach Herkunft und Identität steht im Zentrum ihres Schreibprojektes. Diese Urszene der Vertreibung steht im Herzen des Cixous’schen Oeuvres wie eine Wunde. Die autobiographischen Verbindungs- und Trennungslinien sind keine singulären, sondern durchfurchen auch unsere Gegenwart, in der die Ausgrenzungen, Abspaltung insbesondere auch queere und feministische Projekte bedrohen.

Die Vortragsperformance von Elisabeth Schäfer und Judith Klemenc sucht Cixous’ Texte auf und findet darin Texturen, Gewebe, aus denen widerständige Verbindungsfäden geknüpft werden, um poetische Pflaster für die Wunden der Gegenwart zu kreieren. Vielleicht verwandelt sich dabei das AudiMax in einen gartenartigen Park, in dem zwar (noch) keine Wildblumen wachsen, doch Visionen für ein friedliches Zusammenleben in der Luft tanzen. Dabei geraten Fragen in Bewegung, wie: Welche Körper existieren, welche schreiben sich ein in die vielfältigen queer-feministischen Diskurse, welche solidarischen Ex-Skriptionen vermögen zeitgenössische queere und feministische Diskurse hervorzubringen?

Vielleicht finden sich Antworten mit den Kindern vor 80 Jahren, von gestern … von morgen …, die auch wir sein können, um in einem gartenartigen Park gemeinsam zu denken, zu fühlen und zu handeln – im Sinne einer queeren und feministischen Praxis.

Kurz CV

Elisabeth Schäfer

Elisabeth Schäfer ist Philosoph*in. Sie* forscht und lehrt zu Dekonstruktion, Queer-Feministischer Philosophie, Psychoanalytischer Theorie, Körper, Gewalt und Traumata, Écriture feminine, Schreiben als künstlerischer Forschung und widerständiger Praxis sowie zu künstlerischen Positionen zum Climate Change. Schäfer hat seit 2023 eine Postdoc Stelle am Department für Psychotherapiewissenschaft der der Sigmund Freud Privatuniversität Linz inne und habilitiert sich dort zum Thema "Sprachwunden: Dekonstruktion. Alterität. Trauma. Übersetzungen zwischen Psychoanalyse, Philosophie, Gendertheorie und Kunst."

Judith Klemenc Performance

Judith Klemenc ist Autor*in, Künstler*in und Performer*in. Sie* forscht derzeit am Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung (CGI) an der Universität Innsbruck zur leibkörperlichen Materialisierung von gesellschaftlichen (Macht-)Verhältnissen sowie (Körper-)Ordnungen als Konstitution von vergeschlechtlichten, sexualisierten, rassifizierten, klassierten und ableisierten Subjekten, LeibKörpern und kollektiven (Nicht)Zugehörigkeiten. Aus queer-feministischen Perspektiven erkunde sie* Soma (griech. „Leib, Leibgedächtnis") als widerständiges Potential von (traumatisierenden) Subjektivierungs- und Bildungsprozesse und macht den Improvisationstanz für leibkörperliche Wahrnehmungs- und Transformationsprozesse von verinnerlichten Zugehörigkeits- und Differenzierungspraxen fruchtbar.

Website: judithklemenc.at


Konzept und Organisation
Judith Klemenc


Kassette

Archiv der Inns­bru­cker Gen­der Lec­tu­res

Die Innsbrucker Gender Lectures gibt es bereits seit 2009 und davon wurden die meisten aufgezeichnet. Im Archiv können sie nachgehört werden.

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