Die feministische und kritische Philosophie ist sowohl ein selbstständiges, grundlegendes Forschungsfeld als auch eine meta-philosophische Perspektive auf die anderen philosophischen Bereiche. Ungeachtet ihrer internen Diversität kann diese Richtung der Philosophie aufgrund gewisser gemeinsamer Prioritäten und Methoden doch als eine spezifische Richtung der Philosophie charakterisiert werden. Im Mittelpunkt steht das Interesse auf die Beendung von Unterdrückung hinzuwirken, dem vor allem die Suche nach philosophischer Erkenntnis dient. Hierzu wird nicht nur die Aufmerksamkeit auf traditionelle Normen gerichtet, die es Sexismus, Rassismus, Ablismus und anderen Formen von Diskriminierung leicht gemacht haben, oftmals unbemerkt und ungenannt zu bleiben, sondern diese werden auch explizit in Frage gestellt. Dies schließt auch Normen ein, die in anderen grundlegenden Bereichen der Philosophie implizit vorausgesetzt werden. In feministischen und kritischen Ansätzen werden oftmals Methoden angewandt, bei denen die konkrete, situationsbezogene Erfahrung („bottom-up“) gegenüber abstrakten Prinzipien („top-down“) als Quellen bevorzugt werden. Diese Ansätze lehnen die Annahme ab, dass Objektivität, im klassischen Sinn als ein „Blick aus dem Nirgendwo“ verstanden, möglich oder gar wünschenswert ist. Sie argumentieren stattdessen, dass Intersubjektivität – also die Bündelung unterschiedlicher situationsbezogener Erfahrungen – der beste Weg ist, um ein Verständnis für einen gegebenen Untersuchungsgegenstand zu entwickeln. Dies schließt insbesondere auch jene Perspektiven ein, die traditionellerweise unterrepräsentiert waren, was deren Einsichten unbeachtet bleiben ließ.
Die feministische und kritische Philosophie zielt darauf ab, Unterdrückung zu beenden, indem sie die traditionellen Normen hinterfragt, die diese aufrechterhalten. Religionen mit ihrem großen historischen und gegenwärtigen Einfluss sind eine fruchtbare Quelle von Traditionen – hierzu zählen sowohl unterdrückende als auch befreiende Traditionen. Mit diesen spannenden Fragen befasst sich die feministische und kritische Philosophie der Religion. Einerseits machen feministische und kritische Philosophie religiöse Traditionen für Sexismus, Rassismus, Heteronormativität und für die religiösen Machtstrukturen, welche es ermöglichen, sich auf göttliche Autorität zu berufen, um Missbrauch wie Sklaverei oder Pädophilie zu rechtfertigen, verantwortlich. Andererseits haben feministische und kritische Ansätze religiöse Ideen wie den Exodus, das Versprechen einer neuen Schöpfung und den Fokus auf die Unterdrückten in einer Gesellschaft als philosophische Rahmenkonzepte für soziale und politische Befreiungsbewegungen, wie etwa der Abschaffung der Sklaverei und der institutionalisierten Armut, fruchtbar gemacht. Die von diesen Ansätzen bevorzugte „bottom-up“-Methodologie ermöglichte auch Überlegungen darüber, wie religiöse Narrative, zu denen heilige Texte oder mystische Erfahrungen gehören, zur Religionsphilosophie im breiteren Sinne beitragen können, um ein Gegengewicht zu den traditionellen, „top-down“ entwickelten theologischen Doktrinen zu entwickeln.