Die Wissenschaften können als der beste Weg betrachtet werden, um unser Wissen über zahlreiche wichtige Aspekte der Realität zu erweitern. Ein entscheidender Grund hierfür ist der geteilte Ethos einer kritischen Selbstreflexion in den Wissenschaften. Diesen Ethos aufrechtzuerhalten erfordert beständige Wachsamkeit – nicht zuletzt deshalb, weil auch die wissenschaftliche Arbeit von Menschen gemacht wird, die wie alle Menschen anfällig für einen Bias, für Karrierestreben oder simple Fehler sind. Aber mehr noch, weil es auch Personen gibt, die ungerechtfertigterweise die Autorität der Wissenschaften für unwissenschaftliche Behauptungen reklamieren. Die Wissenschaftstheorie als Bereich der Philosophie trägt traditionell zur Weiterentwicklung der Wissenschaften bei – durch die Klärung wissenschaftlicher Konzepte und Methoden, durch die Entwicklung wichtiger Werkzeuge wie die klassische und probabilistische Logik und auch durch kritische Reflexion möglicher Arten der Einflussnahme auf Wissenschaftler:innen durch Machtdynamiken, finazielle Interessen oder andere soziale Faktoren (überschneidend mit der feministischen und kritischen Philosophie). Im Idealfall kann die Wissenschaftstheorie dazu beitragen, dass die anderen Wissenschaften ihren eigenen Untersuchungsstandards gerecht werden.
Sowohl die Wissenschaften als auch die Religion bieten Möglichkeiten an, die Realität im Rahmen der eigenen Annahmen einzuordnen. Viele Fragen ergeben sich aus dieser Beziehung, die von der Wissenschaftstheorie der Religion näher untersucht werden. Führen die jeweiligen Bemühungen, einen Sinn in der gegebenen Realität zu erkennen, unweigerlich zu Konflikten oder sind diese miteinander kompatibel? Möglicherweise beziehen sie sich einfach auf unterschiedliche Bereiche, etwa dem empirischen Bereich vs. dem spirituellen Bereich. Einige argumentieren, dass die wissenschaftliche Denkweise auf religiöse Glaubenssysteme angewandt werden sollte, während andere davon ausgehen, dass es sich hierbei um einen Kategorienfehler handeln würde. Wieder andere argumentieren, dass Wissenschaftler:innen eine geradezu quasi-religiöse Einstellung ihrem Forschungsprogramm gegenüber haben, oder gar haben sollten. Zusätzlich zu diesen existierenden Überlappungen ist zu berücksichtigen, dass sich das religiöse und wissenschaftliche Denken, wie wir es heute kennen, aufgrund von Sozial- und Machdynamiken parallel zueinander entwickelte, da religiöse Autoritäten sich um eine Kontrolle der Wissenschaften bemühten, während die wissenschaftliche Gemeinschaft darum bemüht war, sich vom religiösen Einfluss zu distanzieren. Dennoch haben Religion und Wissenschaft viele Gemeinsamkeiten, nicht zuletzt ihre jeweilige Suche nach einem Verständnis der Realität und ihr gemeinsames Gefühl von Staunen und Ehrfurcht angesichts der Komplexität und Schönheit der Realität. Die Debatten zwischen der Wissenschaftstheorie und der Religion sind vielfältig und auch heute noch hochaktuell.