Neue Pub­li­ka­tion zur Anwen­dung des EU-Rah­men­be­schlus­ses 2008/947/JI in Öster­reich

Der Rahmenbeschluss regelt die Überstellung von Bewährungsmaßnahmen und alternativen Sanktionen zwischen den EU-Mitgliedstaaten. Tatsächlich ist er aber nicht nur wenig bekannt, sondern wird auch kaum angewendet.

Für Österreich kann eine hohe Anzahl an Verurteilten und Inhaftierten konstatiert werden, deren Wohnsitz bzw. Lebensmittelpunkt in einem anderen Staat liegt. Mit Blick auf die Verurteilungsstatistiken der letzten 20 Jahre wird weiters deutlich, dass nationale Gerichte Fremden häufiger als Österreicher:innen freiheitsentziehende Maßnahmen auferlegen, was den Grundsatz der Gleichbehandlung unterläuft.  

Innerhalb der EU versucht der Rahmenbeschluss 2008/947 (RB) diesem Missstand  entgegenzuwirken, indem er die Überstellung von Bewährungsmaßnahmen und alternativen Sanktionen vom Ausstellungsstaat (des Urteils) in den Vollstreckungsstaat adressiert und regelt; sowohl im Falle einer bedingten Strafe, als auch einer bedingten Entlassung. Dem zugrunde liegt die Annahme, dass eine verurteilte Person bessere Voraussetzungen für eine erfolgreiche Wiedereingliederung in dem Staat zu erwarten hat, in dem er/sie bereits auf vielfältige Weise integriert ist: Sei es durch zwischenmenschliche Beziehungen, einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz sowie durch sprachliche und kulturelle Verankerung. Der RB kann somit dazu beitragen, dass eine Inhaftierung und potenzielle damit einhergehende Folgen durch die Übertragung von Auflagen ins EU-Ausland vermieden werden, und das im Falle einer bedingten Entlassung – anders als bei einer Entlassung nach § 133a StVG – auch die Zeit nach der Haft begleitet und überwacht wird.

Der RB, umgesetzt in  §§ 81 – 99 EU-JZG, ist seit August 2013 in Österreich in Kraft und wurde bis dato von allen EU Staaten in nationales Recht implementiert. Faktisch wird er jedoch sowohl in Österreich als auch in den meisten anderen EU Mitgliedstaaten, selten angewendet.

Im Rahmen des EU Projektes J-CAP setzt sich das Institut für angewandte Rechts- und Kriminalsoziologie der Universität Innsbruck als Teil eines Konsortiums aus sechs EU-Ländern mit der Anwendung des RB 2008/947 auseinander. Dessen geringer Anwendung soll mit der Entwicklung  von Materialien sowie durch die Organisation von internationalen Vernetzungstreffen entgegengewirkt werden.

Der Artikel zielt darauf ab, das Bewusstsein von Praktiker:innen bezüglich Existenz und Anwendung des RB 947 zu schärfen, um einen Beitrag zu einer effektiveren grenzüberschreitenden justiziellen Zusammenarbeit innerhalb der EU zu leisten und die Rechte von Betroffenen zu stärken. Vorgestellt und diskutiert werden Anwendungsbereich, Herausforderungen und Lösungsansätze des RB 947 im österreichischen Kontext sowie internationale Promising Practices.

 

Autor:innen: Rebecca Walter und Walter Hammerschick

Veröffentlicht im Journal für Strafrecht, Heft 3, Seiten 189-284 (11. Jahrgang)

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