Sicherheitsarchitektonische Haftgestaltung für Jugendliche und Frauen
Die bauliche Gestaltung sowie die organisatorischen Rahmenbedingungen österreichischer Justizanstalten sind zentral für die Sicherheit und die Umsetzung von Maßnahmen zur Reintegration jugendlicher und weiblicher Insass:innen. In Europa stellen Frauen nur einen geringen Anteil der Strafgefangenen dar, der von 2,9 % in Polen bis 7,8 % in Spanien variiert. Österreich liegt mit einem Anteil von 6,76 % im oberen Drittel dieser Spannbreite. Dennoch stehen inhaftierte Frauen vor besonderen Herausforderungen und strukturellen Benachteiligungen. Ebenso erfordert die Gruppe der Jugendlichen im Strafvollzug aufgrund ihrer Minderheitenposition und ihres Alters besonderen Schutz.
Häufig werden Frauen in Einrichtungen untergebracht, die überwiegend auf den Männervollzug ausgerichtet sind, was strukturelle Ungleichheiten begünstigt, insbesondere in den Bereichen Freizeitgestaltung, Bildungsangebote und Arbeitsmöglichkeiten. Die Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen sind oft auf Tätigkeiten wie Putzen, Kochen und Handarbeiten beschränkt. Ein Mangel an sinnvollen Betätigungsoptionen hat für Jugendliche im Strafvollzug besonders gravierende Folgen, da körperliche Aktivität, Beschäftigung und Bildung für diese Altersgruppe eine deutlich größere Bedeutung haben könne als für erwachsene Insass:innen. Zudem führt die Diversität der österreichischen Justizanstalten dazu, dass bislang keine einheitlichen baulichen Standards für alle Insass:innen umgesetzt wurden.
Diese Gegebenheiten verdeutlichen den dringenden Forschungsbedarf, die spezifischen Anforderungen marginalisierter Gruppen sowie die bestehenden baulichen und organisatorischen Rahmenbedingungen ihrer Unterbringung im österreichischen Strafvollzug zu analysieren. Ziel ist es, durch moderne bauliche Maßnahmen die Selbständigkeit und Mobilität der Insass:innen zu fördern, um sie besser auf ein Leben in Freiheit vorzubereiten und somit zur Sicherheit der Gesellschaft beizutragen.
Das Forschungsvorhaben zielt darauf ab, evidenzbasiertes Wissen über die baulich relevanten Bedürfnisse von Frauen und Jugendlichen im Strafvollzug zu generieren. Die Gestaltung der Haftumgebung soll zur Unterstützung der psychischen und physischen Gesundheit der Insass:innen beitragen und ihnen ermöglichen, selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen. Dabei ist es wichtig, traditionelle Rollenbilder zu überwinden und individuelle Bedürfnisse, einschließlich der Betreuung von Kindern, zu berücksichtigen. Ein weiterer zentraler Aspekt ist die Sicherstellung angemessener Sicherheitsstandards, die eine Balance zwischen Privatsphäre und Sicherheit gewährleisten. Gleichzeitig sollen die strukturellen Rahmenbedingungen der Justizanstalten gezielt auf die Förderung der Reintegration ausgerichtet sein.
Das Projekt SiHaJF verfolgt das Ziel, alters- und geschlechtersensible bauliche Empfehlungen auf Basis sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Nachhaltigkeit zu entwickeln. Dadurch sollen Sicherheit, Ordnung und Betreuungsqualität in Justizanstalten verbessert und eine erfolgreiche Resozialisierung der Insass:innen ermöglicht werden.
Das Projekt wird innerhalb des Sicherheitsforschungs-Förderprogramm KIRAS durch das Bundesministerium für Finanzen gefördert.
Projektpartner/Bedarfsträger
Projektleitung
FH Campus Wien Forschungs- und Entwicklungs GmbH
Walter Hammerschick (Leitung am IRKS)
Projektlaufzeit
15. Jänner 2025 bis 14. Jänner 2027
Projektmitarbeit am IRKS