WiSe 2023/24: Ring­vor­le­sung Geschlecht, Eth­ni­zi­tät und Kul­tur: Macht, Gewalt und Wis­sen­schaft

Interdisziplinäre und interuniversitäre Ringvorlesung der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, Universität Innsbruck, Sigmund Freud PrivatUniversität Linz

Die interdisziplinäre Ringvorlesung wird vom Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung gemeinsam mit der Universität Klagenfurt und der Sigmund-Freud-Privatuniversität Linz organisiert und ist offen für alle Interessierten. Die Prüfungsleistung ist für Studierende in Masterstudien im Rahmen der Interdisziplinären Kompetenzen anrechenbar (für Studierende im MA GKSW im Wahlmodul 4).

Programm-Poster zum Download

Zeit: Donnerstag, 17:30-19:00 Uhr
Ort: Campus Innrain, Hörsaal 4 (EG)

Ausnahme: 1. Einheit am 05. Oktober 2023, im HÖRSAAL 7 (EG)

Die Vorträge werden live gestreamt (es gibt KEINE Aufzeichnung). Im Anschluss an den Vortrag Diskussion in Präsenz im Hörsaal.

lfu:online (Anmeldefenster am Seitenende): LV-Beschreibung & Anmeldung

Online-Link:
https://us06web.zoom.us/j/82979125706?pwd=oKJbfJNw4dHNpFUIglhrKMaMpqX7ta.1
Meeting-ID: 829 7912 5706
Kenncode: 671344

Beschreibung

Wissenschaft ist auf vielfältige Art und Weise in Macht- und Gewaltverhältnisse eingebunden. Diese Verwobenheiten von Wissen(sproduktion) und Macht bzw. Gewalt werden in den letzten Jahren zwar vermehrt zum Gegenstand wissenschaftlicher Forschung gemacht. Dennoch aber wirken sie sowohl in ihrer historischen Verwiesenheit als auch in der den Bildungsinstitutionen immanenten sozialen Differenzierungspraxen auf Wissenschaft im Allgemeinen und Universitäten im Besonderen ein. Strukturelle Diskriminierung, ungerechte Verteilung, Machtmissbrauch, verborgene und offensichtliche Ausgrenzungs- und Marginalisierungsmechanismen sind Ausdruck gesellschaftlich etablierter Macht- und Gewaltsverhältnisse, die in der Wissenschaft und an Universitäten reproduziert werden. Die Ringvorlesung versteht den wissenschaftlichen Betrieb dabei als heterogenen Ort, der von multiplen Ungleichheiten und Diskriminierungen, kolonialen Kontinuitäten, vergeschlechtlichten Logiken, Macht- und Herrschaftsstrukturen und (epistemischen) Gewaltverhältnissen geprägt ist, und widmet sich diesem Themenkomplex daher aus intersektionaler, herrschaftskritischer Perspektive.

Die interdisziplinäre Ringvorlesung wird von drei Universitäten getragen: der Universität Innsbruck, der Universität Klagenfurt und der Sigmund Freud Universität Linz. Die Idee einer gemeinsamen Lehrveranstaltung ist im Rahmen eines Austauschs zu Gewalt und Diskriminierung an Universitäten entstanden. In der Ringvorlesung werden Teilnehmende mit Konzepten, Theorien und Studien zum Thema Macht und Gewalt in Wissenschaft und an Universitäten aus multiplen Disziplinen und multiplen Perspektiven vertraut gemacht. Die interdisziplinäre Ringvorlesung richtet sich an Studierende, Lehrende sowie die interessierte Öffentlichkeit.

Begonnen wird mit einer Einführung, um eine gemeinsame Basis an zentralen Begriffen und Konzepten zu schaffen. In weiterer Folge wird der Zusammenhang von Wissen(schaft), Universitäten, Macht und Gewalt aus unterschiedlichen Perspektiven und Disziplinen diskutiert und bearbeitet. 

Hier werden u.a. folgende Fragen verhandelt:

  • Wie konstituier(t)en rassistische, koloniale, androzentrische, heteronormative Weltbilder die “Wissenschaften vom Menschen” wie bspw. Psychologie und Psychotherapiewissenschaften?
  • Wie hängen Kolonialismus und Universitätsgeschichte zusammen?
  • Welche Strategien und Gegenstrategien wurden im Kampf um das Frauenstudium eingesetzt?
  • Welche Kritiken am Objektivitätsideal der Wissenschaft wurde von queer-feministischen Wissenschaftler*innen entwicklt?
  • Wie wird epistemische Gewalt in der Forschung reproduziert?
  • Was sind materielle und diskursive Bedingungen, damit Wissen als wissenschaftliches Wissen anerkennbar wird?
  • Wie hängen Autorität, Unterwerfung, Wissensproduktion und Wissensvermittlung zusammen?
  • Verengen die Neoliberalisierung der Hochschulen und das Leitbild der unternehmerischen Universität kritische Freiräume in Lehre und Forschung?
  • Welche Handlungsmöglichkeiten gibt es an Universitäten, um gegen Diskrimierung vorzugehen?
  • Haben emanzipatorisches Wissen und damit einhergehende Praxen an Universitäten überhaupt Raum?     

Sprache: Deutsch, einzelne Vorträge auf Englisch 

Zielsetzung: Vermittlung zentraler Konzepte, Theorien und Debatten zu kritischer Wissen(sproduktion) und Wissen(schafts)forschung; Anregung von interdisziplinären Reflexionsprozessen, Aufzeigen von Handlungsoptionen und -potentialen, Verständnis grundlegender Debatten über Zusammenhänge von Macht, Gewalt und Wissenschaft

Programm


Do, 05. Oktober 2023
17:30-19:00, HS 7 Innrain

Einführung für Studierende
(keine öffentliche Veranstaltung)
Juliana Krohn und Gundula Ludwig (Innsbruck)
Innsbruck, Präsenz


Do, 12. Oktober 2023
17:30-19:00, HS 4 Innrain

Abstract:

Die Geschichte des modernen Rassismus steht im engen Zusammenhang mit den entstehenden europäischen Wissenschaften und der deutschen Kolonialgeschichte.

Seit dem beginnenden 18. Jahrhundert, ist sowohl die entstehende Anthropologie als auch die Philosophie darum bemüht, die Welt in metrisch-statistischen Verfahren zu erfassen. Es entstehen auch im Zuge kolonialer Reisen und Raubzüge massenweise Zahlen-Sammlungen, die nach empfohlenen Mess- und Beschreibungsschemata gesammelt werden. Diese Verfahrensweisen entsprechen den neuen europäischen Denkweisen, die bereits in den  Geschlechterordnungen erprobt wurden und ihren Höhepunkt in der Sonderanthropologie der Frau fanden. Diese unterschiedlichen historischen Entwicklungen sind Grundlage der sog. Verwissenschaftlichung Europas und somit auch der modernen Wissenschaften, diesen wird machtkritisch nachgegangen.

Zur Person:

Dr*in, ist Universitätsassistentin an der Universität Innsbruck am Institut für Geschichtswissenschaften und Europäische Ethnologie und Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck. Zusätzlich lehrt sie seit drei Jahren an der Hochschule Düsseldorf in Empowerments Studies Empowerment Theorien und Einführung in die Postkoloniale Studien. Ihre wissenschaftlichen Arbeitsschwerpunkte sind Geschlechtergeschichte, Kulturwirtschaftsgeschichte, Feministische Epistemologie und Methoden, Raumkonzeptionen, Postkolonial Studies, Dekoloniale Perspektiven und Praktiken, Kritische Kartographie.

Muriel González Athenas (Innsbruck)
Organisation: Innsbruck


Do, 19. Oktober 2023
17:30-19:00, HS 4 Innrain

Abstract:

In der bürgerliche Geschlechterordnung wurden die hierarchischen binären Geschlechterverhältnisse in gesetzliche Bahnen gegossen. Für das 19. Jahrhundert und den Zugang zur institutionalisierten Bildung bedeutete das, dass die Ausschlusskategorien soziale Positionierung/Klasse, Nationalität/Ethnizität und Religion an Wirkungsmacht verloren und Geschlecht respektive weibliches Geschlecht/Frauen zu einer Ordnungskategorie ersten Ranges wurde. Es gab keine Möglichkeiten für Mädchen ein Gymnasium zu besuchen, der Zugang zu ordentlichen Universitätsstudien war in der Habsburgermonarchie nicht möglich (Ausnahme Medizin in Bosnien) und die Wissenschaft als Erwerbsmöglichkeit bis weit ins 20. Jahrhundert undenkbar. Dieser kategoriale Ausschluss mobilisierte Widerstand, war Motor für Frauenbewegungen, Einzelinitiativen und Projekte. Der Vortrag thematisiert den Weg der Frauen in die Universität, die Situation endlich ‚drinnen‘ zu sein und streift den Paradigmenwechsel seit den 1970er Jahren ff.

Zur Person:

geb. 1959; Studium der Geschichte und Deutschen Philologie, 1996 Habilitation für Neuere Geschichte und Zeitgeschichte. 1985 bis 2000 Mitarbeiterin des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Geschichte der Arbeiterbewegung bzw. Kultur- und Gesellschaftsgeschichte. 2000-2003 Univ.Prof.in für Neuere Geschichte und Zeitgeschichte, von 2003 bis 2011 Gründungsprofessorin des gesamtuniversitären Instituts für interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung an der Johannes Kepler Universität Linz. Seit 2011 Univ.Prof.in für Geschichte der Neuzeit/Frauen- und Geschlechtergeschichte an der Universität Wien.

Gabriella Hauch (Wien)
Organisation: Linz


Do, 9. November 2023
17:30-19:00, HS 4 Innrain

Abstract:

Jüngere Forschungen über den gewaltförmigen Umgang mit Kindern und Jugendlichen in Fürsorgeerziehungseinrichtungen der Nachkriegsjahrzehnte stellen die Sorge um das sogenannt erziehungsschwierige Kind als ein transdisziplinäres Projekt der Moderne heraus. Differente Wissensordnungen, wie die Psychiatrie, die Pädiatrie, die Pädagogik, die Kriminologie, die Sexual und Bevölkerungswissenschaften begannen diskursiv auszuhandeln, was am Kind als gesund oder krank, normal oder abweichend anzusehen sei. Als besonders einflussreich haben sich dabei die medizinischen Fächer Psychiatrie und Pädiatrie und die Hybridfächer der Heil- und Sonderpädagogik erwiesen. Vor dem Hintergrund eigener empirischer Forschungsarbeiten zur Geschichte der österreichischen Heim- und Heilerziehung des 20. Jahrhunderts wird der Anteil der Wissenschaften (hier insbesondere der frühen Kinderpsychiatrie und Heilpädagogik) an der strukturellen Gewalthaftigkeit der Fürsorgepolitik und Fürsorgeerziehung bis in die Nachkriegsjahrzehnte herausgestellt. An verschiedenen Quellenbeispielen werden  ihr prognostisch-diagno-stisches Inventar ebenso wie ihr mediko-pädagogisches Programm erläutert und gezeigt, wie die Gewalterfahrungen von Kindern in Erziehungsheimen und  Kinderbeobachtungsstationen nicht nur den diesen Institutionen inhärenten Machtstrukturen geschuldet sind, sondern gleichermaßen den das Feld instruierenden und flankierenden Wissenschaften.

Zur Person:

Michaela Ralser ist Professorin für Erziehungswissenschaften mit dem Schwerpunkt Theorie und Geschichte öffentlicher Erziehung und Epistemologien des Subjekts an der Fakultät für Bildungswissenschaften der Universität Innsbruck. Ihre Forschungsinteressen sind Kritische Geschlechter- und Sozialforschung, Wissenschaftsgeschichte und Wissensschaftsforschung, Strukturbildung des Subjekts und Geschichte der Erziehung. 

Michaela Ralser (Innsbruck)
Organisation: Linz


Do, 16. November 2023
17:30-19:00, HS 4 Innrain

Abstract:

Der Vortrag argumentiert aus queer-feministischer Perspektive, dass Objektivität in der Wissenschaft oft (noch immer) auf einer vermeintlichen Neutralität basiert, diese jedoch von sozialen Normen, Machtstrukturen und Herrschaftsverhältnissen geprägt ist, die nicht mitreflektiert werden. Queer-feministische Diskurse hingegen fordern die Reflexion und Dekonstruktion einer solchen vermeintlichen Neutralität ein und betonen die Bedeutung von Subjektivität, Pluralität und jenes Wissens, das durch singuläre Erfahrungen und marginalisierte Perspektiven entsteht.

Theoretische Bewegungen, zu denen auch die Queer Theory gehört, verbleiben jedoch, wie Hans Blumenberg mit dem titelgebenden Zitat – „Theorie ist etwas, das man nicht sieht“ – pointiert, oftmals auf der Ebene des Unsichtbaren. Theorie ist Vollzug. Theorie ist prozesshaft. In zweierlei Hinsicht trifft dies besonders auch auf Geschlechtertheorien zu: Übersehen werden die Virulenz ihrer unabdingbaren Existenz sowie die geschichtlichen und materiellen Bedingungen der Theoriebildung. Zum anderen verbleiben ungesehene Bereiche auch in den Geschlechtertheorie selbst. In Anlehnung an Blumenbergs Zitat widmet sich der Beitrag dem Aufspüren geschlechtertheoretischer Denkbewegungen und nimmt sich vor, dabei das un/sichtbare Theoriegebäude der Subjektivierungstheorien zu durchschreiten: Dabei wird insbesondere Paul B. Preciados Frage sowie der gleichnamige Vortrag „Can the Monster Speak?“, gehalten 2019 auf der Jahrestagung der École de la Cause Freudienne in Paris vor einigen 1000 Psychoanalytiker*innen, im Zentrum stehen und macht sich zur Aufgabe, das offenbar „Unerträgliche“ (der Vortrag wurde nie zu Ende gehalten, weil er bei den versammelten Psychoanalytiker*innen einen solchen Aufruhr verursachte, dass er abgebrochen werden musste) des Preciado’schen Textes herauszuarbeiten, das sich gleichsam jedoch auch auf der Ebene des Unsichtbaren der Theoriebildung vollzieht. Zugleich soll betont werden, dass Prozesse der Sichtbarmachung stets selbst auch kritischer Analysen bedürfen: Kippmomente von „Sichtbarmachung“ und „Ausstellen“ müssen dahingehend befragt werden, wie wir das „monstrare“ (lat. u.a. zeigen, weisen, bezeichnen, unterweisen, verordnen, bestimmen, vorschreiben, anklagen), das in Preciados Figur des „Monsters“ steckt, verstehen und wie wir damit umgehen. Nicht jedes Zeigen ist schon aktivistisch oder politisch.

Teil des Ganzen und zugleich kritischer Rand oder gar das ganz andere sein zu wollen, für diese Tätigkeiten, oder – um auf Blumenberg zurückzukommen, „Verrichtungen” – ist das ethisch wie ästhetisch sensible Sichtbarmachen und Thematisieren von Subjektivierungsmechanismen virulent, also die Weise, wie Menschen durch Machtverhältnisse einer bestimmten Gesellschaftsformation hervorgebracht werden. 

Zur Person:

Elisabeth Schäfer ist Philosoph*in und forscht zu den Bereichen: Dekonstruktion, Queer-Feministische Philosophie, Psychoanalytische Theorie, Körper, Gewalt und Traumata, Écriture feminine, Schreiben als widerständige Praxis sowie zu künstlerischen Positionen zum Climate Change. Elisabeth Schäfer unterrichtet seit 2010 u. a. am Institut für Philosophie der Universität Wien, sowie an anderen nationalen, wie internationalen Universitäten. Seit 2023 ist Elisabeth Schäfer Postdoc am Department für Psychotherapiewissenschaft der Sigmund Freud Privat Universität Linz. Website: https://elisabethschaefer.com

Elisabeth Schäfer (Wien)
Organisation: Linz


Do, 23. November 2023
17:30-19:00, HS 4 Innrain

Abstract:

Kämpfer*innen für Geschlechtergerechtigkeit sowie gegen sexualisierte Gewalt haben schon früh thematisiert, dass Gewaltverhältnisse auch mit Wissensordnungen zusammenhängen und umgekehrt. Feministische Theorie hat diese historische und gegenwärtige Tatsache über viele disziplinäre Felder hinweg systematisiert. Das komplexe Verhältnis von Gewalt und Geschlecht wird dabei nicht nur als soziales und politisches, sondern auch als kognitives und epistemisches Problem ausformuliert. Post- und dekoloniale Feminist*innen verorten es darüber hinaus in der 500jährigen Gewaltgeschichte der kolonialen Expansion Europas, deren Folgen bis heute anhalten. Auf den Punkt bringt dieses komplexe Verhältnis das Konzept epistemischer Gewalt, das seit Gayatri Spivak von unzähligen kritischen Stimmen genutzt und erweiter wird. Ausgehend von ihrer Definition werden im Vortrag unterschiedliche Ebenen epistemischer Gewalt diskutiert. Damit werden erstens vergeschlechtlichte Gewaltverhältnisse innerhalb von Wissensordnungen und Bildungssystemen als historisch weit zurückreichende strukturelle Phänomene erkennbar, die nicht allein auf interpersonaler oder organisationaler Ebene lösbar sind. Zweitens wird der verschränkte Euro- und Androzentrismus dominanter Wissensbestände selbst zum Ausgangspunkt einer umfassenden feministischen Gewaltkritik der Gegenwart gemacht.

Zur Person:

Claudia Brunner ist Sozialwissenschaftlerin und Professorin am Zentrum für Friedensforschung und Friedensbildung, Institut für Erziehungswissenschaften und Bildungsforschung, an der Universität Klagenfurt. Zu ihren Arbeitsschwerpunkten siehe www.epistemicviolence.info, wo auch zahlreiche Texte zu epistemischer Gewalt, feministischer Wissens- und Gewaltkritik, herrschaftskritischer Friedensforschung und anderen Themen abrufbar sind.

Lektüreempfehlung zum Vortrag: Epistemische Gewalt. Wissen und Herrschaft in der kolonialen Moderne (Brunner 2020).

Claudia Brunner (Klagenfurt)
Organisation: Klagenfurt


Do, 30. November 2023
17:30-19:00, HS 4 Innrain

Abstract:

Wer lernt (was) auf wessen Kosten in universitären Lehrveranstaltungen? Wessen Wissen, Lebensrealitäten und Bedürfnisse werden in diesen Lernräumen wahrgenommen und anerkannt? Für rassifizierte Studierende ist das akademische Lernen durch rassistische und hegemoniale Machtstrukturen erschwert, etwa durch die Zentrierung von weißen Bedürfnissen, so dass selbst Veranstaltungen mit antirassistischem Fokus oftmals die bestehenden Strukturen verschleiern und aufrechterhalten. Die machtkritische Betrachtung von akademischen Lernräume zeigt auf, dass Rassifizierungsprozesse diese strukturieren und sich auf Studierende auswirken. Ein Fokus des Vortrags liegt auf Veränderungsbedarf und rassismuskritischer Reflexionspotenziale aus der Perspektive von Studierenden. 

Zur Person:

Mariam Malik studierte Soziologie und Anthropologie an der Universität Wien. Schwerpunkte ihrer wissenschaftlichen Beschäftigung sind rassismus- und klassismuskritische Bildung, Intersektionalität und partizipative Zugänge. Während ihres Studiums beschäftigt sie sich mit emanzipatorischen und antidiskriminatorischen Strategien in machtvollen Institutionen. Das Verstehen der Funktionsweisen von Rassismus ist für Betroffene eine Notwendigkeit. Dabei stellt das Projekt @education.for.us einen Versuch dar, die De-Thematisierung von Rassismus an der Hochschule entgegenzuwirken, und die Lernprozesse von Betroffenen zu unterstützen.

Lektüreempfehlung zum Vortrag: Epistemische Gewalt. Wissen und Herrschaft in der kolonialen Moderne (Brunner 2020).

Mariam Malik (Wien)
Organisation: Innsbruck (virtuell)


Do, 07. Dezember 2023
17:30-19:00, HS 4 Innrain

Abstract:

Die Frage der Philosophin Utta Isop aufgreifend, wie Gesellschaften auf Dauer demokratisch sein können, wenn ihre Betriebe und Institutionen nicht demokratisch sind, geht der Vortrag der Frage nach, unter welchen Bedingungen die hehren Ziele, die Universitäten vor sich hertragen, erreicht werden sollen – und (nicht) können. Wie können Studierende dabei unterstützt werden, zu aufgeschlossenen, verantwortungsbewussten, kritikfähigen und reflexionsfreudigen Individuen zu werden, wenn sie ebenso wie Lehrende Macht-, Herrschafts- und Gewaltverhältnissen ausgesetzt sind, die Unterwerfung fordern und fördern? Sapere aude!/Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!, der Wahlspruch der Aufklärung, den Universitäten gerne als ihr Leitmotto nach außen tragen, wird darauf hin befragt, was unter Mut, was unter Verstand und was unter (Be)Dienen verstanden werden kann – und inwiefern uns diese drei Konzepte dabei helfen können, zu einer Veränderung der Verhältnisse beizutragen.

Zur Person:

Dr.in Viktorija Ratković ist Postdoc Assistentin an der Universität Klagenfurt, Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung. Sie forscht und lehrt dort am Zentrum für Friedensforschung und Friedensbildung zu den Schwerpunkten Kritische Migrationsforschung, Friedens- und Konfliktforschung, Friedensbildung, postmigrantische Medien sowie Konvivialität. U.a. als Betriebsrätin für das wissenschaftliche Personal der Universität Klagenfurt beschäftigt sie sich mit prekären (Arbeits-)Verhältnissen sowie Visionen für ein gutes Leben (in der Wissenschaft).

Viktorija Ratković (Klagenfurt)
Organisation: Klagenfurt


Do, 14. Dezember 2023
17:30-19:00, HS 4 Innrain

Abstract:

Sexualisierte Belästigung, Diskriminierung und Gewalt (SBDG) sind Tabuthemen an den meisten Hochschulen. Unter Hochschulmitgliedern gibt es eine Wahrnehmung, die das Problem normalisiert, trivialisiert und sogar legitimiert. Ausgehend von einer quantitativen Befragung von Studierenden zum Vorkommen von SBDG sowie den Ergebnissen einer Analyse des Umgangs mit dem Thema an deutschen Hochschulen werden diese in dem Vortrag in Beziehung zu den Organisationsstrukturen von Hochschulen gesetzt, also deren historisch gewachsene Hierarchien und androzentrische Strukturen sowie deren Reformulierung in der neoliberalen Universität.

Zur Person:

Dr. Heike Pantelmann ist Geschäftsführerin des Margherita-von-Brentano-Zentrums für Geschlechterforschung an der Freien Universität Berlin. Sie ist promovierte Betriebswirtin. Ihre Forschungsinteressen liegen in den Bereichen: Sexualisierte Belästigung, Diskriminierung und Gewalt im Hochschulkontext; Geschlechterordnung, Macht und Kontrolle in Organisationen. Weitere Arbeitsschwerpunkte sind Gender und Diversity in der Lehre sowie Internationalisierung der Geschlechterforschung

Heike Pantelmann (Berlin)
Organisation: Innsbruck


Do, 11. Januar 2024
17:30-19:00, HS 4 Innrain

Abstract:

Universitäten sind mehr als Einrichtungen für höhere Bildung und wissenschaftliche Forschung. Gesellschaftspolitisch gesehen tragen sie Verantwortung für Modernisierungsprozesse, auch und besonders im Sinne der Förderung von sozialer Gerechtigkeit und sozialinklusiven Strukturen. Die jüngsten Hochschulreformen haben die hierarchische Selbststeuerungsfähigkeit erweitert und den Universitätsleitungen mehr Gestaltungsmacht verliehen. Dennoch kommt Gleichstellungspolitik nur schleppend voran, reichen Anti-Diskriminierungsmaßnahmen nicht aus, um Universitäten nachhaltig sozial und kulturell zu öffnen. Gründe dafür sind neben den etablierten Machtstrukturen die im Rahmen wissenschaftspolitischer und hochschulreformerischer Anstrengungen vorangetriebenen Entwicklungen – beginnend bei der sogenannten Exzellenzpolitik und Wettbewerbsorientierung der Universitäten, bis hin zur Deregulierung von Beschäftigung. Beide Entwicklungen tragen zu einer Zuspitzung des Kampfs um gute Arbeit und berufliche Zukunftsperspektiven an Universitäten bei. Hierbei sind wieder jene Gruppen im Nachteil, die seit jeher deutlich unterrepräsentiert unter Universitätsangehörigen waren, sei es auf der Ebene der Studierenden oder auf der Ebene des nicht prekär beschäftigten akademischen Personals. 

Der Beitrag zur Ringvorlesung stellt das Buch mit gleichnamigem Titel vor, das ich gemeinsam mit Sabine Hark beim Passagen Verlag publizierte (erscheint September 2023). Ein Schwerpunkt im Vortrag werden ungleiche Karrierechancen in der Wissenschaft sein

Zur Person:

Johanna Hofbauer forscht und lehrt als außerordentliche Universitätsprofessorin am Institut für Soziologie und empirische Sozialforschung der Wirtschaftsuniversität Wien. Daneben ist sie Mitglied des Forschungsinstituts Economics of Inequality der WU (INEQ). Sie arbeitet zum Strukturwandel von Arbeit und Ungleichheit. Ein weiterer Schwerpunkt sind Klima- und Geschlechtergerechtigkeit.

Johanna Hofbauer (Wien)
Organisation: Klagenfurt


Do, 18. Januar 2024
17:30-19:00, HS 4 Innrain

Podium:
Rechtlicher Rahmen und Handlungsmöglichkeiten - Rechte und -Grenzen, Anlaufstellen und Handlungsmaßnahmen

es diskutieren: Nikolaus Benke (Wien), Maria Mucke (Klagenfurt), Adi Sandbichler (Innsbruck), Rebecca Sternberg (ehem. Referat für feministische Politik der Bundes-ÖH )

Moderation: Juliana Krohn (Innsbruck)


Do, 25. Januar 2024
17:30-19:00, HS 4 Innrain

Zusammenfassung und Ausblick (keine öffentliche Veranstaltung)
offene Sitzung mit den Studierenden
Organisation: jeder Standort separat


01. Februar 2024
17:30-19:00, HS 4 Innrain


Mit Fragen zur Vorlesung wenden Sie sich bitte an gender-studies@uibk.ac.at (Studienkoordination MA GKSW)

Organisationsteam:
Juliana Krohn (Innsbruck), Gundula Ludwig (Innsbruck), Maria Mucke (Klagenfurt), Heidi Siller (Klagenfurt), Agnes Stephenson (Linz)

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