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Ellen Mayr-Vons (Autistenhilfe Tirol), Susanne Windisch (Autistenhilfe Tirol), Prof. Ludger Tebartz van Elst (Universitätsklinik Freiburg) und Prof. Jörg Striessnig (Universität Innsbruck, Institut für Pharmazie).

Ist Autismus eine Krankheit?

Oder handelt es sich lediglich um eine starke Abweichung vom Durchschnitt, so wie extreme Körpergröße? Diese Fragen beschäftigen nicht nur den Psychiater Prof. Ludger Tebartz van Elst aus Freiburg, sondern auch ein wissbegieriges Publikum, das am 18.10. seinen öffentlichen Vortrag am CCB in großer Zahl besuchte. Eingeladen hatte der neurowissenschaftliche Spezialforschungsbereich f44.

Der Autismus-Experte Tebartz van Elst beschäftigt sich in seiner klinischen und wissenschaftlichen Arbeit mit hochfunktionalen Autisten (Asperger-Syndrom). Diese Menschen haben keine Einschränkungen in der Intelligenz, sind häufig sogar überdurchschnittlich intelligent, aber "irgendwie anders" als der Durchschnitt. Die Kernsymptome machte Tebartz van Elst mit vielen berührenden Fallbeispielen, mit Spielfilmausschnitten und Videos von Patienten deutlich.

„Niemand konnte mir erklären, was mit mir nicht stimmt!“

Autisten empfinden ein starkes Bedürfnis nach Routinen und haben oft eine überempfindliche Wahrnehmung von Licht, Lärm oder Berührungen. Sie verstehen keine bildhafte Sprache, können Mimik und Gestik nicht deuten und es fällt ihnen schwer die Absichten der Menschen zu erkennen. Dadurch verhalten sie sich aus Sicht der anderen häufig unangemessen, die ständigen Missverständnisse führen zu Ausgrenzung und Isolation. „Ich war immer derjenige, mit dem irgendwas los ist. Aber nie konnte mir jemand erklären, was mit mir nicht stimmt!“ – dieses Zitat aus dem Spielfilm „BenX“ ist ein Schlüsselsatz, in dem die Verzweiflung vieler Autisten zum Ausdruck kommt, so Tebartz van Elst.

Selten gibt es eine klare Ursache

Autisten sind also anders. Aber sind sie krank? Für Tebartz van Elst, der nicht nur Mediziner, sondern auch Philosoph ist, trifft der Krankheitsbegriff nur dann zu, wenn eine klare Ursache auszumachen ist, wie beispielsweise eine Hirnhautentzündung, oder wenn Autismus aufgrund eines Fehlers in einem bestimmten oder sehr weniger Gene auftritt.

Wer zieht eigentlich die Grenze zwischen normal und nicht normal?

In den allermeisten Fällen aber ist der hochfunktionelle Autismus nach Tebartz van Elst als ein Eigenschaftscluster anzusehen, der im Randbereich der statistischen Verteilungskurve liegt. Wo genau die Grenze zwischen normal und nicht normal liegt, dafür gibt es aus seiner Sicht kein objektives Kriterium. Tebartz van Elst zieht hier als Beispiel die Körpergröße heran. Niemand käme auf die Idee, extrem erfolgreiche Basketballspieler aufgrund ihrer Körpergröße als krank einzustufen. Sie sind einfach nur deutlich größer als die Mehrheit. So ist nach Tebartz van Elst in vielen Fällen auch das autistische Spektrum zu verstehen. Dabei darf allerdings das Leid vieler Autisten, das ihr Anderssein mit sich bringt, keineswegs verharmlost werden.

Frühe Diagnose, Verständnis und Therapie helfen

Wie man autistischen Menschen mit einer frühen Diagnose, Verständnis, Aufklärung der Bezugspersonen, aber auch mit gezielter Therapie sehr gut helfen kann, darum drehte sich die ausführliche Diskussion. Der Hörsaal war bis auf den letzten Platz ausgefüllt, und viele Studierende, Betroffene, Angehörige, Therapeuten, Pädagogen und Psychologen nutzten die Gelegenheit ihre Fragen an den Autismus-Experten aus Freiburg loszuwerden.
Die Veranstaltung fand im Rahmen des vom FWF geförderten Spezialforschungsbereichs f44 statt. Auch die Autistenhilfe Tirol und die Einrichtung „aurea“ zur Förderung junger Menschen mit Autismus waren beteiligt. Eingeladen hatte die Abteilung für Pharmakologie und Toxikologie der Universität Innsbruck unter Leitung von Prof. Jörg Striessnig, dessen Arbeitsgruppe unter anderem an genetischen Ursachen für bestimmte Formen von Autismus forscht.

Weitere Vortragsveranstaltung des SFB f44 zu Depression

Am 18. November findet eine weitere öffentlicher Vortrags- und Diskussionsveranstaltung statt zum Thema „Stress, Burnout, Depression: Wo endet Gesundheit und wo beginnt Krankheit?“, Prof. Lukas Pezawas von der Medizinischen Universität Wien.

 

(Carola Hanisch)

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