Maikäfer
Maikäfer und besonders ihre Engerlinge machen der Landwirtschaft oft schwer zu schaffen. (Bild: pixabay/mkoziol)

Natürlicher Maikäfer­feind

Regelmäßig lässt sich der Flug des Maikäfers landesweit und in ganz Europa beobachten. Schädlich sind vor allem die noch im Boden lebenden Engerlinge und nicht so sehr der ausgewachsene Käfer selbst. Hermann Strasser vom Institut für Mikrobiologie hat ein biologisches Pflanzenschutzmittel zur Bekämpfung der Engerlinge entwickelt.

Der Europäische Maikäfer, in der Fachsprache als Melolontha melolontha genannt, zählt hierzulande zu den häufigsten Schädlingen im Grünland, in Obst- und Ackerkulturen sowie in Forst- und Waldgebieten. Als Insekt fressen die Engerlinge alle Pflanzenarten und bevorzugen besonders die Pflanzenwurzeln im Boden. Dieses Fressverhalten verursacht große landwirtschaftliche Schäden, ein Problem, das schon früh erkannt wurde. Kaiserin Maria-Theresia beauftragte bereits mit der Einführung der Schulpflicht die Lehrerinnen und Lehrer der Ortschaften im k. u. k. Österreich mit der Berichterstattung über den beobachteten Flug der Maikäfer. War diese Praktik noch bis vor kurzem gültig, kann jetzt jeder Beobachtende die Maikäferflüge online der Österreichischen Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) melden. Begleitend zu den frühen Aufzeichnungen über die Aktivität der Maikäfer werden auch wissenschaftliche Untersuchungen bereits seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts durchgeführt. „Um dem Schädling entgegenzuwirken, arbeiten wir schon lange an der Entwicklung eines biologischen Pflanzenschutzmittels, das großflächig auf die Felder ausgebracht werden kann“, so Hermann Strasser, Spezialist für Mykologie am Institut für Mikrobiologie, der schon seit mehr als 20 Jahren den Käfer und seine möglichen Gegenspieler untersucht. Als sicher gilt, dass in Tirol vermehrt Massenflüge und Schadensgebiete gemeldet werden, besonders in jenen Regionen, wo noch keine nachhaltige Maikäferbekämpfung durchgeführt wurde. Auch das Land Tirol hat das öffentliche Interesse an diesem Problem wahrgenommen und fördert die nachhaltige Bekämpfung des Maikäfers. „Seit dem Jahr 2015 wird ein Aktionsplan zur Bekämpfung des Maikäfers in Tirol umgesetzt. Dieser wurde in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftskammer Tirol, dem Institut für Mikrobiologie und der Gruppe Agrar Land Tirol ausgearbeitet. Heuer wurden etwa 750 Hektar im ganzen Land mit unserem Produkt behandelt“, erklärt der Wissenschaftler. Das kontrollierte Eingreifen in die Natur und die Arbeit mit Pflanzenschutzmaßnahmen mache die Auseinandersetzung mit dem Wirt, also dem Schädling, ebenso wie mit dem Pathogen selbst unumgänglich. Nur mit diesem umfangreichen Wissen könne man gegen eine Übervermehrung des Maikäfers gezielt arbeiten, ohne den Naturhaushalt zu stören oder zu schädigen.

Natürlicher Gegenspieler

Der Mykologe hat in langjähriger Forschung ein natürliches Mittel zur Bekämpfung der Maikäfer-Engerlinge gefunden, verbessert und für die praktische Nutzung adaptiert. Beauveria brongniartii, ein Vertreter der Schimmelpilze, kann es mit den Engerlingen im Boden aufnehmen, indem er sie infiziert und tötet. Dabei ist der Pilz sehr wählerisch und keine Gefahr für andere Lebewesen im Boden. Im Gegenteil, er macht sich andere Tiere wie beispielsweise den Regenwurm zur Verbreitung seiner Sporen zu nutze, ohne ihm selbst jedoch Schaden zuzufügen. „Dieser Pilz hat die Eigenschaft, tatsächlich nur den Maikäfer als Wirt zu infizieren und kann deswegen mit ruhigem Gewissen auf den Feldern ausgebracht werden, ohne anderen Tieren zu schaden. Wie so häufig, können wir Wissenschaftler viel von der Natur lernen. Natürlich verpilzte Engerlinge wurden im Boden gefunden. Diese haben wir gesammelt und im Labor weiter untersucht. Als Reinkultur konnten wir den Pilz isolieren und mit entsprechenden Biotests die für die Maikäfer tödliche Wirksamkeit bestätigen“, erklärt Strasser. Aus der Fülle von Isolaten wählten Strasser und sein Team den aggressivsten Stamm, der in der Lage ist, am schnellsten und mit der geringsten Anzahl an Sporen die Engerlinge abzutöten. „Der Pilz kann natürlich nicht einfach so in dieser konzentrierten Form am Feld verteilt werden. Meine Aufgabe war es unter anderem, eine Applikationstrategie zu entwickeln, mit der die Ausbringung technisch und praktisch möglich wird“, so der Mykologe. Nach mehreren Versuchen stellte sich die Anzüchtung des Pilzes auf steriler Gerste als besonders vorteilhaft heraus. Die Melocont®-Pilzgerste kann von den Landwirten mit einer sogenannten Säschlitzmaschine oder Bodenfräse relativ einfach in den Boden eingebracht werden. Zahlreiche Anwendungen bestätigen bereits den Erfolg des Produkts.

Brachial

Hermann Strasser erklärt, dass die Engerlinge im Boden drei Stadien durchlaufen. Vom Ei zur Larve und später zur Puppe, entwickelt er sich zum geschlechtsreifen Käfer: „Wir wissen, dass dieser Entwicklungszyklus zwischen drei bis vier Jahre dauert, bevor der Käfer für die Menschen sichtbar wird. Beobachtungen in Tirol zeigen aber, dass diese Zyklen im Wandel sind und kürzere Entwicklungszeiten möglich werden.“ Im ersten Ei- und später im dritten Puppenstadium ist der Maikäfer nicht mobil und verharrt an seinem Platz. Nur als Larve (Engerling) bewegt er sich auf der Suche nach Nahrung durch die Erdschichten auf und ab. „Wir beobachten weniger eine horizontale, als eine vertikale Bewegungsrichtung der Engerlinge. Dieses Wissen über ihre Mobilität müssen wir nützen, um den richtigen Zeitpunkt der Ausbringung der Pilzgerste besonders in den Ackerboden abzuwarten. Nur in der aktiven, beweglichen Phase besteht die Chance, dass der Engerling auch tatsächlich mit den Pilzsporen in Berührung kommt und in weiterer Folge infiziert wird“, erklärt der Mykologe. Ist der erste Kontakt erfolgt, dann geht der weitere Verlauf sehr schnell. „Erkennt die Spore den Maikäfer-Engerling als passenden Wirt, muss diese rasch keimen. Sie bildet eine sogenannte Penetrationshyphe mit der die Aktivierung einer ganzen Enzymkaskade initiiert wird. Die Oberhaut des Insektes wird chemisch soweit irritiert, dass sich die Zelle mit mechanischer Kraft in den Wirtsleib hineinschieben kann. Dies ist ein sehr kraftvoller Akt bei dem die Zelle einen Druck von bis zu 80 Bar erzeugt, um den Wirt endgültig zu infizieren“, erklärt Strasser den Vorgang, wobei er vergleicht, dass eine normale Wasserleitung mit einem Wasserdruck von drei bis vier Bar betrieben wird. Hermann Strasser und sein Team konnten die Wirksamkeit des Pilzes nach mehrmaligem Ausbringen der Melocont®-Pilzgerste sowie seine Sicherheit für Mensch und Umwelt erfolgreich nachweisen. Weitere Projekte zur Bekämpfung von Bodenschädlingen, unter anderem des Maiswurzelbohrers sind bereits in Arbeit.

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