Der Klimawandel bringt schneearme und verkürzte Winter mit sich. Mit viel Engagement konnten die Skigebiete bisher drohende Rückgänge bei den Gästezahlen vermeiden oder zumindest abmildern. Eine gute Kenntnis der Bedürfnisse von Gästen ist dabei entscheidend. Aus diesem Grund hat ein Forscherteam der Universität Innsbruck im vergangenen Winter in 55 österreichischen Skigebieten eine breit angelegte Gästebefragung durchgeführt. „Unser Ziel war, die Reaktionen der Gäste in schneearmen Saisonperioden zu ergründen, wichtige Faktoren bei der Destinationswahl zu identifizieren und Akzeptanzgrenzen hinsichtlich Schnee- und Pistenangebot zu ermitteln“, sagt Dr. Robert Steiger vom Institut für Geographie und dem Institut für Finanzwissenschaft der Universität Innsbruck. Vor Ort und mittels Onlinebefragung wurden die Präferenzen der Skifahrerinnen und Skifahrer erhoben. Die rund 3.700 Studienteilnehmer konnten außerdem aus einer Palette von Destinationsangeboten ein ihnen am besten entsprechendes Produkt auswählen. Diese Produkte unterschieden sich hinsichtlich der Größe des Skigebiets, des Preises, der Schneelage bzw. Schneesicherheit, der Anfahrtszeit vom Heimatort, der Anzahl der Personen im Skigebiet und den Erfahrungen mit der Schneelage. „Für Anfänger und Familien spielt es zum Beispiel eine große Rolle, ob eine Abfahrt bis ins Tal möglich ist“, berichtet Robert Steiger. „Der anspruchsvolle Experte hingegen legt am meisten Wert auf die Schneelage.“
Sehr unterschiedliche Präferenzen
Die umfangreichen Daten der Befragung bildeten die Grundlage für die Einteilung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Gruppen, denen die Forscher schließlich unterschiedliche Gästetypen zuordneten. Die Präferenzen der verschiedenen Typen sind demnach sehr unterschiedlich. Bei den Tagesgästen kann zwischen den „preissensiblen Anfängern“ und den „angebotsorientierten Kilometerfresser“ unterschieden werden. Die einen bevorzugen kleine, die anderen überdurchschnittlich oft große Skigebiete. Der „zeitsensible Enthusiast“ hingegen erwartet eine gute Erreichbarkeit. Klare Präferenzen sowohl bei den Tagesgästen als auch den Urlaubsgästen hat auch der „anspruchsvolle Experte“. Er orientiert sich bei der Auswahl eines Skigebietes an der natürlichen Schneelage bzw. Schneesicherheit. Bei den Urlaubsgästen gibt es „preissensible Genießer“ und ebenfalls die „angebotsorientierten Kilometerfresser“. Erstere legen auf das Preis-Leistungsverhältnis und die Landschaft großen Wert, zweitere vor allem auf die Größe des Skigebietes und das Pistenangebot. Für den „enthusiastischen Anfänger und alten Hasen“ spielen frühere Erfahrungen mit der Schneelage in einer Urlaubsdestination eine besonders große Rolle.
Chancen für die Kleinen
„Unsere Daten zeigen, dass auch kleinere Skigebiete das Potenzial haben, bei den Gästen zu punkten, allerdings nur, wenn sie sich auf entsprechende Zielgruppen spezialisieren und ein hochwertiges Angebot schaffen“, fasst Tourismusforscher Steiger ein Ergebnis der Studie zusammen. Die von seinem Team entwickelten Gästetypen können dafür einen Anhaltspunkt bieten. Kleinere, stadtnahe gelegene Skigebiete könnten den „zeitsensiblen Enthusiasten“ als Tagesgast ansprechen. Dieser ist mittleren Alters mit höherem Einkommen und ein eher fortgeschrittener Skifahrer oder Experte. Große Skigebiete können mit einer guten Beschneiung der Pisten den „angebotsorientierten Kilometerfresser“ ansprechen, Naturschnee ist diesem Gast wenig wichtig. „Die Erfahrung mit den Pistenverhältnissen spielt aber eine große Rolle, d.h. vor allem Tagesgäste reagieren sensibel auf schlechte Erfahrungen in der Vergangenheit“, sagt Robert Steiger. Die „anspruchsvollen Experten“ können von mittelgroßen Skigebieten angesprochen werden, die sowohl über eine gute Beschneiung verfügen, aber auch eine Naturschneekulisse anbieten können. „Dieser Gast ist einkommensstark und mittleren Alters“, erläutert der Tourismusforscher.
Robert Steiger und sein Team sind Mitglieder im neu gegründeten Forschungszentrum Tourismus und Freizeit an der Universität Innsbruck, ihre Studie wurde vom österreichischen Klima- und Energiefonds finanziell gefördert.