Christian Tapp
Christian Tapp ist seit Oktober 2015 Professor am Institut für Christliche Philosophie.

Vorgestellt: Zwischen Mathematik und Religion

Der Philosoph Christian Tapp lehrt und forscht seit Oktober 2015 am Institut für Christliche Philosophie, an dem er eine Stiftungsprofessur der Gedächtnisstiftung Peter Kaiser (1793 – 1864) inne hat. Als Mathematiker, Philosoph und Theologe gelingt ihm ein Brückenschlag zwischen Extremen.

Von den Naturwissenschaften bis hin zur Theologie – das Forschungsfeld von Christian Tapp deckt ein sehr breites Spektrum der Philosophie ab: „Würde man die Bandbreite auf einer Linie betrachten, dann wären ganz links jene Themen, die näher zu den Naturwissenschaften sind wie etwa Wissenschaftstheorie, Logik oder die Philosophie der Mathematik. Auf der anderen Seite, ganz rechts, würden sich Themen in Richtung Religion und Weltanschauung befinden.“ Christian Tapp hat als einer der wenigen Vertreterinnen und Vertreter seines Faches in beiden Bereichen gearbeitet und versucht seine Studien der Mathematik, Philosophie und Theologie miteinander zu verbinden.

Der Zufall Leben

In einem seiner aktuellen Projekte beschäftigt sich Tapp mit sogenannten Feintuning-Argumenten. Dabei stellt er sich die Frage nach dem zufälligen Ursprung des Lebens. „Gemeinsam mit meinem Mitarbeiter Christian Weidemann begeben wir uns in das Feld der physikalischen Kosmologie. Man hat festgestellt, dass die Naturkonstanten und die Anfangsbedingungen unseres Universums nur in einem sehr kleinen Intervall liegen durften, damit überhaupt Leben entstehen konnte. Wären diese Werte außerhalb des Intervalls gelegen, dann hätte es kein Leben geben können“, so der Wissenschaftler der erklärt, dass es zur Erklärung dieses Zufalls zwei große Konzepte in der Philosophie gibt. Eine mögliche Erklärung ist die Existenz mehrerer Universen in denen Werte dieser Naturkonstanten realisiert wurden. Wenn dies der Fall ist, dann ist es auch kein Zufall, dass wir in einem Universum leben, in dem der passende Wert zu Leben geführt hat. Als zweites mögliches Konzept erklärt Tapp die Design-Hypothesen die von der Existenz eines außerweltlichen oder überweltlichen, göttlichen Wesen ausgehen, das diese Werte so eingerichtet hat, weil es Leben erschaffen wollte. „Zwischen den Menschen, den Theisten und den Atheisten gehen hier die Meinungen sehr weit auseinander“, so der Philosoph. Ein systematischer Überblick und eine Darstellung der Argumente seien im deutschsprachigen Raum bisher noch nicht vorhanden. Tapp sieht hier die Notwendigkeit, die Design-Hypothesen sowie die Multiversum-Hypothese ausgewogen zu beleuchten und am Schluss ein mögliches Urteil anzubieten.

Allmacht und Allgüte

In einem weiteren Projekt setzt sich Christian Tapp mit einem Menschen auseinander, der zu Lebzeiten ein ähnlich umfassendes Themenfeld bearbeitet hat. Bernard Bolzano lebte im frühen 19. Jahrhundert, war ein berühmter Mathematiker, bedeutender Philosoph und katholischer Priester. Nach Bolzano ist auch der in Fachkreisen bekannte mathematische Satz nach Bolzano-Weierstraß benannt. „Das Leben des an der Universität in Prag Lehrenden hat mich fasziniert. Der Wissenschaftler und Priester ist zwar ein bekannter Mathematiker, doch in der Philosophie ist er noch zu wenig bekannt. Dabei hat Bolzano mehrere bedeutende Werke geschrieben – wie beispielsweise die Wissenschaftslehre und die Religionswissenschaft“, erklärt Tapp. „Die theistische Gottesvorstellung eines allmächtigen, allgütigen und allwissenden Wesens, das unsere Welt erschaffen hat, ist für viele Kritiker in sich widersprüchlich“, so Tapp. Der klassische Konflikt werde immer wieder auf die Auseinandersetzung zurückgeführt, dass ein allmächtiges Wesen in der Lage ist, Menschen Grausames anzutun. Gleichzeitig dürfte aber ein allgütiges Wesen das gar nicht können. „Ein Gott muss etwas können, von dem die Allgüte sagt, dass er das gar nicht darf. In meiner Auseinandersetzung versuche ich beide Begriffe besser zu verstehen und einen Weg zu finden, in dem sie doch zusammenpassen können.“ Bolzano hat dazu bereits einen Vorschlag gemacht. Dieses Werk, die Religionswissenschaft, sei bisher nur in einer sehr kostspieligen kritischen Fassung erwerbbar, wodurch es auch nur noch selten rezipiert wird. Tapp ist es daran gelegen, eine günstigere Studienfassung zu edieren. „Das Werk von Bolzano orientiert sich sehr stark an rationalen Vorstellungen. Er erzählt keine Geschichten über Gott und die Religion, sondern versucht alle einzelnen Punkte zu begründen und Argumente zu liefern“, erläutert der Wissenschaftler.

Rationaler Zugang

Ähnlich wie Bernard Bolzano ist auch das Denken von Christian Tapp durch seine naturwissenschaftliche Ausbildung beeinflusst und prägt seinen Zugang zur Philosophie. „Ich habe eine klare Anforderung an die Rationalität. Ich möchte keine Geschichten erzählen, sondern die Dinge sollten nachprüfbar, argumentierbar, verständlich und klar sein“, so der Philosoph. Als Mathematiker hat Tapp vor allem auch das Denken in Theorien beeinflusst: „Man hat eine zusammenhängende Menge von Sätzen aus denen sich Annahmen, Prämissen oder Axiome ableiten lassen. Mein Anspruch auch als Philosoph ist es, dass philosophische Theorien möglichst widerspruchsfrei, verständlich und ökonomisch strukturiert sind. Zudem soll es eine überschaubare Anzahl an Annahmen und logische Zusammenhänge geben.“

Den Ruf nach Innsbruck hat Christian Tapp mit Freude angenommen, ist das Institut der Christlichen Philosophie in seinen Augen europaweit das größte und beste seiner Art. „Außerdem arbeiten hier ausgezeichnete Kolleginnen und Kollegen, die auf ganz verschiedenen philosophischen Bereichen tätig sind wie etwa der Metaphysik, der Wissenschaftstheorie, Philosophie des Geistes, Erkenntnistheorie oder auch der Ethik. Das ist ein außerordentliches Paket, das man nirgends sonst so leicht finden kann“, so Tapp, der betont, dass er sich darauf freut, hier selber noch von seinen Kolleginnen und Kollegen lernen zu dürfen.

Zur Person

Christian Tapp forscht hauptsächlich im Bereich der Theoretischen Philosophie. Nachdem zunächst v.a. Logik, Wissenschaftstheorie und Sprachphilosophie im Zentrum seiner Forschungstätigkeit standen, hat er sich in den letzten Jahren schwerpunktmäßig der Religionsphilosophie und v.a. der Frage nach dem Verhältnis von Glaube und Vernunft zugewandt. Historische Schwerpunkte hat er in der Philosophie des Mittelalters (besonders Anselm von Canterbury und Thomas von Aquin) und im 19. Jahrhundert (besonders Georg Cantor, David Hilbert und Bernard Bolzano). Er ist der Autor von "Der allwissende Interpret Donald Davidsons" (Münster 2004), "Kardinalität und Kardinäle" (Stuttgart 2005) und "An den Grenzen des Endlichen" (Heidelberg 2013). Von ihm wurden u.a. herausgegeben "God, Eternity, and Time" (Farnham 2011, mit E. Runggaldier), "Bernard Bolzano: Paradoxien des Unendlichen" (Hamburg 2013), "Theologie und Naturwissenschaften" (Berlin 2014, mit Ch. Breitsameter).

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