Der Arbeitsbereich (AB) Holzbau an der Universität Innsbruck hat sich als Forschungsziel gesetzt, neue Technologien und Systeme zu entwickeln, um die ökologische und thermische Sanierung mittels integrierter und vorgefertigter Fassadensysteme in Holzbauweise für die Praxis noch interessanter zu gestalten. Die Fassadenelemente mit integrierter Dämmung, Fenstern, Haustechnik, solaren Modulen und vielem mehr werden im Werk vorgefertigt und innerhalb von nur wenigen Tagen ohne Gerüst mit einem speziell dafür entwickelten Verbindungssystem an das Bestandsgebäude montiert. Durch die Vorfertigung des Systems kann höchste Präzision gewährleistet werden. Diese Sanierungsvariante bietet sich besonders für mehrgeschossige Bestandsgebäude (Wohnbauten, Schulen, etc.) an, die eine regelmäßige und sich wiederholende Geometrie aufweisen und bei denen eine kurze Sanierungsdauer (Schulferien, Nebensaison im Tourismus etc.) gewünscht bzw. vonnöten ist.
Für diesen Zweck wurden am AB Holzbau neue konstruktive Details entwickelt: Ein Fugendetail, das es erlaubt, die holistisch, inklusive Putz, vorgefertigten Elemente ohne zusätzlichen Aufwand auf der Baustelle wie im Baukastensystem zusammenzusetzen und einen speziell für diesen Einsatz entwickelten E.T.-Fassadensystemverbinder, der die schnelle und unkomplizierte Montage ermöglicht. Der Verbinder ist in der Lage, sowohl Vertikal- als auch Horizontallasten an die Unterkonstruktion zu übertragen und Toleranzen in alle drei Richtungen auszugleichen.
„Im Spannungsfeld zwischen leistbarem Wohnen und dem Einsatz neuer, meist teurerer Materialien und Technologien kommt der Wohnbauforschung große Bedeutung zu. Diese wird daher vom Land Tirol finanziell unterstützt. Es ist erfreulich, dass quasi vor Ort herzeigbare Forschungsergebnisse erzielt werden. Das entwickelte Fassadensystem, das nunmehr ohne gebäudebezogenes brandschutztechnisches Gutachten eingesetzt werden kann, soll am Markt verstärkt zum Einsatz kommen. Damit kann es gelingen, zukünftig eine kostengünstige und ökologische Variante zu bestehenden Produkten zur Verfügung zu stellen“, freut sich Wohnbaulandesrat Mag. Johannes Tratter über die nun vorliegende und in der Praxis bereits erprobte Alternative.
Das Brandverhalten des Fassadensystems wurde untersucht und als Gesamtsystem in B-d0 klassifiziert. Durch einen Großbrandversuch konnten zudem die geforderten Schutzziele nach OIB Richtlinie 2 bestätigt werden. „Somit ist es nun möglich, Objekte der Gebäudeklasse 4 und 5 mit mehr als sechs Vollgeschossen bis zu einem Fluchtniveau von 22 m mit diesem ökologischen und vorgefertigten Fassadensystem zu sanieren“, sieht der Geschäftsführer der Neuen Heimat Tirol, Dir. Hannes Gschwentner, neue Chancen.
In Abstimmung mit dem Institut für Brandschutztechnik und Sicherheitsforschung (IBS) wurde der Aufbau des Fassadensystems so gewählt, dass möglichst variable Dämmstärken und Bauprodukte verschiedenster Hersteller verwendet werden können. Diese Zertifizierung ermöglicht einen sehr breiten, nicht von einzelnen Produkten abhängigen Einsatz der vorgefertigten Fassadenelemente. „Die Praxistauglichkeit des vorgefertigten Fassadensystems inklusive E.T.-Fassadensystemverbinder konnte bereits in der Praxis nachgewiesen werden“, sagt assoz. Prof. DI Dr. techn. Anton Kraler vom AB Holzbau an der Universität Innsbruck mit Stolz.
Die Untersuchungen zum Brandschutz wurden vom Land Tirol, der Neuen Heimat Tirol und proHolz Tirol finanziell unterstützt. „Der Einsatz dieses geprüften und klassifizierten Fassadensystems ist somit über die Grenzen Tirols hinaus möglich und wird für eine ökologische Fassadensanierung von großem Nutzen sein“, so proHolz Tirol-Vorsitzender Karl Schafferer.