Gemeinsames Werkstück
Digitalisierung und Vernetzung im Sinne von Industrie 4.0 halten Einzug in die Baubranche.

Vernetzter Holzbau

Mit der Zunahme an computergesteuerten Prozessen am Bau wird sich auch die Arbeitsweise der an einem Bauprojekt Beteiligten verändern. Die zunehmende Vernetzung zwischen Planung und Fertigung erfordert eine verbesserte Kommunikation und einen abgestimmten Datenaustausch. Gezielte Schulungen sollen Firmen und ihre MitarbeiterInnen auf neue Arbeits- und Fertigungsmethoden vorbereiten.

Das integrale Planen im Holzbau zu fördern, ist das wesentliche Ziel das Michael Flach, Leiter des Arbeitsbereichs Holzbau, gemeinsam mit Projektmanagerin Astrid Metzler und einem großen Team von Vortragenden in den Schulungen verfolgt. „Die Holzbauspezialisten, die zu uns kommen, brauchen keine Fortbildung im klassischen Sinn, da sie fachlich bereits sehr erfahren sind. Wir bieten ihnen aber eine Plattform, wo sie sich vernetzen und austauschen können, um die jeweilige Sicht der anderen Arbeitenden auf der Baustelle besser zu verstehen“, so Astrid Metzler. Gerade in der Planungsphase soll das interdisziplinäre Arbeiten am dreidimensionalen Modell in allen Arbeitsschritten angestrebt werden. Die Vernetzung betrifft aber auch den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis im Rahmen von Schulungen, die an der Uni Innsbruck angeboten werden. „Es ist einmalig, dass sich ein Netz gefunden hat, wo vom Architekten bis zur ausführenden Firma alle in einem Raum sitzen und sich jeder die Sicht aller Beteiligten anhören kann“, bringt ein Teilnehmer der Hasslacher Holding GmbH zum Ausdruck.

Kommunikation

Die Implementierung von Building Information Modelling (BIM) in Planungs- und Bauprozessen prägt derzeit die Diskussionen in der Baubranche maßgeblich. „Der große Traum ist, dass alle am Bauprojekt Mitwirkenden an einem Modell mit den gleichen Informationen arbeiten. Ziel ist, dass die Werkplanung, die im Holzbau bereits seit 30 Jahren in 3D erstellt wird, in Zukunft auch die Leitungsführung der Installateure und Elektriker enthält und mit der Statik direkt abgestimmt werden kann. Idealerweise kommen die mit dem Bauherrn und baurechtlich abgestimmten Volumen und Informationen bereits vom Architekten. Das Modell betrifft daher alle Gewerke und dient als Kommunikationsplattform, denn der Datenaustausch wird immer wichtiger“, betont die Bauexpertin. Auch Rückfragen durch andere Gewerke werden über Besprechung eines einzelnen Modells vereinfacht. „Bei einem Fensterbruch soll es im besten Fall möglich sein, einen Strichcode am Fensterrahmen zu scannen und sofort alle relevanten Informationen wie Firma, das Modell, Maße, Preis und Bestellfristen sowie eine Telefonnummer zu bekommen“, erklärt Metzler das langfristige Ziel von BIM. In einem Vortrags-Modul wird den Teilnehmenden das theoretische Wissen dazu vermittelt. Weiters wird ein Experte im Rahmen eines Transferprojektes die Situation in ausgewählten Unternehmen analysieren und gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das BIM-Potential erheben sowie Maßnahmen zur weiteren Implementierung erarbeiten. „Das Gelernte wird so zum Tagesgeschäft passend direkt in der täglichen Praxis umgesetzt“, unterstreicht ein Mitarbeiter von Holzbau Saurer. Mit der zunehmenden Digitalisierung und den Entwicklungen im BIM-Bereich stehen die Ausführenden auch vor dem Problem, geeignete Software auszusuchen und zu kaufen. Die im Bauwesen verwendeten Programme haben häufig noch Probleme an den Schnittstellen hin zu anderen Betrieben und Gewerken. „Deswegen sind wir auch in den Kursen im Rahmen des Qualifizierungsnetzes bemüht, die Software-Hersteller mit ins Boot zu holen und mit ihnen gemeinsam an möglichen Lösungen zu arbeiten“, betont die Projektmanagerin. Die Mischung aus Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Gewerken und Firmen macht den Austausch mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern besonders spannend. Der Fokus des Teams liegt nicht auf der Präsentation von fertigen Lösungsansätzen, sondern in der Entwicklung von neuen Denkanstößen, die in einer regen Diskussion weitergedacht und umgesetzt werden. „Wir unterliegen einem ständigen Wandlungsprozess“, so Holzbau-Experte Michael Flach.

Weiterbildung

Im Rahmen eines von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) geförderten Qualifizierungsnetzes werden Expertinnen und Experten aus der Wirtschaft gezielt unter dem Titel „computergestützte Planung und Fertigung systematisierter Bauweisen aus Holz“ (kurz ComSysBau) geschult. „Die Teilnehmenden aus 25 Firmen suchen sich selbst die Module aus, in denen sie sich weiterbilden möchten“, erklärt Flach. Bei ComSysBau geht es darum, die Firmen mit entsprechender Logistik und Computerunterstützung darauf vorzubereiten, in Zukunft mehrgeschossige beziehungsweise großvolumige Holzbauten zu erstellen. Der Klimaschutz und eine entsprechende nachhaltige Stadtentwicklung verlangen nach einer Baukultur, in der Holz zunehmend in verdichteter urbaner Bauweise eingesetzt wird. Das Qualifizierungsnetz bietet allen Beteiligten die Möglichkeit, Impulse zu setzen und gemeinsam Probleme im Austausch von Wissenschaft und Praxis zu lösen.

Dieser Artikel ist in der aktuellen Ausgabe des Magazins „wissenswert“ erschienen. Eine digitale Version ist hier zu finden (PDF).

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