ringvo_moser_1800x1080.jpg
Benedikt Kapferer, Ingrid Böhler, Eva Binder, Vortragende Karin Moser, Gunda Barth-Scalmani (von links).

Filme und an­dere Medien im besetz­ten Öster­reich

Karin Moser lieferte in ihrem Vortrag „Besetzte Bilder. Filmische Selbst- und Fremdreflexion 1945-1955“ eine spannende Perspektive auf die direkte Nachkriegszeit in Österreich. Anhand von Filmen, Wochenschauen und anderen Medien zeigte sie die Medienpolitik der Alliierten und Österreichs auf.

Nach Gabriele Jutz und einigen anderen ist Karin Moser eine der wenigen Wissenschaftler*innen, die sich auf historische Weise mit den Themen Film und Medien auseinandersetzen. Am 28. November 2018 hielt sie im Rahmen der Ringvorlesung „100 Jahre Republik Österreich“ einen Vortrag an der Universität Innsbruck, der den Themenblock zur Besatzungszeit abschloss.

Um die Entwicklung der Medienpolitik der einzelnen Besatzungsmächte sowie Österreichs darzulegen, betrachtete sie jede Besatzungszone separat und zeigte Filmsequenzen, die ihre Thesen untermauerten. Dabei wurde auch deutlich, aus welchen Hintergründen und mit welchen Intentionen die jeweiligen Filme entstanden und welche Ziele damit verfolgt wurden. 

Ziele der Medienpolitik

Gleich nach ihrem Eintreffen in Österreich brachten die Alliierten alle Medien unter ihre Kontrolle und teilten sie unter sich auf. Nicht nur Filmproduktionsfirmen, auch Redaktionen, Druckereien sowie Rundfunksender wurden von den Besatzungsmächten beschlagnahmt und fortan für ihre Zwecke verwendet. Ein für die Zeit besonders wichtiges Medium waren die Wochenschauen. Diese wurden in Kinos gezeigt und waren wichtige Informationsquellen für die Bevölkerung. In den kurzen Filmsequenzen wurde das Weltbild der einzelnen Besatzungsmächte propagiert. Daher wurden diese Inhalte meist nur in der jeweiligen Zone gezeigt.

Zu Beginn verfolgten die vier Besatzungsmächte weitgehend ähnliche Ziele. Im Mittelpunkt stand die „Reeducation“ der Österreichischen Bevölkerung, also die Bekämpfung des nationalsozialistischen Gedankenguts. Außerdem wurde eine ideologische Trennung von Österreich und Deutschland angestrebt. Nachdem Befragungen gezeigt hatten, dass der Besuch in Konzentrationslagern nur teilweise den gewünschten Effekt auf die Bevölkerung erzielte, gingen die (West-)Alliierten dazu über, den Österreicher*innen die Werte der Demokratie näher zu bringen.

Aber auch das Ausmaß der Eigenpropaganda darf nicht unterschätzt werden. Mit Ausbruch des Kalten Krieges wurde allerdings die „Entnazifizierung“ von den Westalliierten zu Gunsten der Propagierung des Antikommunismus zurückgestellt.

Selbstdarstellung

Nicht nur in ihren Zielen, auch in der Selbstdarstellung unterschieden sich die Alliierten. Hier zeigen sich die Unterschiede nicht nur zwischen Ost und West, sondern auch innerhalb des Lagers der Westalliierten. In der französischen Besatzungszone war man darauf bedacht, die geistige und kulturelle Nähe zwischen Österreich und Frankreich zu betonen. Dies sollte das österreichische Selbstbewusstsein stärken und damit zu einer Schwächung der Beziehungen zu Deutschland führen. So gehörte etwa zur sogenannten österreichisch-französischen Kulturmission das Zeigen hochwertiger französischer Filme in österreichischen Kinos. Die meist vertretenen Genres waren Liebes-, Historien- und Abenteuerfilme, sowie Gesellschaftskomödien und Künstlerschicksale. Großbritannien hingegen verfolgte das Ziel, sich selbst als starke, demokratische und friedliebende Nation darzustellen. Der „britische Sozialismus“, der auch in Österreich eingeführt werden könnte, sollte höhere Lebensstandards sichern und vor Ausbeutung schützen. Die Briten waren sehr vorsichtig, was die Auswahl der von ihnen gezeigten Filme anbelangte - sie legten großen Wert darauf, nicht zu propagandistisch zu wirken. In den Wochenschauen wurde regelmäßig der Aufschwung Großbritanniens vorgeführt. Der amerikanisch-österreichische Kulturaustausch erfolgte auf vielen Ebenen. Der „american way of life“, der in den Filmen dargestellt wurde, kam bei der österreichischen Bevölkerung sehr gut an. Die Amerikaner nutzen die ihnen zur Verfügung stehenden Medien auch, um für den Marshallplan zu werben. In der sowjetischen Besatzungszone sollte die österreichische Bevölkerung vor allem mit den kulturellen, wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und sozialen Leistungen der UdSSR vertraut gemacht werden. Ab 1946 fanden zu diesem Zweck regelmäßig Festwochen des sowjetischen Films statt. Nicht nur dort wurden vor allem Heldenepen rund um Lenin und Stalin und antiamerikanische Filme gezeigt. Die Sowjets produzierten aber auch Filme in Österreich. Auch die sowjetische Besatzungsmacht achtete darauf, dass die den Filmen zugrundeliegende Propaganda nicht zu offensichtlich war.

Der österreichische Film

Die vor dem Krieg in Österreich beliebten „Wiener Filme“ konnten in der Nachkriegszeit nicht gedreht werden, da Wien als Kulisse aufgrund der Kriegsschäden nicht zur Verfügung stand. Daher rückte die österreichische Landschaft in den Vordergrund und das Genre „Heimatfilm“ entstand. In diesen Filmen wird eine kleine, heile Welt gezeigt, nach der sich viele nach dem Krieg sehnten. „Der Hofrat Geiger“ aus dem Jahr 1947 ist eines der bekanntesten Beispiele für dieses Filmgenre.

Den sogenannten Heimkehrerfilmen dienten die Trümmerfelder sehr wohl als Kulisse. In ihnen kehren geläuterte Soldaten, oder solche, die den Krieg von Anfang an nie gewollt hatten, nach Hause zurück. Ihnen fehlt es jedoch oft an Zuversicht. Eine Frau, ein Kind oder ihre Familie schafften es jedoch, ihnen Glaube und Hoffnung wiederzugeben. Der erste Heimkehrerfilm kam 1946 unter dem Namen „der weite Weg“ in die Kinos.

Während der geläuterte Soldat ein Motiv darstellt, das in der österreichischen Filmlandschaft der Zeit funktionierte, stellte der Nationalsozialismus ein Tabuthema dar. Nur sechs Filme, die in der Zeit der Besatzung entstanden, griffen das Thema auf. Diese Filme waren jedoch nicht besonders beliebt. Zum einen da der Opfermythos noch fest in den Köpfen verankert war, zum anderen weil die Geschehnisse noch zu nah waren. Die Menschen wollten im Kino aber ihren Alltag vergessen.

Die Besatzung selbst wurde jedoch sehr wohl filmisch verarbeitet. Der Film „Der 1. April 2000“, der 1952 erschien,  greift das Thema indirekt auf. In dem als Science Fiction getarnten Propagandafilm erklärt sich Österreich für unabhängig woraufhin die Weltschutzpolizei eingreift. Allerdings wird im Film die Zeit ab 1918 nicht thematisiert und so bleibt unklar, warum Österreich überhaupt unter alliierter Besatzung steht. Ein weiterer wichtiger Film für die österreichische Medienlandschaft, der sich bis heute noch reger Beliebtheit erfreut, ist „Der dritte Mann“, der 1949 in die Kinos kam. Zur Zeit seiner Entstehung war er wichtig für Österreich und seine Außenwirkung, da er Wien als Drehort für Krimis und Thriller beliebt machte. Seit den 1990ern ist der Oscar-prämierte Film auch für den Tourismus von Bedeutung.

Neben dieser britischen Produktion erfreuten sich ab den 1950ern Heimatfilme großer Beliebtheit. Auch die Habsburger-Nostalgie spielte eine große Rolle. Aristokraten wurden als volksnah repräsentiert, sie opferten oftmals ihr persönliches Glück für ihr Volk. Kaum war der österreichische Staat souverän, verfiel die Bevölkerung in Nostalgie.

Karin Moser bot in ihrem Vortrag einen spannenden Über- und Einblick in die Medienlandschaft des besetzten Österreichs. Sowohl Die Intentionen der Besatzungsmächte als auch die Entwicklung des österreichischen Films wurde beleuchtet und durch gut gewählte Filmauszüge verdeutlicht.

(Nina Hechenblaikner)

Der Vortrag zum Nachsehen:

Links

    Nach oben scrollen