Bis 2030 wird sich die Fläche von Städten weltweit verdreifachen. Damit ist die Urbanisierung einer der bestimmenden Treiber für Umweltveränderungen, gleichzeitig sind Städte auch Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Die Frage, wie sich die Urbanisierung auf das Wanderverhalten von Tieren auswirkt, ist bisher noch weitgehend unerforscht. In einem vom FWF geförderten Projekt untersuchen Dr. Marion Chatelain und Dr. Michael Traugott deshalb den Einfluss von Nahrungsverfügbarkeit und Lebensraumqualität in städtischen Gebieten auf das Wanderverhalten von Meisen. „Kohl- und Blaumeisen sind beliebte Modellorganismen, um den Einfluss von Städten auf ökologische und evolutionäre Prozesse bei wildlebenden Tieren zu analysieren“, sagt Projektleiterin Marion Chatelain.
Feldversuch
Besonders im nahrungsarmen Winter ist die menschliche Zufütterung von Wildtieren weit verbreitet. Dies hat insbesondere auf Vögel einen positiven Einfluss, die durch die reichhaltigen Nahrungsquellen die kalte Jahreszeit besser überstehen. „Wir nehmen an, dass städtische Lebensräume somit attraktive Überwinterungshabitate für Vögel darstellen. Im Sommer hingegen ist hochqualitative Nahrung im urbanen Bereich vermutlich schwieriger zu ergattern als in natürlichen oder naturnahen Lebensräumen“, so Chatelain weiter. Die ForscherInnen erhoffen sich aus Feldversuchen, die sie im kommenden Jahr in und um Innsbruck durchführen, genauere Erkenntnisse über das Wanderverhalten von Meisen, speziell in den Wintermonaten und zur Brutzeit, zu gewinnen. Dazu werden sie untersuchen, welche Nahrungsquellen den Vögeln in Tirol je nach Jahreszeit zur Verfügung stehen und wie sich das auf die Wahl des Lebensraums bei den Meisen auswirkt. In Feldversuchen sammeln sie Kotproben der Vögel, die Aufschluss über ihre Futterquellen geben. Um ihr Wanderverhalten nachzuvollziehen, untersuchen die ForscherInnen auch die Schwermetallbelastung im Gefieder der Vögel - je nachdem, welche und wie viele Metalle sich in den Federn angereichert haben, können Rückschlüsse auf den Lebensraum gezogen werden. In dem umfangreichen Projekt spannen die ForscherInnen den Bogen vom städtischen Lebensraum in Innsbruck bis hin zu den umliegenden Gemeinden, wie etwa Völs, Neugötzens, Mutters, Natters, Lans, Sistrans, Aldrans, Rum und Ampass. Erste Ergebnisse sollen im Herbst 2021 vorliegen.
Forschung zum Mitmachen
Für die erfolgreiche Durchführung des Projekts hoffen die ForscherInnen auch auf die Mithilfe der Bevölkerung. Die Vögel, von denen im Rahmen der Feldversuche Kot- und Federproben genommen wurden, sind zur Identifikation mit farbigen Ringen gekennzeichnet. Der Standort (Adresse oder GPS-Koordinaten) der Sichtung einer gekennzeichneten Meise und der entsprechende Farbcode können direkt an Frau Dr. Marion Chatelain gesendet werden: marion.chatelain@uibk.ac.at
Der Farbcode setzt sich wie folgt zusammen:
Der untere Ring am rechten Bein ist immer grau – der offizielle Ring der Österreichischen Vogelwarten/Austrian Ornithological Centre (AOC). Auf der Projektseite (bit.ly/kohl-und-blaumeise) können Hobby-Ornithologen auf einer interaktiven Karte miterleben, wo schon welche Vögel beprobt wurden. Außerdem werden laufend Bilder und Updates zum Projekt online gestellt.