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Der Universitätskurs "Restaurierung von historischen Kachelöfen" startet erneut im Frühjahr 2020. Der Ofen im Bild steht im Palais Claudiana.

Wie­der­geburt von Kachel­öfen

Ein Kachelofen spendet Wärme, ist Zeuge seiner Zeit, Ausdruck von Kultur und ein Kunst-werk. Hafnerinnen und Hafner sind nicht nur damit beauftragt, neue Öfen zu entwerfen und zu bauen, sondern auch historische Öfen zu erhalten und zu restaurieren.

Risse in Kacheln, Absplitterungen der Keramik oder sich lösende Kacheln – Schäden können am beliebten Wärmespender viele entstehen. Um komplexe Schadensprozesse nachzuvollziehen, Kacheln fachkundig zu retuschieren oder historische Öfen zu reinigen und wiederaufzubauen, ist ein spezielles Wissen und viel Feingefühl erforderlich. Damit besondere Öfen erhalten bleiben, startet im Frühjahr zum wiederholten Mal der Universitätskurs „Restaurierung historischer Kachelöfen“ an der Universität Innsbruck. Der Kurs wird im kommenden Frühjahr berufsbegleitend über drei Semester angeboten. Anja Diekamp forscht am Institut für Konstruktion und Materialwissenschaften in der Abteilung Materialtechnologie und leitet gemeinsam mit Erich Moser, Landesinnungsmeister der Hafner, den Kurs. „Zugeschnitten auf die Bedürfnisse der Handwerkerinnen und Handwerker sollen in Kooperation mit wissenschaftlichen Erkenntnissen neue Möglichkeiten für ihren Berufsweg entstehen“, erläutert Moser. Das Wissen, vor allem in den Bereichen von historischen Glasuren, Material- und Formentechniken sowie die Analyse von Schadensprozessen zu vertiefen, ist das Ziel der Weiterbildung.

Über Jahrhunderte

Die Beliebtheit von Kachelöfen hat sich über Jahrhunderte erhalten. „Heute ist der Kachelofen auf allen Ebenen ein High-Tech-Gerät. Von den Möglichkeiten, das Feuer über das Smartphone zu entzünden, bis hin zu modernster Verbrennungstechnik, erfüllt ein Ofen alle Wünsche“, so Moser. Durch den Fokus auf die Entwicklung von neuen Techniken und Methoden seien einige der historischen Handwerkstechniken verloren gegangen. „Dieses Wissen ist aber unbedingt notwendig, um Öfen reversibel, also mit minimalen Eingriffen, zu restaurieren und die Materialien auch über weitere Jahrhunderte zu erhalten“, verdeutlicht der Hafnermeister. „Im Bemühen, eine Arbeitserleichterung zu schaffen, hat die Industrie Materialien produziert, die zwar auf den ersten Blick eine leichtere Bearbeitung erlauben, in weiterer Folge aber zu Schäden führen können“, verdeutlicht Diekamp. Das eigentlich sehr stabile Kachelmaterial kann durch eine falsche Lagerung, Einwirkungen von außen oder durch eine falsche Behandlung bei der Restaurierung beschädigt werden. Im Kurs sollen die Teilnehmenden lernen einzuschätzen, ob und wie Schäden am Ofen restauriert werden können. Unterstützt von der Wissenschaft stehen ihnen hier viele neue Möglichkeiten offen.  Vor allem das Arbeiten und Versetzen der Kacheln mit Lehm ist für die Restaurierung wichtig. „Früher wurde an vielen Öfen mit diesem Material gearbeitet. Lehm hat den Vorteil, dass er, mit Wasser verbunden, wieder leicht abgelöst werden kann. So kann der Ofen möglichst reversibel zerlegt, gereinigt und restauriert werden“, veranschaulicht der Hafnermeister. Bewusstsein zu schaffen für die unterschiedlichen Materialien und zu vermitteln, dass viele Schäden mit der richtigen Handhabung reparierbar sind, ist der Leiterin und dem Leiter des Universitätskurses ein Anliegen.

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Im Universitätskurs lernen die Hafnerinnen und Hafner Techniken und Methoden zur Restaurierung von Kachelöfen. (Bild: Claudia Egg)

Kunstwerke

Ein Kachelofen ist Gebrauchsgegenstand und gleichzeitig Kunstwerk. Um Öfen fachkundig zu restaurieren, müssen die Handwerkerinnen und Handwerker auch den Standards und Vorgaben der Denkmalpflege gerecht werden. „Viele Kachelöfen sind wahre Schmuckstücke! Manchmal gelingt es uns, Objekte, die aus baulicher Situation zerstört werden müssten, für das Tiroler Volkskunstmuseum zu retten“, so Moser. Die Handwerkerinnen und Handwerker sind also nicht nur damit betraut, Öfen zu bauen, sondern auch Kunstwerke zu erhalten. „Damit einher gehen auch rechtliche Fragen und zur Versicherung der wertvollen Öfen, beispielsweise beim Transport in die Werkstatt“, verdeutlicht Diekamp, die vertieft, dass Hafnerinnen und Hafner bei der Restaurierung nicht nur den Ofen, sondern das gesamte Bauwerk im Blick haben müssen. Die für die Restaurierung Verantwortlichen müssen auch die Zusammenhänge mit dem Ensemble, in dem sie sich befinden, einschätzen können. „Ist der Ofen Teil einer Stube, dann darf er, wenn überhaupt, nur in Verbindung mit seiner Umgebung verändert werden“, erläutert Moser, der betont, dass hier nicht nur ein Handwerk ausgeführt wird, sondern zudem auch Fragen mit dem Denkmalamt geklärt werden müssen. „Den hohen Bedarf an Restauratorinnen und Restauratoren für historische Kachelöfen können wir mit den derzeit Ausgebildeten nicht decken“, so Moser, der sich darüber freut, dass in Kooperation mit der Uni Innsbruck nun wieder Expertinnen und Experten dieses Faches ausgebildet werden. 

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Die Restaurierung erfordert viel Geschick und Feingefühl sowie ein gutes Verständnis für die Zeit, in der die Öfen entstanden sind. (Bild: Claudia Egg)

Aus der Praxis

Öfen sind mehr als nur eine Wärmequelle und deswegen auch besonders schützenswert. Die Erhaltung der historischen Bausubstanz und die Pflege der materiellen Werte ist das Ziel des Universitätskurses „Restaurierung historischer Öfen“. Die Aus- und Weiterbildung in einem Universitätskurs ist in dieser Weise einzigartig in Österreich und bietet besonders durch die Vernetzung mit unterschiedlichen Fachdisziplinen der Universität Innsbruck, dem Bundesdenkmalamt und der Landesinnung der Hafner, Platten- und Fliesenleger und Keramiker einen besonders nachhaltigen Aspekt. Gleichzeitig wird durch die teilnehmenden Institutionen ein hoher Ausbildungsstandard geboten, der auch internationalen Ansprüchen entspricht. Direkt aus der Praxis erhält Diekamp von den Hafnerinnen und Hafnern interessante Fragestellungen, die sie versucht wissenschaftlich zu beantworten und auch in ihre Vorlesungen und Projekte einzubauen. Der direkte Austausch von Wissenschaft und Praxis ist für alle Beteiligten ein großer Gewinn. „Verbindet man den unglaublichen Wissensschatz auf der Universität mit dem handwerklichen und technischen Wissensschatz aus der Praxis, dann entsteht für beide Seiten ein riesiger Mehrwert“, freut sich Moser über die bereichernde Kooperation.

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