„Wir sind momentan in der Desillusionierungsphase“, sagte Barbara Juen am Freitag bei der Präsentation des neuen Beraterstabs im Bundeskanzleramt in Wien. Nach einem anfänglichen Gefühl der Angst, folge derzeit bei vielen Frustration und Machtlosigkeit. Letztere sei gefährlich, weil sie in Depressionen münden könne. Zur Nachfrage nach dem Umgang mit Teilnehmern der sogenannten Corona-Demos empfahl sie: „Ernstnehmen und jedem eine Stimme geben, nicht als blöd hinstellen. Uns reicht's allen.“ Die Bevölkerung müsse sich wieder „handlungsfähig fühlen“ und „wieder Wirksamkeit erleben“ können. „Wir müssen vom passiven Opfer zum aktiven Überlebenden werden“, betonte Juen in Wien.
Niederschwellige Angebote sollen ausgebaut werden
Nach der derzeitigen Phase müsste es um „Hoffnung“ gehen. Es gehe darum, „positive Perspektiven zu finden für alle Bevölkerungsgruppen - und als Menschheit, weil es eine Pandemie ist“, sagte die Expertin für Notfallpsychologie und Krisenintervention. Juen empfahl niederschwellige Angebote, die ausgebaut und unterstützt werden müssen, wie Telefonberatung. Als nächsten Schritt sprach sie Hilfe für Betroffene auf Gemeindeebene an.
Österreich zeichne sich durch eine hohe Zahl von Freiwilligen aus. Bestehende Ressourcen sollten gestärkt werden. „Es muss nicht alles neu erfunden werden“, sagte Juen. Zur Nachfrage nach Kritik an mangelnder psychosozialer Betreuung für Kinder und Jugendliche schon vor Corona, erklärte Gesundheitsminister Rudolf Anschober, das Entscheidende seien nicht finanzielle Ressourcen, sondern personelle. Es werde auch Aufgabe des Beraterstabs sein, dafür Lösungsvorschläge zu machen.
(red/APA Science)