Vor kurzem ist es Wissenschaftlern um Markus Aspelmeyer an der Universität Wien und Lukas Novotny an der ETH Zürich erstmals gelungen, die Bewegung gläserner Nanoteilchen im Labor in den quantenmechanischen Grundzustand zu versetzen. Dazu wird den Teilchen mithilfe von Lasern ihre kinetische Energie entzogen. Übrig bleiben Bewegungen, sogenannte Quantenfluktuationen, die nicht mehr den Gesetzen der klassischen Physik, sondern jenen der Quantenphysik folgen. Die Glaskügelchen mit denen dies erstmals gelungen ist, sind deutlich kleiner als ein Sandkorn, bestehen aber immer noch aus einigen hundert Millionen Atomen. Im Gegensatz zur mikroskopischen Welt der Photonen und Atome eröffnen Nanoteilchen einen Einblick in die Quantennatur von makroskopischen Objekten. In Kooperation mit dem Experimentalphysiker Aspelmeyer macht nun ein Team von theoretischen Physikern um Oriol Romero-Isart von der Universität Innsbruck und dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften einen Vorschlag, wie die Quanteneigenschaften von Nanoteilchen für verschiedene Anwendungsmöglichkeiten nutzbar gemacht werden können.
Kurzzeitig delokalisiert
„Während Atome im Grundzustand zwischen den Gitterplätzen eines Festkörpers hin- und herspringen können, ist die Bewegung von makroskopischen Objekten im Grundzustand nur noch sehr, sehr gering“, erklären Talitha Weiss und Marc Roda-Llordes aus dem Innsbrucker Team. „Die Quantenfluktuationen von Nanoteilchen sind kleiner als der Durchmesser eines Atoms.“ Um die Quantennatur von Nanoteilchen nutzen zu können, muss die Wellenfunktion der Teilchen stark ausgedehnt werden. In dem Vorschlag der Innsbrucker Quantenphysiker werden die Nanoteilchen in optischen Feldern gefangen und in den Grundzustand gekühlt. Durch ein rhythmisches Verändern dieser Felder, gelingt es nun die Teilchen kurzzeitig über exponentiell größere Distanzen zu delokalisieren. „Schon kleinste Störungen können die Kohärenz der Teilchen zerstören, weshalb wir durch Ändern der optischen Potentiale, die Wellenfunktion der Teilchen nur kurz auseinanderziehen und dann gleich wieder komprimieren“, erläutert Oriol Romero-Isart. Durch die wiederholte Potentialänderung lässt sich so die Quanteneigenschaften des Nanoteilchens nutzbar machen.
Viele Anwendungsmöglichkeiten
Mit der neuen Technik können die makroskopischen Quanteneigenschaften näher untersucht werden. Es zeigt sich auch, dass dieser Zustand sehr sensitiv auf statische Kräfte reagiert. So könnte die Methode hochsensitiven Messgeräte ermöglichen, mit denen Kräfte wie die Gravitation sehr präzise bestimmt werden können. Verwendet man zwei Teilchen, die gleichzeitig mit dieser Methode expandiert und komprimiert werden, würde es möglich diese auch über eine schwache Wechselwirkung zu verschränken und ganz neue Gebiete der makroskopischen Quantenwelt zu erkunden.
Gemeinsam mit anderen Vorschlägen bildet das neue Konzept die Grundlage für das im Vorjahr bewilligte ERC Synergy Grant Projekt Q-Xtreme, in dem die Forschungsgruppen von Markus Aspelmeyer und Oriol Romero-Isart gemeinsam mit Lukas Novotny und Romain Quidant von der ETH Zürich eines der grundlegendsten Prinzipien der Quantenphysik bis an die äußerste Grenze treiben, indem sie einen Festkörper aus Milliarden von Atomen an zwei Orten gleichzeitig positionieren wollen.