Nach den Begrüßungsworten von Saverio Carpentieri, übernahm Carla Festi (Kulturverein INNcontri) die Moderation der digitalen, italienischsprachigen Buchpräsentation, der über 50 interessierte Studierende und Literaturbegeisterte folgten. Zunächst wurde die Südtiroler Nachwuchsautorin selbst vorgestellt: Maddalena Fingerle, geboren in Bozen, studierte Germanistik und Italianistik an der Universität München und ist dort mittlerweile als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig. Der Erfolg ihres Debütromans „Lingua Madre“ kam für sie ebenso überraschend wie die große mediale Aufmerksamkeit, die sie nicht zuletzt auf Grund verschiedener Auszeichnungen wie dem renommierten Italo-Calvino-Preis erhalten hat. So sind Rezensionen über ihr erstes Buch in den wichtigsten italienisch- und deutschsprachigen Tageszeitungen erschienen.
Anschließend las die junge Schriftstellerin verschiedene Passagen aus dem italienischsprachigen Originaltext des Romans vor. Die Geschichte handelt vom Protagonisten Paolo Prescher, den es von seiner Geburtsstadt Bozen nach Berlin und schlussendlich wieder zurück zu seinen Wurzeln nach Südtirol führt. Bereits in der ersten Leseprobe wurde deutlich, dass Paolo besessen von Wörtern und Sprache ist und ein schwieriges Verhältnis zu der Mutter und der Schwester pflegt, die seiner Meinung nach Wörter „dreckig“ machen. Obwohl Paolo in einem zweisprachigen Umfeld aufwächst, gelingt es ihm nicht, eine der beiden Sprachen als „Muttersprache“ zu empfinden. Dies ging besonders aus der Leseprobe über Paolos Schulzeit hervor, die ihn in einer Art Identitätsdilemma zwischen dem Deutschen und dem Italienischen beschreibt und außerdem seine Abneigung gegenüber seiner Heimatstadt Bozen thematisiert. Auf der verzweifelten Suche nach einer „reinen“ Sprache fasst Paolo den Entschluss, ausschließlich Deutsch zu sprechen und zieht nach Berlin. Dort lernt er mit Mira eine Frau kennen, die sein Leben verändern wird. Doch auch in Berlin kommen Paolos Obsessionen wieder auf und er verspürt die Angst, dass auch deutsche Wörter verunreinigt werden könnten. Nach der Geburt seiner Tochter zieht es Paolo zurück nach Bozen, wo es ihm aber nicht gelingt, sich zu integrieren. In der letzten Leseprobe stellte sich heraus, dass Paolo immer näher am Zerfall steht, sodass beim Leser wohl nur sehr wenig Hoffnung auf ein gutes Ende bleibt. Dieser Teil wurde in seiner deutschen Version von Fabio Maion vorgelesen. Die deutschsprachige Ausgabe des Romans in der Übersetzung von Maria E. Brunner ist im Frühjahr 2022 im Folio Verlag erschienen.
Ein Gespräch mit der Autorin anlässlich der Präsentation der deutschsprachigen Ausgabe ist vom Literaturhaus am Inn im kommenden Herbst geplant. In der Zwischenzeit sind beide Ausgaben des Romans bei der Universitätsbuchhandlung Studia erhältlich.
(Lisa Frischmann)