Der Bericht des internationalen Autor*innen-Teams stellt die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesellschaft und Ökosysteme in einer globalen und regionalen Perspektive in den Mittelpunkt. Die Expert*innen sehen darin in einer bisher nicht dagewesenen Deutlichkeit den menschengemachten Klimawandel als Ursache für klimatische Extremereignisse mit katastrophalen Konsequenzen für den gesamten Planeten heute und in der näheren Zukunft belegt. „Bei einem Blick auf die Häufung und Verstärkung von Extremereignissen der letzten Jahre wie etwa außergewöhnliche Niederschlagsereignisse, Hitzewellen und Dürren verdichtet sich die wissenschaftliche Evidenz, dass die Ursache dafür im menschengemachten Klimawandel zu sehen ist. Daran gibt es keine Zweifel mehr, es handelt sich in der Summe nicht mehr um natürliche Variabilitäten des Systems. Und das zeigt eines auch ganz deutlich: Wir sind bereits mitten in einem Riesenproblem bei der aktuellen Erwärmung von 1,1 °C“, erklärt Georg Kaser vom Institut für Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften der Uni Innsbruck den großen wissenschaftlichen Mehrwert dieses Berichts. Der weltweit renommierte Klimaforscher war bei diesem Bericht Review Editor im Kapiteln „Europe“ und im Querschnittskapitel „Mountains“.
Gesundheit des Planeten steht auf dem Spiel
Die Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels sind bereits heute auf allen Kontinenten deutlich spürbar und reichen von der Zunahme von Extremereignissen über Dürre oder Gletscherschmelze bis hin zum Meeresspiegelanstieg. „Diese Auswirkungen werden immer dramatischer werden, wenn wir nicht sofort gegensteuern. Je besser die Erwärmung eingedämmt werden kann, desto höher sind unsere Chancen, große Schäden durch Schutzmaßnahmen noch so gut wie möglich abzuwenden“, so Kaser. Überall werde das aber nicht mehr gelingen können. „Wir kommen zunehmend an einen Punkt, wo Anpassungsmaßnahmen nicht mehr möglich sind, wie etwa an den Nordseeküsten durch den noch lange nachwirkenden Meeresspiegelanstieg oder den Dürre- und Hitzewellen in Südeuropa. Menschen werden auch in Europa ihre Lebensgrundlage verlieren, das wurde leider bereits angestoßen. Aufgrund des zunehmenden Drucks durch Naturkatastrophen in den Bergen einerseits und Hitze und Trockenheiten andererseits muss auch mit Bevölkerungsbewegungen aus den und in die Gebirge gerechnet werden. Von Gletscher- oder Schneeschmelze abhängige Gebiete etwa im asiatischen Raum müssten mit einer Reduktion des Wasserangebots saisonal von bis zu 50 Prozent rechnen, der Verlust der Biodiversität erhöht sich bei einem Temperaturanstieg in Richtung 3 °C um das 10-fache. Jedes Zehntelgrad weniger an Erwärmung hilft jedoch, diese Konsequenzen zumindest einzudämmen“, verdeutlicht Georg Kaser.
Gegensteuern noch möglich
Der 2. Teil des 6. IPCC-Sachstandberichts liefert das bisher umfassendste Bild über die Auswirkungen des Klimawandels, die Klimarisiken, die Anpassungsmöglichkeiten und ihre Grenzen. „Das Überleben der Menschheit ist in Gefahr. Der Klimawandel bedroht die Gesundheit unserer Erde. Es müssen nun umgehend koordinierte, internationale Maßnahmen gesetzt werden, um die Auswirkungen noch so gut wie möglich abzufedern, jedes Zehntel-Grad zählt und das Fenster für unseren Handlungsspielraum wird sich bald schließen“, so Georg Kaser. Die IPCC-Autor*innen sehen das Zeitfenster für das Planen und Umsetzen entsprechender klimaschützender Maßnahmen, die sich auch Fragen der sozialen Gerechtigkeit widmen müssen, innerhalb der nächsten 10 Jahre. Etwa ab dem Jahr 2040 spätestens wird der Zustand der Erde vom Ausmaß dieser Maßnahmen abhängen.
Der Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) – oder auch Weltklimarat – ist eine zwischenstaatliche Einrichtung, die 1988 unter der Schirmherrschaft des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) und der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) zustande gekommen ist. In Auftrag des IPCC tragen Fachleute weltweit regelmäßig den aktuellen Kenntnisstand zum Klimawandel zusammen und bewerten ihn aus wissenschaftlicher Sicht. Die regelmäßig erscheinenden IPCC Berichte bieten Grundlagen für wissenschaftsbasierte politische Entscheidungen, indem sie unterschiedliche Handlungsoptionen und deren Auswirkungen aufzeigen.