Bruno Sander (1884–1979), Sohn eines Staatsanwalts, wurde an der Universität Innsbruck 1907 mit einer Dissertation über die „geologische Beschreibung des Brixner Granits“ promoviert. Er beteiligte sich bereits früh an den von seinen etwas älteren Studienfreunden Otto Ampferer und Wilhelm Hammer geleiteten Aufnahmearbeiten im Karwendelgebirge. Ampferer und Hammer leiteten später die Geologische Bundesanstalt in Wien. Als Assistent an der Technischen Hochschule in Wien und an der Universität Innsbruck, sowie als Mitarbeiter der Wiener k.k. geologischen Reichsanstalt veröffentlichte Bruno Sander Habilitationsarbeiten wie „geologische Studien am Westenende der Hohen Tauern“, wie seine Überlegungen „zur Systematik zentralalpiner Decken“ und eine erste gefügekundliche Arbeit über die „Zusammenhänge zwischen Teilbewegungen und Gefüge in Gesteinen“, dann auch maßgebliches Thema seiner gut zehn Jahre später gehaltenen Innsbrucker Antrittsvorlesung. 1912 hat sich Sander in Innsbruck für das Fach Geologie habilitiert.
International anerkannt
Inzwischen durch seine wissenschaftlichen Leistungen international bekannt geworden, wurde Bruno Sander nach dem Ersten Weltkrieg an den Lehrstuhl für Mineralogie und Petrographie der Universität Innsbruck berufen. Zuvor war seine Kandidatur 1921 für die schlussendlich mit Raimund Klebelsberg besetzte Geologie-Professur noch gescheitert. Zum 1. Oktober 1922 wurde Sander gegen den scharfen Widerstand der „Wiener Schule“ um Friedrich Becke zum Professor der Mineralogie und Petrographie ernannt. 1955 wurde Sander schließlich als Begründer einer international renommierten und weltweit verzweigten „Innsbrucker mineralogisch-geologischen Schule“ emeritiert. Sanders „Gefügekunde der Gesteine“ (1930) oder seine „Einführung in die Gefügekunde der geologischen Körper“ (1948) wurden zu internationalen Standardwerken. Am 5. September 1979 ist Bruno Sander im 96. Lebensjahr in Innsbruck gestorben. Die Universität Göttingen und Wien verliehen ihm das Ehrendoktorat. Die Österreichische Akademie der Wissenschaften wählte ihn zum wirklichen Mitglied. Sander war Träger des Österreichischen Ehrenzeichens für Wissenschaft und Kunst, des Ehrenzeichens des Landes Tirol und des Ehrenringes der Stadt Innsbruck. Die Accademie dei Lincei in Rom verlieh ihm den internationalen Feltrinelli-Preis. Zahlreiche wissenschaftliche Gesellschaften zeichneten Sander durch Ehrenmedaillen aus oder wählten ihn zum Ehrenmitglied.
Antrittsvorlesung am 23. November
„Bruno Sander verfolgte in seinen zahlreichen Forschungen unter anderem auch die Frage, ob sich die Symmetrie von Kristallen in der Symmetrie von Gesteinen und schließlich von Gebirgen abbildet“, schrieb Vizerektor Bernhard Fügenschuh 2019 begleitend zum Ausstellungskatalog „Schönheit vor Weisheit“. Sander führte dies in seiner Antrittsvorlesung am 23. November 1922 für ein allgemeines geistes- und naturwissenschaftliches Fakultätspublikum aus. Das Manuskript der Vorlesung ist im Universitätsarchiv erhalten und als Faksimile online zugänglich. Weitere Dokumente zu Sanders Berufung und akademischen Tätigkeiten finden sich ebenfalls im Universitätsarchiv.
Seine Texte eine „uneinnehmbare Festung“
Neben seiner Tätigkeit als Geologe war Bruno Sander auch Schriftsteller, der unter dem Pseudonym Anton Santer publizierte. Sein Nachlass ist im Brenner-Archiv der Universität Innsbruck. Sander gehörte schon vor dem Ersten Weltkrieg zur Brenner-Gruppe, wo er auch Georg Trakl kennenlernte, und veröffentlichte Gedichte in deren Zeitschrift „Der Brenner“, später in der Zeitschrift „Wort im Gebirge“ und der „Seefelder Zeitung“. Seine schriftstellerische Arbeit schied er streng von seinem Beruf. Wie wenig Aufhebens er von sich als Schriftsteller machte, zeigt sich schon allein darin, dass er dies in der Brenner-Runde verschwieg. Von 1919 bis 1926 publizierte Sander regelmäßig im „Brenner“ und verkehrte in dessen Freundeskreis. Mit dem Ausscheiden von Carl Dallago und der zunehmend katholischen Richtung der Zeitschrift, zog sich auch Sander zurück, blieb aber Ludwig von Ficker gleichwohl freundschaftlich verbunden. Danach verfasste er sein umfangreiches, vor allem lyrisches Werk, vorwiegend für die Schublade. Erst 1949 konnten ihn seine Freunde Leitgeb und Punt dazu bewegen, an der Zeitschrift „Wort im Gebirge“ mitzuarbeiten. Einige wenige Beiträge übergab er auch dem mit ihm ebenfalls befreundeten Julius Kiener für dessen Seefelder Zeitung. Auch wenn Sander sich einmal entschied, seine Texte der Öffentlichkeit zugänglich zu machen: seine Sprache ist so herb und zurückweisend, dass sie manchmal sogar dem geübten Leser Ludwig von Ficker wie eine „uneinnehmbare Festung“ erschien. Informationen zu seinen Werken finden sich im Lexikon „Literatur in Tirol“, einer umfangreichen bio-bibliographischen Datenbank des Forschungsinstituts Brenner-Archiv.
(Zusammengefasst aus Texten des Universitätsarchivs und des Brenner-Archivs)