Eingefärbte Muskelstränge eines Hydratentakels

Eingefärbte Muskelstränge eines Hydratentakels. Dieser ist aufgrund eines fehlerhaften Hippo-Signalwegs deformiert.

Hippo und die Hydra

Eine neue Studie beschreibt die Entstehung der Körperachse im unsterblichen Süßwasserpolypen Hydra. Verantwortlich dafür ist der sogenannte Hippo-Signalweg, der unter anderem dafür sorgt, dass unsere Organe nicht unbegrenzt weiterwachsen. Das Institut für Zoologie der Universität Innsbruck war maßgeblich an der Forschung beteiligt und lieferte wichtige Daten.

Die Körperstruktur der allermeisten Tiere orientiert sich an einer Achse, die vom Kopf zum Rumpf verläuft. Eine große Frage der Entwicklungsbiologie ist es, wie die Zellen der ersten mehrzelligen Tiere sich organisierten und wie es zur Bildung dieser Körperachse kam. Eine neue Studie, die im Fachmagazin Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht wurde, zeigt, dass die evolutionären Ursprünge der Körperachse im sogenannten Hippo-Signalweg liegen.

Ein Signalweg formt die Organe

Signalwege sind molekularbiologische Abläufe, die der Kommunikation zwischen Zellen dienen. Durch die Bildung und den Austausch bestimmter Moleküle können Zellen Informationen aus der Umwelt oder dem Körper aufnehmen, verarbeiten und auf diese reagieren.

Der Hippo-Signalweg hat bei höheren Tieren, wie zum Beispiel Säugetieren und Vögeln, eine wichtige Funktion. Er kontrolliert die Zellteilung in den sich bildenden Organen und sorgt dafür, dass diese ihre richtige Größe und dreidimensionale Form annehmen. Ist der Hippo- Signalweg fehlerhaft, kann es zu Gewebeverdickungen kommen, ähnlich der Haut eines Flusspferdes - daher auch der Name.

Mit Elektronenmikroskopie untersucht

Forscher*innen des Lunenfeld-Tanenbaum Research Institute in Toronto und der Washington University School of Medicine haben, mit Unterstützung des Instituts für Zoologie der Universität Innsbruck, die Funktion dieses Signalwegs zum ersten Mal in evolutionär alten Tieren beschrieben. In solchen ist der Hippo-Signalweg vermutlich ursprünglich entstanden. Dazu untersuchten die Forscher*innen den Süßwasserpolypen Hydra.

Die Arbeitsgruppe um Bert Hobmayer am Institut für Zoologie befasst sich seit Jahren intensiv mit diesem Modellorganismus. Mittels Elektronenmikroskopie untersuchten sie den komplexen Mechanismus und lieferten wichtige Daten über die innere Organisation der Zellen, die vom Hippo-Signalweg gesteuert werden. 

„Hippo ist ein komplexer Mechanismus, der in der Entwicklungsbiologie noch nicht umfassend verstanden wird“, sagt Hobmayer. „Wir haben in den einfach gebauten Hydren nun ähnliche Wirkungsprinzipien gefunden, die allerdings die kompletten Tiere betreffen.“

Der unsterbliche Polyp

Die Hydra ist ein einfach gebautes Tier, das als praktisch unsterblich gilt. Sie erneuert permanent ihr Gewebe, kann ganze Körperteile komplett ersetzten, oder aus Einzelzellen einen ganzen Organismus neu bilden. Außerdem vermehrt sie sich asexuell, indem sie aus ihrem Körper heraus eine Knospe bildet, die dann zu einem neuen Klon heranwächst. Mit jeder neuen Knospe entsteht damit auch eine neue Körperachse.

Die Forschungsergebnisse zeigen, dass der Hippo-Signalweg die Zellteilungsrate in der gesamten Hydra beeinflusst. Damit steuert er auch das Entstehen neuer Tiere. Neben der Kontrolle des Gewebewachstums und der asexuellen Fortpflanzung bildet der Hippo Signalweg auch Signalmoleküle aus, die für das Auswachsen einer normal geformten Körperachse notwendig sind.

Damit sind die Forscher*innen nicht nur der Entstehung eines wichtigen Signalwegs einen großen Schritt nähergekommen. Mit dem neuen Wissen um die einfach gebaute Hydra eröffnen sich auch weiterführende Studien mit diesem Modellorganismus.

 

Veröffentlichung: M. Brooun, W. Salvenmoser, C. Dana, M. Sudol, R. Steele, B. Hobmayer and H. McNeill (2022). The Hippo pathway regulates axis formation and morphogenesis in Hydra. Proceedings of the National Academy of Sciences. https://doi.org/10.1073/pnas.2203257119

Finanzierung: Die Studie erhielt finanzielle Unterstützung durch das Barnes-Jewish/Christian investigator program, das Förderprogramm der Europäischen Kommission Horizon 2020 sowie durch das National Institute of General Medical Sciences.

Der Forschungsschwerpunkt CMBI

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