Globale Pflanzenmerkmale
Grundmuster trotz enormer Vielfalt: Ein internationales Team identifizierte global wirkende Faktoren, die für alle Pflanzen gelten.

Kli­ma und Bo­den ent­schei­dend für Pflan­zen­merk­ma­le

Ein internationales Forschungsteam mit Beteiligung des Ökologen Michael Bahn hat global wirkende Faktoren ermittelt, die der Vielfalt der Formen und Funktionen von Pflanzen zu Grunde liegen. Erstmalig konnte so für Merkmale wie Größe, Aufbau und Lebensspanne der Pflanzen gezeigt werden, wie stark sie durch Klima- und Bodeneigenschaften bestimmt werden.

Unter der Leitung der Universität Zürich, des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie in Jena sowie der Universität Leipzig, trugen die Forscherinnen und Forscher weltweit hunderttausende Pflanzendaten zusammen und analysierten sie mittels moderner Datenverarbeitungsmethoden. Prof. Michael Bahn, Leiter der Forschungsgruppe „Funktionelle Ökologie“ des Instituts für Ökologie, steuerte Daten aus seinen alpinen Forschungsgebieten bei und war am Verfassen der Studie beteiligt. Die aus den Ergebnissen abgeleiteten Erkenntnisse könnten entscheidend sein, um Erdsystemmodelle hinsichtlich der Rolle von Pflanzenvielfalt zu verbessern und den globalen Wandel besser zu verstehen. Auf den ersten Blick erscheint die Vielfalt der Formen und Funktionen von Pflanzen kaum erfassbar. Sie kann jedoch anhand morphologischer, physiologischer und biochemischer Merkmale beschrieben werden. Schon früher wurde gezeigt, dass Merkmale arten-übergreifend in zwei Hauptkategorien fallen, innerhalb derer jede Pflanze ein Gleichgewicht halten muss: zum einen die Größe und zum anderen die Ökonomie des Stoffwechsels. In einer aktuellen Studie in Nature Ecology and Evolution konnte das Forscher*innen-Team anhand eines stark vergrößerten, globalen Datensatzes für 17 verschiedene Pflanzenmerkmale nun erstmals bestätigen, dass diese zwei Hauptkategorien für alle untersuchten Pflanzen weltweit gültig sind.

Universale Gültigkeit

In der Kategorie Größen halten Pflanzen unter anderem die Wuchshöhe, die Blattgröße und die Größe der Samen in Balance. Diese Merkmale werden auch von hydraulischen Komponenten des Wassertransports in den Pflanzen beeinflusst. Die ökonomische Kategorie beschreibt, wie schnell und effektiv die Pflanze Energie und Biomasse durch Photosynthese gewinnt und damit auch wie lange sie unter den jeweiligen Bedingungen überlebt. Bestimmt wird diese Kategorie durch messbare Merkmale wie zum Beispiel den Aufbau und die Zusammensetzung der Blätter in Bezug auf Blattfläche, sowie Stickstoff-, Phosphor- und Kohlenstoffgehalt der Trockenmasse. Mithilfe der zwei universal gültigen Hauptkategorien sind Lebensstrategien aller Pflanzenarten, die in weltweit zusammengetragenen Daten der TRY-Datenbank (globale Datenbank mit Pflanzeneigenschaften) erfasst sind, nun gut erklärbar. „Mehr als 350.000 Pflanzenarten haben es geschafft, alle Lebensräume unserer Erde zu besiedeln. Um das zu bewerkstelligen, haben die Pflanzen zahlreiche unterschiedliche Strategien entwickelt, die ihr Bestehen gewährleisten. Die große Stärke unserer Studie liegt darin, dass wir dank der umfassenden Rechenleistungen, die inzwischen möglich sind, aus über 17 Merkmalen zwei Hauptgruppen identifizieren konnten, die für alle Pflanzen gelten. Somit gibt es bei aller Vielfalt ein Grundmuster, das der enormen Komplexität zugrunde liegt“, erklärt Michael Bahn.

Gemeinsame Effekte

Die Merkmale einer Pflanze als Ganzes sowie der gesamten Vegetation werden durch unterschiedlichste externe Faktoren wie zum Beispiel Klima, Bodenbeschaffenheit und menschliche Eingriffe beeinflusst. Welche Faktoren entscheidend sind, konnte auf globaler Ebene bislang nicht bestimmt werden. Zur Beantwortung dieser Frage analysierte das Forscher*innen-Team, geleitet von Julia Joswig an der Universität Zürich und am Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena, die Pflanzenmerkmale von über 20.000 Arten. Entscheidend war die Tatsache, dass über die Standort-Daten der Pflanzen auch die Informationen zu Klima und Bodenbeschaffenheit mitberücksichtigt wurden. „Unsere Studie belegt eindeutig, dass Pflanzenmerkmale weltweit nur durch gemeinsame Effekte von Klima und Boden erklärbar sind”, so Joswig. „Dies deutet darauf hin, dass Aspekte des Klimawandels und der Bodenerosion, die beide zum Beispiel durch eine veränderte Landnutzung auftreten, immer auch gemeinsam erforscht werden sollten.” Viele der beschriebenen Zusammenhänge waren aus kleinteiligen, lokalen Studien bekannt. Das Team konnte diese Prozesse nun global quantifizieren und somit auch wichtige Voraussetzungen für künftige Vorhersagen schaffen.

Klimawandel und Bodeneinflüsse

Die Studie zeigt erwartungsgemäß, wie sich Größenmerkmale wie die Wuchshöhe von Pflanzenarten entlang der Breitengrade aufgrund des unterschiedlichen Klimas verändern. Die Ökonomie der Pflanzen wird durch diesen Klimagradienten aber interessanterweise kaum beeinflusst. Das Team zeigt nun allerdings, dass zusätzlich zum Klima, und zum Teil unabhängig davon, die Bodeneigenschaften für die Ökonomie der Pflanzen relevant sind. Bodenbildende Faktoren sind neben dem Klima auch die Bodenorganismen, die Geologie und die Topographie sowie der Zeitfaktor. Die Forscher*innen plädieren deshalb dafür, bei künftigen Analysen des Klimawandels auf Pflanzenmerkmale und damit verbundenen Ökosystemfunktionen auch die Bodeneigenschaften genauer zu berücksichtigen.

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