Die Frage, wozu wir Inszenierungen benötigen, diskutierten Werner Hanselitsch (Geschäftsführer der Bergbahnen Obergurgl), Petra Knoflach (Schauspielerin und Hausleitung des Caritas Integrationshauses Innsbruck) und Roland Sila (Leiter der Bibliothek des Ferdinandeums) unter der Leitung von Beatrix Schönherr am 15.11.2023 in der Aula der Universität. In der Podiumsdiskussion zeigten sich in den verschiedenen Tätigkeitsbereichen der Diskutant:innen Unterschiede, aber auch viele interessante Übereinstimmungen im „Inszenierungsbedarf“, im Hinblick auf Qualitätskriterien und hinsichtlich der Beziehung zum Publikum bzw. zu den Besucher:innen.
Szenenwechsel: Winterschool in Obergurgl
Das Thema wurde an den folgenden drei Tagen im Rahmen der 8. Innsbrucker Winterschool „Potenziale der Angewandten Linguistik“ (16.–18.11.) aus unterschiedlichen Perspektiven der Linguistik intensiv vertieft, zwei spannende Beiträge aus der Vergleichenden Literaturwissenschaft sowie der Psychotherapie ergänzten noch einmal wesentliche Aspekte.
„Inszenierung“ griff dabei auf die Theatermetapher – nicht nur, aber vor allem in der Nachfolge Erving Goffmans – zurück und erwies sich, gerade auch in den „Unschärfen“ des Konzepts, als vielseitig und durchaus fruchtbar anwendbar. Analysiert wurden aus dieser Perspektive sowohl Theaterinszenierungen als auch Theater- und Orchesterproben sowie Gespräche über das Theater in Theaterpausen. Es weisen aber auch Erzählungen im Alltag Elemente von Inszenierungen auf, etwa wenn Äußerungen anderer wiedergegeben werden. Auch Museumsexponate werden inszeniert bzw. müssen inszeniert werden, damit sie im Rahmen einer Ausstellung gut zur Wirkung kommen und zu ihrer „Gesamtnarration“ beitragen.
Dass sich auch Kommunikation im (Fremdsprachen-)Unterricht furchtbar aus der Perspektive der Inszenierung analysieren lässt, wurde anhand von Online-Unterricht und Erklärungen in YouTube-Videos verdeutlicht. Wissenschaftskommunikation via TikTok-Videos steht dazu in einer relativ engen Beziehung und auch die Inszenierung von Wissenschaftler:innen innerhalb des Wissenschaftsbetriebs wurde ausführlich analysiert und diskutiert.
Besonders augenfällig sind darüber hinaus Konzepte der Inszenierung von politischen Parteien oder von „Sinnfluencern“ in den sozialen Medien sowie von Identitätskonstruktionen in digitalen Selbstberichten. Nicht zuletzt wird auch mittels KI versucht, menschliche Kommunikation zu imitieren und sich damit „als Mensch“ zu inszenieren.
Beeindruckende Szenerie und vielfältige Handlungsstränge
In den Vorträgen der renommierten Wissenschaftler:innen und hervorragenden Nachwuchskräfte, in den Diskussionen, in Kamingesprächen und auf einer Winterwanderung, beim Essen und bei Kaffeepausen sowie auf der Hin- und Rückfahrt im Bus entstand ein dichtes Netz an thematisch-inhaltlichem Austausch, an Gesprächen über weitere Forschungsprojekte, die universitäre Laufbahn im Allgemeinen und die Planung der nächsten Schritte im Dissertationsprozess im Besonderen.
Die Teilnehmer:innen waren aus Innsbruck und Wien sowie aus anderen Universitäten und Hochschulen in Belgien, China, Deutschland, Frankreich und der Schweiz angereist. Am Samstag waren sich alle einig – Teilnehmer:innen wie Mitdiskutant:innen aus dem Institut für Germanistik und Organisatorinnen –, dass sie Obergurgl bereichert und angeregt verlassen, einerseits durch die interessanten Vorträge und Diskussionen, andererseits durch die wie immer konstruktive Arbeitsatmosphäre und schließlich auch durch die beeindruckende Bergwelt. Organisiert wurde die Winterschool 2023 von Monika Dannerer, Heike Ortner und Beatrix Schönherr (Institut für Germanistik), gefördert wurde sie von zahlreichen Stellen der Universität Innsbruck, vom Verband für Angewandte Linguistik verbal sowie vom Land Tirol und vom Land Vorarlberg.
(Monika Dannerer, Heike Ortner und Beatrix Schönherr)