Photoaktive organische Moleküle eröffnen ein faszinierendes Forschungsfeld, das die Wechselwirkung von Licht mit Materie auf molekularer Ebene erkundet. Aufgrund ihrer einzigartigen Fähigkeit Licht zu absorbieren und in vielfältige Energieformen umzuwandeln, spielen diese Moleküle eine Schlüsselrolle in der Entwicklung von Solarzellen und finden Anwendung in Photonik und Sensorik, in der photodynamische Therapie sowie in der Herstellung leistungsfähiger optischer Materialien.
Um ein tiefes Verständnis ihrer intrinsischen photophysikalischen Eigenschaften zu erlangen und den Einfluss der Umgebung auf die elektronische Struktur dieser Moleküle zu untersuchen, sind präzise spektroskopische Untersuchungen in einer wohldefinierten Umgebung unerlässlich. Am Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik wurde in den vergangenen Jahren unter der Leitung von Elisabeth Gruber und finanziert durch ein FWF-Hertha-Firnberg-Stipendium, ein innovativer Experimentieraufbau entwickelt, der es ermöglicht, solche Messungen durchzuführen. Der Aufbau nutzt winzige Heliumtröpfchen, um Moleküle einzufangen und auf Temperaturen von unter einem Grad Kelvin abzukühlen. Durch kontrollierte Stöße mit Heliumatomen werden die Moleküle sanft aus den Tröpfchen herausgelöst, sodass Moleküle mit einigen angelagerten Heliumatomen entstehen, die dann mit einem Laserstrahl angeregt und spektroskopisch untersucht werden können. „Eine besonders hervorzuhebende Eigenschaft dieser Methode ist, dass die Moleküle systematisch verändert werden können, wie z.B. durch die kontrollierte Anlagerung einzelner Wassermoleküle, und die Möglichkeit, die natürliche Umgebung zu simulieren und ihren Einfluss auf die elektronische Struktur der photoaktiven Moleküle zu untersuchen“, erklärt die Physikerin Elisabeth Gruber.
Ihr Forschungsteam hat diese neue Methode dazu genutzt, um das photoaktive Molekül Phthalocyanin genauer zu erforschen. Diese makrozyklische Verbindung mit einer alternierenden Stickstoff-Kohlenstoff-Ringstruktur ist nicht nur wegen ihrer tiefblauen Farbe in der Farbstoffindustrie begehrt, sondern auch für ihre einzigartige elektronische Struktur. In Zusammenarbeit mit dem theoretischen Physiker Milan Ončák am Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik wurde die Symmetrie dieser Moleküle schrittweise durch Ionisierung, Protonierung sowie Anlagerung einzelner Wassermoleküle verändert und ihr Einfluss auf die photophysikalischen Eigenschaften experimentell und theoretisch untersucht. „Wir konnten so zeigen, dass die Anlagerung einzelner Wassermoleküle nur eine geringe Auswirkung auf die elektronische Struktur hat, was auf eine hohe Stabilität des Moleküls in Bezug auf Solvatisierung hinweist“, sagt Ončák.
Die Ergebnisse wurden kürzlich im Fachjournal Advanced Science veröffentlicht und dienen als Ausgangspunkt für weitere geplante Messungen von Phthalocyanin mit unterschiedlichen Metallkernen. Finanziert wurde die Forschung vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF und vom Land Tirol über die Tiroler Wissenschaftsförderung TWF. Stefan Bergmeister ist Mitglied des FWF-Doktoratskollegs Atome, Licht und Moleküle (DK-ALM).
Publikation: Gas-Phase Electronic Structure of Phthalocyanine Ions: A Study of Symmetry and Solvation Effects, Stefan Bergmeister, Lisa Ganner, Milan Ončák, Elisabeth Gruber, Adv. Sci. 2307816 (2024) 10.1002/advs.202307816