Detail der netzähnlichen Stahlkonstruktion vor dem Landesmuseum in Innsbruck

Historische Fotografien von Gaston Paris in der Installation vor dem Tiroler Landesmuseum. Die netzähnliche Konstruktion wurde am i.sd – Konstruktion und Gestaltung unter der Leitung von Stefan Rutzinger und Kristina Schinegger entwickelt und in Zusammenarbeit mit Studierenden gefertigt. 

Eine Kon­struk­tion gegen das Ver­ges­sen

Erinnerungen an das Schwazer Kriegsgefangenen- und Entnazifizierungslager Oradour lässt das von den Tiroler Landesmuseen kuratierte Kooperationsprojekt „Memories of Memories“ wach werden. Die Installation vor dem Landesmuseum wurde vom Institut für Gestaltung und Architekturstudierenden der Uni Innsbruck mitentwickelt.

Gemeinsam gegen das Vergessen: In Zusammenarbeit mit zahlreichen Projektpartner:innen aus Schwaz, Innsbruck und Hall erinnern die Tiroler Landesmuseen mit  „Memories of Memories“ an das ehemalige Zwangsarbeits- und Entnazifizierungslager Oradour in Schwaz. Als Teilprojekt und Debütbeitrag präsentiert ab 8. September eine von Michaela Feurstein-Prasser und Roland Sila kuratierte Installation vor dem Ferdinandeum Fotoarbeiten von Arno Gisinger und Filmstills von Christine Ljubanovic. Den Rahmen dafür bildet eine netzartige Stahlkonstruktion, die unter der Leitung von Stefan Rutzinger und Kristina Schinegger vom i.sd – Konstruktion und Gestaltung der Universität Innsbruck entworfen, entwickelt und in mehreren Lehrveranstaltungen gemeinsam mit Studierenden gefertigt wurde. Die Installation ist „maßstäblich“ und beruht auf den tatsächlichen Dimensionen der Barackenarchitektur des Lagers. „Die Dimensionen der Baracke werden in den städtischen Kontext gesetzt und als komplexe Netzstruktur realisiert. Dieses installative Konzept lässt die Struktur nicht nur Träger für die Werke bzw. die dokumentarische Ebene sein, sondern macht sie zum Bestandteil der inhaltlichen Vermittlung“, so die Künstler:innen im begleitenden Katalogtext.

In Erinnerung an die Erinnerung

Wie auch die Installation vor dem Ferdinandeum hinterfragen weitere Ausstellungen, Konzerte, Lesungen, Gespräche, Führungen und Performances im Rahmen von „Memories of Memories“ die Geltungskraft von Erinnerungen, kollektiver wie auch individueller. Im Fokus steht dabei das Lager Oradour in Schwaz. Seine Geschichte wurde verschwiegen, verdrängt und vergessen, Zeitzeug:innen gibt es kaum mehr. Was also bleibt? Wie der Titel verrät, macht das Projekt Erinnerungen an Erinnerungen sichtbar und tastet nach dem, was verloren scheint. Im Rahmen einzelner Teilprojekte erwartet das Publikum zwischen 8. September 2023 und 28. Jänner 2024 ein reiches und vielfältiges Programm rund um besagtes Lager Oradour.

Das Lager Oradour

Das ehemalige Lager Oradour liegt im Gebiet der Stadt Schwaz in Tirol. Umgeben von Natur erinnert eine einsame Gedenkstele an den Ort, von dem heute kaum mehr jemand weiß, was hier einst geschehen ist: Während der NS-Zeit diente Oradour als Kriegsgefangenenlager, später als Entnazifizierungslager. Ab 1954 wurde es mit armen, wohnungslosen Menschen aus Schwaz besiedelt und bekam den Namen Märzensiedlung. Erst in den 1980er-Jahren wurde es völlig aufgelöst und geriet in Vergessenheit. „Memories of Memories“ jedoch nimmt die Spuren seiner Geschichte wieder auf. Diese reichen weiter, als man meinen könnte, denn seinen Namen teilt sich das Schwazer Lager Oradour mit dem französischen Ort Oradour-sur-Glane. Das Dorf wurde während des Zweiten Weltkriegs von den Nazis beinahe völlig ausgelöscht. Heute zählt es – ganz anders als Oradour in Tirol – zu den bedeutendsten Gedenkorten Frankreichs. Vor diesem Hintergrund findet auch die Gegenüberstellung der beiden Orte Einzug in „Memories of Memories“ und lässt es zu, die Tragweite von Erinnerung und Vergessen zu reflektieren.

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