Fermionische Atome sind Teilchen, die dem Pauli-Prinzip gehorchen; zwei von ihnen können gleichzeitig nie denselben Quantenzustand einnehmen. Das macht sie ideal für die Simulation von Systemen, in denen fermionische Eigenschaften eine entscheidende Rolle spielen, wie etwa Moleküle, Supraleiter und Quark-Gluon-Plasmen. „In Quantencomputern, die auf Qubits basieren, müssen zusätzliche Ressourcen eingesetzt werden, um diese Eigenschaften zu simulieren, in der Regel in Form von weiteren Qubits oder umfangreicheren Quantenschaltkreisen", erklärt Daniel Gonzalez Cuadra aus der Forschungsgruppe um Peter Zoller am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und am Institut für Theoretische Physik der Universität Innsbruck.
Quanteninformation in Fermionen speichern und verarbeiten
Ein fermionischer Quantenprozessor besteht aus einem fermionischen Register und einer Abfolge von fermionischen Quantengattern. „Das Register besteht aus einer Reihe von fermionischen Zuständen, die entweder leer oder von einem einzelnen Fermion besetzt sein können, und diese beiden Zustände bilden die lokale Einheit der Quanteninformation“, erläutert Daniel Gonzalez Cuadra. „Der Zustand des Systems, das wir simulieren wollen, z. B. ein aus vielen Elektronen bestehendes Molekül, wird im Allgemeinen eine Überlagerung vieler Besetzungsmuster sein, die direkt in dieses Register kodiert werden können.“ Diese Informationen werden dann in einem fermionischen Quantenschaltkreis verarbeitet, der beispielsweise die zeitliche Entwicklung eines Moleküls simulieren soll. Jede solche Operation kann in eine Folge von nur zwei Arten von fermionischen Gattern zerlegt werden, einem Tunnelgatter und einem Wechselwirkungsgatter.
Die Forscher schlagen vor, fermionische Atome in einer Anordnung optischer Pinzetten einzufangen. Das sind hochfokussierte Laserstrahlen, die Atome mit hoher Präzision halten und bewegen können. „Die benötigten fermionischen Quantengatter können auf dieser Plattform einfach implementiert werden: Tunnelgatter durch die Kontrolle des Tunnelns eines Atoms zwischen zwei optischen Pinzetten, Wechselwirkungsgatter, indem die Atome zunächst zu Rydberg-Zuständen angeregt werden, die ein starkes Dipolmoment haben“, sagt Gonzalez Cuadra.
Anwendungen von der Quantenchemie bis zur Teilchenphysik
Ein fermionischer Quantenprozessor ist besonders nützlich, um die Eigenschaften von Systemen zu simulieren, die aus vielen wechselwirkenden Fermionen bestehen, wie z. B. Elektronen in einem Molekül oder in einem Material oder Quarks in einem Proton, und könnte daher in vielen Bereichen Anwendung finden, von der Quantenchemie bis zur Teilchenphysik. Die Forscher zeigen, wie ihr fermionischer Quantenprozessor fermionische Modelle aus der Quantenchemie und der Gittereichtheorie effizient simulieren kann, zwei wichtige Bereiche der Physik, die mit klassischen Computern nur schwer zu lösen sind. „Da die Quanteninformation direkt in Fermionen verarbeitet wird, sind einige Eigenschaften des simulierten Systems auf Hardware-Ebene schon vorhanden, was bei einem Quantencomputer auf Qubit-Basis zusätzliche Ressourcen erfordern würde“, sagt Daniel Gonzalez Cuadra. „Ich bin sehr gespannt auf die Zukunft dieses Gebiets und möchte weiterhin dazu beitragen, indem ich die vielversprechendsten Anwendungen für die fermionische Quantenverarbeitung identifiziere und maßgeschneiderte Algorithmen entwerfe, die in bald verfügbaren Geräten laufen können.“
Die aktuellen Ergebnisse wurden in den Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht. Finanziell unterstützt wurde die Forschung unter anderem vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF, der Europäischen Union und der Simons Foundation.
Publikation:
Fermionic quantum processing with programmable neutral atom arrays. D. Gonzalez-Cuadra, D. Bluvstein, M. Kalinowski, R. Kaubruegger, N. Maskara, P. Naldesi, T. V. Zache, A. M. Kaufman, M. D. Lukin, H. Pichler, B. Vermersch, Jun Ye, and P. Zoller. PNAS 2023 DOI:
https://doi.org/10.1073/pnas.2304294120