Der Preis des Fürstentums Liechtenstein wird seit 1983 jährlich verliehen und zählt zu den renommiertesten Auszeichnungen für wissenschaftliche Forschung an der Universität Innsbruck und der Medizinischen Universität Innsbruck. Die Urkunden verlieh Regierungsrätin Dominique Hasler in feierlichem Rahmen im Claudiasaal in der Claudiana in der Innsbrucker Altstadt: „Als Bildungsministerin Liechtensteins ist die Verleihung dieses Preises für mich nicht nur eine Selbstverständlichkeit, sondern eine Herzensangelegenheit. Und ich sage Ihnen auch gerne, warum: Es ist die Wissenschaft, die an vorderster Front darum besorgt ist, dass sich unsere Gesellschaft immerzu weiterentwickelt. Es ist die Wissenschaft, die unter größtem Einsatz Antworten auf die vielen Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft sucht und findet. Es ist die Wissenschaft, auf die die Menschheit letztlich auf eine ganz tiefgreifende, die Grundfesten ihrer Existenz betreffende Art und Weise angewiesen ist. Mit Preisvergaben wie der heutigen können wir dieser enormen Bedeutung Rechnung tragen und die Verdienste jener Menschen, die es als ihre Aufgabe verstehen, sich als Forscherinnen und Forscher in den Dienst aller zu stellen, angemessen würdigen“, betonte die Regierungsrätin. Der mit insgesamt 14.000 Euro dotierte Preis wurde für das Jahr 2022 zu gleichen Teilen an die Ausgezeichneten übergeben.
Der Vizerektor für Forschung der Universität Innsbruck, Gregor Weihs, hob bei der Verleihung die große Relevanz des Preises für die Innsbrucker Forscherinnen und Forscher hervor: „Der Preis des Fürstentums Liechtenstein für wissenschaftliche Forschung motiviert unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu weiteren Spitzenleistungen – er ist eine wertvolle Unterstützung wissenschaftlicher Karrieren, dafür danken wir dem Fürstentum Liechtenstein herzlich. Seit nunmehr 40 Jahren ist der prestigeträchtige Preis des Fürstentums Ausdruck großer Anerkennung für die Forschung an unserer Universität.“
Auch Christine Bandtlow, Vizerektorin für Forschung und Internationales der Medizinischen Universität Innsbruck, unterstrich die Bedeutung des Preises: „Mit der Vergabe des renommierten Liechtensteinpreises wird seit über 40 Jahren ein Zeichen besonderer Hochachtung vor der Nachwuchsforschung gesetzt. Der Preis ist nicht nur Anerkennung, sondern auch Motivation für unsere jungen Forscherinnen und Forscher, weitere Spitzenleistungen zu erbringen.“
Die Preisträger:innen 2022
Universität Innsbruck
Die Bauingenieurin Gertraud Medicus vom Arbeitsbereich für Geotechnik forscht auf dem Gebiet der Bodenmechanik, konkret beschäftigt sie sich mit Materialmodellen, das sind mechanische Theorien, die Spannungen mit Verzerrungen verknüpfen – ein zentrales Thema im Bereich der Geotechnik, da die Qualität numerischer Simulationen von Böden von der Qualität des verwendeten Materialmodells abhängt. In den mit dem Liechtenstein-Preis ausgezeichneten Artikeln befasst sich Gertraud Medicus zusammen mit ihren Koautor:innen mit der Modellverbesserung, der Modellvalidierung und mit Kalibrierungsmethoden der Barodesie und Hypoplastizität. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Verbesserung von Prognosen der zyklischen Bodenbelastung. Gertraud Medicus studierte Bauingenieurwesen an der Universität Innsbruck und an der NTNU Trondheim (Norwegen). 2014 schloss sie das Doktoratsstudium der technischen Wissenschaften an der Universität Innsbruck mit Auszeichnung ab, ihre Dissertation „Barodesy and its application for clay“ wurde von der Österreichischen Gesellschaft für Geomechanik ausgezeichnet, danach war sie als Postdoc Projektmitarbeiterin und von 2017 bis 2022 leitete sie das FWF-Einzelprojekt „Reloading in Barodesy“. Seit 2022 hat Gertraud Medicus eine FWF-Elise-Richter-Stelle inne. Neben der Grundlagenforschung engagiert sich Medicus auch in der Lehre: Mit der internationalen Community teilt sie ihr Lehrmaterial über Materialmodelle als offene Bildungsressource, die für alle frei zugänglich ist.
Matthias Neuner vom Institut für Grundlagen der Technischen Wissenschaften widmet sich in seiner Forschung Aspekten des hochgradig nichtlinearen und zeitabhängigen Materialverhaltens kohäsiver Reibungsmaterialien. Ein Fokus liegt dabei auf der objektiven Modellierung verschiedener Versagensmechanismen bei diversen Belastungsszenarien mithilfe numerischer Simulationen, zudem beschäftigt sich Neuner mit fortschrittlichen experimentellen Methoden und umfassenden Versuchsprogrammen zur Bestimmung der Materialeigenschaften derartiger Werkstoffe. Neuner ist seit 2018 Senior Scientist am Arbeitsbereich für Festigkeitslehre und Baustatik des Instituts für Grundlagen der Technischen Wissenschaften. Nach dem Studium der Mechatronik an der Universität Innsbruck mit einem Masterabschluss im Jahr 2014 verteidigte er 2018 seine Dissertation Numerical and Experimental Modeling of Shotcrete and Application to Finite Element Analyses of Deep Tunnel Advance, welche mit dem Award of Excellence des Österreichischen Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung, sowie mit dem renommierten FCP-Preis ausgezeichnet wurde. Von 2021 bis 2022 absolvierte er einen Forschungsaufenthalt an der Stanford University. Für seine 2022 eingereichte und im März 2023 positiv beurteilte Habilitationsschrift Mechanics of Cohesive-Frictional Materials: Classical and Generalized Continuum Theories, Numerical Modeling, and Experimental Characterization erhält er nun den Liechtenstein-Preis.
Der Historiker Jonathan Singerton veranschaulicht in drei Werken, für die er nun den Liechtenstein-Preis erhält, die Dynamik der habsburgischen Geschichte aus einer globalen Perspektive. Seine Monographie „The American Revolution and the Habsburg Monarchy“ (2022) ist die erste Publikation, die die Auswirkungen der Amerikanischen Revolution in den habsburgischen Ländern umfassend analysiert. Diese Arbeit spiegelt seinen umfassenden Ansatz zum Studium der Geschichte aus einer internationalen Perspektive wider. In zwei von Experten begutachteten Aufsätzen führt Singerton diesen Ansatz fort, indem er die Rolle der schottischen Aufklärung bei der Entwicklung der habsburgischen Staatsreform untersucht. 2019 hat Singerton an der Universität Innsbruck als Projektmitarbeiter und dann als Universitätsassitant begonnen. Er studierte Germanistik und Geschichte in Birmingham und promovierte 2018 zu den Beziehungen der Habsburgermonarchie und den Vereinigten Staaten in Edinburgh. Sein Buch zur amerikanischen Revolution und der Habsburgermonarchie, in dem er anhand von fast fünfzig Archiven die Bedeutung der Habsburger bei der Gründung der Vereinigten Staaten rekonstruierte, wurde als bedeutende Errungenschaft in der internationalen Geschichte sowohl der Habsburgermonarchie als auch der Amerikanischen Revolution angesehen. Er war Gastwissenschaftler an der University of Notre Dame und der Thomas Jefferson Foundation in den Vereinigten Staaten. 2022 wurde er zum Fellow der Royal Historical Society in London gewählt.
Medizinische Universität Innsbruck
Julian Schwärzler forscht an der Univ.-Klinik für Innere Medizin I (Direktor: Herbert Tilg) zum Zusammenspiel von umweltbedingten und genetischen Risikofaktoren und deren Auswirkungen auf Darmentzündungen und Schleimhauthomöostase, insbesondere in Darmepithelzellen. In den nun ausgezeichneten Forschungsarbeiten konnten Schwärzler und Kolleg:innen nachweisen, dass mehrfach ungesättigte Fettsäuren, wie sie in der westlichen Diät gehäuft vorkommen, Darmentzündungen bei Mäusen auslösen. Eine relevante Rolle spielt dabei das entzündungshemmende Enzym GPX4, das vor Oxidation von ungesättigten Fettsäuren schützt. Diese Erkenntnis aus dem Tiermodell konnte er schließlich auch für den Menschen belegen. „Anhand von Darmepithel-Organoiden und zwei unabhängigen Patientenkohorten wiesen wir nach, dass Omega 3 und Omega 6-Fettsäuren einen Entzündungsreiz in der Darmschleimhaut von Patienten mit Morbus Crohn auslösen und die Menge der mit der Nahrung aufgenommenen Fettsäuren mit der Krankheitsschwere korreliert“, berichtet der Forscher. Julian Schwärzler hat an der Medizin-Uni Innsbruck Medizin studiert und absolviert derzeit im Doktoratsprogramm Infection, Immunity & Transplantation (IIT) seinen PhD. Während seines Doktorats forschte der 30-Jährige auch im Labor von Charles Dinarello, einem international anerkannten US-amerikanischen Mediziner und Begründer der Zytokinbiologie. Erst kürzlich wurde Julian Schwärzler mit der ÖGGH-Wissenschaftsförderung – dem größten Förderpreis auf dem Gebiet der Gastroenterologie und Hepatologie in Österreich – ausgezeichnet.