Zwei Menschen mit Stirnlampen in einer Höhle

Christoph Spötl (links) und Jens Fohlmeister in der Fledermauskluft der Bettenhöhle (Melchsee-Frutt/Zentralschweiz)

Son­nen­ein­strah­lung beein­flusste Kli­ma­dy­na­mik von Eis­zei­ten

Forscher:innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz dokumentieren an Tropfsteinen die Bedeutung der orbital getriebenen Sonneneinstrahlung für abrupte Veränderungen des eiszeitlichen Klimas. Mit dabei war auch Christoph Spötl von der Universität Innsbruck.

Die Sonneneinstrahlung im Sommer beeinflusste in vergangenen Eiszeiten das Auftreten von Warm- und Kaltperioden und spielte eine wichtige Rolle beim Auslösen abrupter Klimaänderungen. Darauf deutet eine Studie von Klimaforscher:innen, Geowissenschaftler:innen und Umweltphysiker:innen hin. Anhand von Tropfsteinen in den Alpen konnten sie aufzeigen, dass Warmphasen vor allem dann auftraten, wenn die sommerliche Sonneneinstrahlung auf der nördlichen Hemisphäre Maxima erreichte.

Vergangene Eiszeiten auf der Nordhemisphäre waren von plötzlichen Übergängen zwischen kalten und warmen Phasen geprägt, die jeweils mehrere tausend Jahre andauerten. Der Grund für diese Schwankungen ist nicht abschließend geklärt, wird in der Wissenschaft jedoch auf Effekte zurückgeführt, die mit der Größe der kontinentalen Eisschilde zusammenhängen. In grönländischem Eis sind 25 solcher Warm-Kalt-Zyklen zwischen 115.400 und 14.700 Jahre vor unserer Zeit dokumentiert. Anhand von Tropfsteinen aus dem Melchsee-Frutt-Höhlensystem in den Schweizer Alpen konnten die Forscher erstmals 16 solcher Schwankungen für die Zeit der vorletzten Eiszeit vor 185.000 bis 130.000 Jahren mit hoher Präzision untersuchen.

Archive der Klimaforschung

„Das Alter von Tropfsteinen kann präzise bestimmt und somit die zeitliche Abfolge von abrupten Klimaschwankungen analysiert werden, die wir an ihrer Sauerstoff-Isotopenzusammensetzung ablesen“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Christoph Spötl vom Institut für Geologie der Universität Innsbruck, der an den Feldforschungen in der Schweiz beteiligt war und der für einen Teil der Laboranalytik verantwortlich war.

„Tropfsteine in Höhlen gehören zu den wesentlichen Archiven der Klimaforschung, die genaue Hinweise auf Veränderungen der Temperatur, auf Niederschläge oder die Vegetationsbedeckung geben“, so der Leiter der Studie, Dr. Jens Fohlmeister, der zum Zeitpunkt der Forschungsarbeiten am Geoforschungszentrum Potsdam sowie am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung forschte.

Die Übergänge von Warm-Kalt-Zyklen in der vorletzten Eiszeit haben die Wissenschaftler:innen untersucht, indem sie das Alter und die Sauerstoffisotopenzusammensetzung von Tropfsteinen aus dem Melchsee-Frutt-Höhlensystem analysierten. Anhand der neu gewonnenen Forschungsdaten konnten sie zeigen, dass Warmphasen vor allem während der Hochphase der sommerlichen Sonneneinstrahlung auf der nördlichen Hemisphäre auftraten, selbst wenn der Meeresspiegel während der Hauptglazialzeiten nahe seinem Minimum blieb. Modellsimulationen bestätigen diese Beobachtungen. Sie prognostizieren in Übereinstimmung mit den Forschungsdaten aus dem Melchsee-Frutt-Höhlensystem sowohl die Häufigkeit als auch die Dauer von Warmphasen bei entsprechendem Meeresspiegel und gegebener Sonneneinstrahlung.

An den Forschungsarbeiten beteiligt waren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und des Deutschen Geoforschungszentrums Potsdam, der Universität Innsbruck, der Universität Heidelberg, des Schweizerischen Instituts für Speläologie und Karstforschung und der Stiftung Naturerbe Karst und Höhlen Obwalden (Schweiz). Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Communications Earth & Environment“ veröffentlicht.

 

Veröffentlichung:

J. Fohlmeister, M. Luetscher, C. Spötl, A. Schröder-Ritzrau, B. Schröder, N. Frank, R. Eichstädter, M. Trüssel, V. Skiba and N. Boers: The role of Northern Hemisphere summer insolation for millennial-scale climate variability during the penultimate glacial. Communications Earth & Environment (6 July 2023), https://doi.org/10.1038/s43247-023-00908-0

Weitere Informationen:

https://quaternary.uibk.ac.at/

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