Der Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi hatte die Studie „Innsbruck Aktiv gegen Teuerung“ bei Leonhard Dobusch in Auftrag gegeben: „Ziel war es herauszuarbeiten, wo wir auf kommunaler Ebene in Ergänzungen zu den Hilfen von Bund und Land weitere gezielte Unterstützungsmöglichkeiten anbieten können.“ Diese Prämisse war auch Ausgangspunkt der Überlegungen für die nun präsentierte Studie: „Klar ist, Kommunen alleine können die Teuerungen nicht zur Gänze abfedern. Aber sie können zusätzliche Unterstützungen anbieten – akut wie potenziell längerfristig“, erklärt Dobusch.
Bestandsaufnahme
Basis für die Evaluierung war auch eine Bestandsaufnahme bzw. eine Beschreibung des Ist-Zustandes: Wie steht es um die Finanzkraft der Innsbruckerinnen und Innsbrucker und welche Maßnahmen sind für finanzschwache Menschen bereits vorhanden? Laut Statistik Austria bildete Innsbruck mit einem durchschnittlichen Jahresbruttoeinkommen von 29.546 Euro in 2019 das Schlusslicht unter den Landeshauptstädten, weist aber gleichzeitig österreichweit die höchsten Lebenserhaltungskosten auf. Bund, Land Tirol und die Stadt Innsbruck unterstützen einkommensschwache Menschen mit Mindestsicherung und anderen Sozialleistungen, gleichzeitig gibt es viele, die aufgrund ihres Einkommens für bestimmte Leistungen nicht infrage kommen, aber sich dennoch im unteren Einkommenssegment befinden und neben der Erhaltung ihrer Lebenskosten nur, wenn überhaupt, sehr wenig Geld zur Verfügung haben. „Diese Menschen laufen Gefahr, trotz Einkommens, an oder unter die Armutsgefährdungsschwelle zu geraten. Von einigen gesellschaftlichen Teilhabemöglichkeiten sind sie bereits jetzt ausgeschlossen“, führt Dobusch aus.
Die Armutsgefährdungsschwelle ist, wie auch in der Studie ausgeführt wird, ein Schwellenwert, der die Armutsgefährdung anhand des Einkommens definiert und liegt bei 1.371 Euro netto. „Dieser Betrag macht deutlich, dass nicht nur Bezieherinnen und Bezieher der Mindestsicherung armutsgefährdet sind.“ In Österreich fallen aktuell 14,7 Prozent unter diese Schwelle, in Tirol ist dieser Prozentsatz mit 16,7 noch einmal höher.
„Innsbruck Aktiv-Card“ als langfristige Lösung
Neben möglichen akuten Hilfestellungen hat die Machbarkeitsstudie vor allem untersucht, welche strukturellen Maßnahmen finanzschwachen Personen langfristig unterstützen und ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sichern könnte. Vorgeschlagen wird eine „Innsbruck Aktiv Card“, die verschiedene Ermäßigungen und Zuschüsse beinhaltet und auch bereits bestehende Aktionen und Ermäßigungen miteinschließen würde. Vorbild sind hier Städte wie Linz, Graz und Wien, die ein solches Angebot bereits etabliert haben. Konkret für Innsbruck werden in der Studie folgende Ermäßigungen vorgeschlagen: für den Jahrestarif des Stadtrades, die Benutzung des Frauen-Nachttaxis, Eintritte in die Bäder der Stadt, die Eishalle, Theater und Museen, den Jahrestarif der Stadtbibliothek, den Jahresbeitrag von Sportvereinen, für Kurse der Volkshochschule sowie Ermäßigungen bei Druckkosten oder den Kauf von FFP2-Masken.
Mini-, Midi- und Maxi-Paket
Wer hätte Anspruch auf eine solche „Innsbruck Aktiv Card“? In Hinblick auf die Einkommensgrenzen, wie in der Studie ausgeführt, orientieren sich Graz und Linz zum Beispiel am oben erklärten EU-weiten Schwellenwert eines 1.371 Netto-Einkommens. In Linz liegt die Einkommensgrenze für Anspruchsberechtigte bei 1.324 Euro, in Graz bei 1.154,15 Euro – beide Werte gelten seit 2022. In der Studie werden drei unterschiedliche Schwellenwerte, jeweils verbunden mit unterschiedlichen Leistungspaketen, vorgeschlagen. „Angeboten werden können, je nach Einkommen, ein sozusagen Mini-, Midi- und Maxipaket an Ermäßigungen“, erklärt Prof. Dobusch. Die Schwellenwerte: 1.166,6 Euro oder weniger für die Version Mini, 1.333,3 Euro oder weniger für die Version Midi und 1.500 Euro oder weniger für die Version Maxi. „Diese Werte beziehen sich auf das monatliche Nettoeinkommen, Sonderzahlungen bleiben dabei unberücksichtigt“, ergänzt Dobusch.
Teil der Studie ist auch eine Kostenkalkulation für diese drei Pakete. Geht man davon aus, dass 50 Prozent der Berechtigten dieses Angebot annehmen, würden die Kosten für die Mini-Variante bei geschätzten 979.617,01 Euro liegen, 1.167.042,22 für die Midi- und 1.363.065,17 für die Maxi-Version. Bei 75 Prozent Inanspruchnahme lägen die Kosten bei 1.498.133,13, 1.779.270,94 oder 2.073.305,37 Euro.
Wie geht es weiter?
Nach der Präsentation der Studie geht es nun in die politischen Verhandlungen, einbezogen werden sollen hier auch die städtischen Fachämter und Innsbrucker Sozialvereine. „Die vorliegende Studie bietet eine hervorragende evidenzbasierte Grundlage für die weiteren Schritte in den zuständigen politischen Gremien“, betont Bürgermeister Willi und bedankte sich im Rahmen der Vorstellung auch bei den beiden Studienautoren Univ.-Prof. Dr. Leonhard Dobusch und Daria Schaller, MSc. „Wir haben breiten Konsens, dass wir als Stadt in Hinblick auf die aktuellen Krisen aber auch längerfristig finanzschwachen Menschen nachhaltig unterstützen wollen. Aufgabe der Politik ist es jetzt, rasch ein beschlussfähiges Paket zu schnüren und zu beschließen“, so Willi abschließend.