Glasfiguren, die den Pilzsporen des neu entdeckten Pilzes Tyroliella nachempfunden wurden.

Ursula Peintner ließ die Sporen der neuentdeckten Pilzgattung Tyroliella zur Veranschaulichung in Form eines Glaskunstwerkes nachbilden.

Tirol ist Namens­ge­ber für neu ent­deckte Pilze

Eine neue Pilzgattung und eine bisher unbekannte Pilzart wurden von Innsbrucker Mykolog*innen nach ihrem Fundort Tirol benannt. Ursula Peintner und Martin Kirchmair vom Institut für Mikrobiologie der Universität Innsbruck haben ihre Neuentdeckungen „Tyroliella“ sowie „Penicillium tirolense“ getauft. Die Schimmelpilze wurden in zwei wissenschaftlichen Publikationen beschrieben.

Pilze gehören zu den größten Organismengruppen der Erde mit mehreren Millionen Spezies. Ihre Vielfalt ist enorm und neben überraschenden Eigenschaften bereits bekannter Pilze werden in den letzten Jahren durch die Verbesserung von Forschungsmethoden auch zunehmend neue Arten und Gattungen von Pilzen entdeckt und beschrieben. So fanden Forscher*innen des Instituts für Mikrobiologie der Uni Innsbruck in den vergangenen Monaten gleich mehrere bisher unbekannte Pilze. Da einige dieser Entdeckungen auf Tiroler Gebiet gemacht wurden, entschieden sich die Forscher*innen Ursula Peintner vom Forschungsbereich „Pilzökologie“ und Martin Kirchmair vom Bereich „Pilzsystematik und Taxonomie“ dies auch in deren Benennung abzubilden. Die neu beschriebenen Pilze sind den Bodenpilzen zuzuordnen. Sie sind zwar mikroskopisch klein, spielen aber eine potenziell wichtige Rolle im (Boden-)Ökosystem. Detailliertere Kenntnisse über die Komplexität des Zusammenspiels von Pilzen sind zentrale Voraussetzung für ein fundiertes Verständnis der Prozesse in Ökosystemen. Taxonomische Beschreibungen neuer Pilz-Entdeckungen sind daher ein wichtiges Forschungsfeld in der Mikrobiologie und haben an der Universität Innsbruck eine jahrzehntelange Tradition. Die neuen Pilze wurden in den Fachmagazinen „Studies in Mycology“ und „Fungal Systematics and Evolution“ beschrieben.

Blick durch das Mikroskop auf die im Labor kultivierte Pilzgattung Tyroliella.

Blick durch das Mikroskop auf die im Labor kultivierte Pilzgattung Tyroliella.

Blick durch das Mikroskop auf die im Labor kultivierte Pilzart Penicillium tirolense.

Blick durch das Mikroskop auf die im Labor kultivierte Pilzart Penicillium tirolense.

Pilzgattung Tyroliella

Umfangreiche Boden-Beprobungen auf Seehöhen zwischen 1900 und 2300 Metern Seehöhe im Grenzgebiet zwischen Tirol und Südtirol wie etwa am Pfitscherjoch im Zillertal führten zur Entdeckung einer eigenen neuen Gattung von Pilzen. „Gerade in alpinen und subalpinen Bereichen sind Bodenpilze noch weitgehend unerforscht. Mit modernsten molekularen Techniken können wir die Vielfalt aber nun besser abbilden“, erklärt die Mykologin Ursula Peintner. Insgesamt 13 neue Arten und eine neue Gattung – Tyroliellia – beschrieb die Forscherin mit ihrem Team in einer kürzlich erschienenen Publikation. Tyroliellia ist nun eine neue Gattung von weit verbreiteten Bodenpilzen, und ebenfalls den Schimmelpilzen zuzuordnen. Diese Pilze können auch bei niedrigen Temperaturen noch in schneebedeckten Böden wachsen und sind daher für alpine Standorte besonders wichtig. „Bodenpilze erfüllen eine Schlüsselfunktion, indem sie etwa totes Pflanzenmaterial während des Winters abbauen, und durch ihre Interaktion mit Bakterien und Pflanzen auch deren Wachstum erleichtern“, verdeutlicht Peintner. „Gerade diese Interaktion zwischen den Organismen wird uns auch in Zukunft weiter beschäftigen.“ Ursula Peintner widmet ihre im renommierten Fachjournal „Studies in Mycology“ veröffentlichte Entdeckung dem Land Tirol und dem Land Südtirol, kürzlich übergab die Forscherin ein Glaskunstwerk in Form der Tyroliella-Pilzspore an Landeshauptmann von Südtirol Arno Kompatscher.

Pilzarten Penicillium tirolense und Penicillium poederi

Bei den vom Team rund um den Mykologen Martin Kirchmair entdeckten neuen Pilzarten handelt es sich um Schimmelpilze der Gattung Penicillium. „Das sind Zufallsfunde, die sich im Rahmen der Forschungsvorhaben rund um Masterarbeiten bei uns am Institut ergeben haben“, sagt Kirchmair. Eigentliches Thema war die Analyse des Echten Hausschwammes, eines holzzerstörerischen Pilzes. „Von diesem Pilz wurden in einem befallenen Holzstadl in Matrei am Brenner Proben entnommen und bei den Analysen im Labor haben wir festgestellt, dass er mit einer bisher unbekannten Art der Schimmelpilz-Gattung Penicillium vergesellschaftet ist“, so der Forscher. „Es handelt sich dabei um extrem langsam wachsende Pilze, daher ist eine Kultivierung im Labor sehr komplex, denn sie können leicht übersehen werden. Aufgrund des Ortes dieses Erstfundes haben wir uns dazu entschlossen, diese Neuentdeckung Penicillium tirolense zu nennen.“
Ebenfalls aus dieser Schimmelpilz-Gattung stammt der zweite Fund, der auch in der Publikation beschrieben wird. Penicillium poederi wurde in einer Bodenprobe aus einer vulkanischen Sukzessionsfläche in Island isoliert. Sie ist dem 2015 verstorbenen österreichischen Mykologen Reinhold „Bodo“ Pöder gewidmet, der jahrelang an der Universität Innsbruck wirkte.
 
Welche weiteren Eigenschaften die neu entdeckten Pilze haben und welche Rolle sie in ihren jeweiligen Habitaten spielen, werden weitere Analysen zeigen.
 
Publikationen:
 
Telagathoti A, Probst M, Mandolini E, Peintner U (2022). Mortierellaceae from subalpine and alpine habitats: new species of Entomortierella, Linnemannia, Mortierella, Podila and Tyroliella gen. nov. Studies in Mycology 103: 25–58. DOI: 10.3114/sim.2022.103.02

Kirchmair M, Embacher J, Heimdörfer D, Walch G, Neuhauser S (2022). Penicillium poederi and Penicillium tirolense, two new species of section Torulomyces. Fungal Systematics and Evolution 10: 91–101.
DOI: 10.3114/fuse.2022.10.03

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