Bei seiner Mission, das Universum zu vermessen, wird das Weltraumteleskop Euclid der Europäischen Weltraumorganisation ESA Milliarden entfernter Galaxien abbilden. Einen ersten Eindruck von der Qualität der Bilder, die Euclid liefert, konnte man sich im November 2023 und im Mai 2024 verschaffen – die ESA veröffentlichte erste Bilder des Weltraumteleskops. Im Hintergrund jedes dieser Bilder sind hunderttausende Galaxien zu sehen. Die kommenden sechs Jahre soll die Sonde täglich etwa 100 GB an Daten zur Erde senden. Eine sehr große Menge; aus diesem Grund haben sich die Wissenschaftler:innen der ESA und des Euclid-Konsortiums mit Galaxy Zoo zusammengetan, einem Citizen-Science-Projekt auf der Plattform Zooniverse, bei dem die Öffentlichkeit dabei helfen kann, die Formen von Galaxien zu klassifizieren. Das Euclid-Konsortium wird seine ersten Datenkataloge ab 2025 der wissenschaftlichen Gemeinschaft zur Verfügung stellen, aber bis dahin kann jede:r Freiwillige, der oder die am Projekt Galaxy Zoo teilnimmt, einen Blick auf bisher ungesehene Bilder des Teleskops werfen und helfen, die dort festgehaltenen Galaxien zu klassifizieren.
Menschen und KI arbeiten zusammen
Diese Klassifizierungen sind nicht nur wegen ihres unmittelbaren wissenschaftlichen Potenzials nützlich, sondern auch als Trainingsmaterial für KI-Algorithmen. Ohne von Menschen beigebracht zu bekommen, wonach sie suchen müssen, haben KI-Algorithmen Schwierigkeiten, Galaxien zu klassifizieren. Gemeinsam können Menschen und KI jedoch eine unbegrenzte Anzahl von Galaxien genau klassifizieren. Das Team von Zooniverse hat einen KI-Algorithmus namens ZooBot entwickelt, der zunächst die Euclid-Bilder durchforstet und die „einfacheren“ Galaxien kennzeichnet, von denen es in früheren Galaxiendurchmusterungen bereits viele Beispiele gibt. Wenn ZooBot sich bei der Klassifizierung einer Galaxie nicht sicher ist, z. B. wegen komplexer oder schwacher Strukturen, zeigt er sie den Nutzer:innen von Galaxy Zoo, um dadurch Klassifizierungen durch Menschen zu erhalten, die ZooBot wiederum helfen, zu lernen.
Auf der Plattform werden den Freiwilligen Bilder von Galaxien gezeigt und dann verschiedene Fragen gestellt, z. B. „Ist die Galaxie rund?“ oder „Gibt es Anzeichen für Spiralarme?“. Nachdem ZooBot auf diese menschlichen Klassifizierungen trainiert wurde, wird er in die Euclid-Kataloge integriert, um detaillierte Klassifizierungen für Hunderte von Millionen von Galaxien zu liefern. Dadurch entsteht der bisher größte wissenschaftliche Katalog von Galaxien, was bahnbrechende neue Wissenschaft ermöglicht.
Ab sofort teilnehmen
„Dieses Zooniverse-Projekt hilft uns, die Form und Struktur von hunderten von Millionen Galaxien über die kosmische Zeit hinweg zu charakterisieren. Es ist von großer Bedeutung, weil es die Möglichkeiten der Citizen Science nutzt und sie mit künstlicher Intelligenz kombiniert, um unser Verständnis der Entstehung und Entwicklung von Galaxien zu verbessern“, betont Prof. Francine Marleau vom Institut für Astro- und Teilchenphysik. Sie ist Mitglied des Euclid-Konsortiums und leitet dort die wissenschaftliche Arbeitsgruppe „Lokales Universum“, außerdem koordiniert sie ein „Data Release 1“ (DR1) Key Project. Des Weiteren ist sie Mitglied der Arbeitsgruppen „Galaxy and AGN Evolution“ und „Milky Way Resolved Stellar Population“.
Der erste Datensatz mit zehntausenden von Galaxien, die aus mehr als 800.000 Bildern ausgewählt wurden, ist auf der Plattform verfügbar und wartet darauf, von Interessierten klassifiziert zu werden. Wer sich an dem Projekt beteiligt, gehört zu den ersten Menschen überhaupt, die die neuesten Bilder von Euclid zu Gesicht bekommen und ist vielleicht sogar der erste Mensch, der die konkrete Galaxie auf dem Bild sieht.
Weitere Informationen zur Teilnahme gibt es auf der Website von Galaxy Zoo (englisch): https://www.zooniverse.org/projects/zookeeper/galaxy-zoo/
Über Euclid
Euclid wurde im Juli 2023 gestartet und begann seine wissenschaftlichen Beobachtungen am 14. Februar 2024. Ziel der Mission ist, den verborgenen Einfluss von dunkler Materie und dunkler Energie auf das sichtbare Universum aufzudecken. Über einen Zeitraum von sechs Jahren wird Euclid die Formen, Entfernungen und Bewegungen von Milliarden von Galaxien in einem Bereich von 10 Milliarden Lichtjahren beobachten.
Euclid ist eine europäische Mission, die von der ESA gebaut und betrieben wird und an der sich auch die NASA beteiligt. Das Euclid-Konsortium – bestehend aus mehr als 2000 Wissenschaftler:innen aus 300 Instituten in 15 europäischen Ländern, den USA, Kanada und Japan – ist für die Bereitstellung der wissenschaftlichen Instrumente und die wissenschaftliche Datenanalyse verantwortlich. Die ESA wählte Thales Alenia Space als Hauptauftragnehmer für den Bau des Satelliten und seines Servicemoduls aus, während Airbus Defence and Space mit der Entwicklung des Nutzlastmoduls, einschließlich des Teleskops, beauftragt wurde. Die NASA stellte die Detektoren des Nahinfrarot-Spektrometers und -Photometers (NISP) zur Verfügung. Euclid ist eine Mission mittlerer Klasse im Rahmen des Cosmic-Vision-Programms der ESA.