Blick in die Aula der Universität Innsbruck

Der Medientag an der Universität Innsbruck war auch in diesem Jahr sehr gut besucht.

Medien­tag: Des­in­for­ma­tion „Prüf­stein“ bei Wah­len

Beim diesjährigen Medientag der Universität Innsbruck ist vergangene Woche die Rolle von Medien und neuen – auch manipulativen – Technologien beleuchtet worden. Insbesondere wurden die Bedeutung im Superwahljahr und damit einhergehende Desinformationskampagnen in den Fokus genommen. Klassische Medien würden dabei eine wichtige Rolle spielen.

Die Frage nach der „Art und Weise wie politische Information verbreitet und manipuliert werden kann“, stehe immer häufiger in der öffentlichen Diskussion, sagte Moser Holding CEO Silvia Lieb zu Beginn der Veranstaltung in der Aula der Universität. Es sei auch nicht absehbar, wie Künstliche Intelligenz (KI) in Zukunft eingesetzt werde, um die politische Meinungsbildung zu beeinflussen. Diskutiert werden müsste dabei die „Frage nach Aufgabe und Rolle klassischer Medien". Es sei eine "enorm wichtige gesellschaftliche und demokratiepolitische Aufgabe für den Qualitätsjournalismus, um zur Meinungsbildung von Wählerinnen und Wählern beizutragen.“

Rektorin Veronika Sexl verwies darauf, dass damit auch die "Verantwortung von Bildungseinrichtungen" wachse. Dem schloss sich Petra Missomelius, Sprecherin des Forschungszentrums Innsbruck Media Studies, an. Wahlen seien nun für den Umgang mit neuen Informationstechnologien ein „Prüfstein“ für die Gesellschaft, die auch Auswirkungen auf Bildungseinrichtungen hätten. Mittlerweile würde an den Universitäten daher die Vermittlung von Medienkompetenzen gelehrt.

Desinformation – KI verschärft jedoch die Situation

„Wahlen sind ein Katalysator für Desinformation“, stellte Charlotte Friehse von der Bertelsmann Stiftung, fest. In westlichen Demokratien stünden etwa Migration, Klima und Geschlechtergerechtigkeitsthemen in Desinformationskampagnen im Fokus. Auch der politische Prozess der Wahl selbst werde dabei zur Zielscheibe, wie das Aufbringen der "stolen election" durch den nun wiedergewählten US-Präsidenten Donald Trump noch vor seiner Niederlage bei der Präsidentschaftswahl im Jahr 2020. Dass Künstliche Intelligenz und damit auch das Kreieren von Deep Fakes immer zugänglicher werde, verschärfe das Problem. Gleichzeitig merkte Friehse an: „Desinformation ist ein altes Problem und gab es schon vor Social Media.“

In der Praxis gibt es mittlerweile etablierte Strategien, um auch auf technischer Ebene „Desinformation auf die Schliche“ zu kommen, sagte Susanne Puller-Knittelfelder, stellvertretende APA-Chefredakteurin bei einer Podiumsdiskussion. Ein Faktencheck-Team geht laufend Behauptungen und Geschichten auf Social Media nach und unterstützt auch die Redaktion mit dem Erkennen von KI-generierten Bildern. Der abgelaufene Nationalratswahlkampf sei aber dahingehend nicht besonders auffällig gewesen.

Auch Matthias Krapf, Chefredakteur der „Tiroler Tageszeitung“ sprach davon, dass österreichische Parteien Wahlkämpfe auf Social Media noch „ziemlich konventionell“ betreiben würden. Dennoch habe man heuer registriert, dass Parteien dahingehend „massiv aufgerüstet“ haben. Alena Wacenovsky von „Die Chefredaktion“ beobachtete in sozialen Netzwerken, dass es dort „sehr viel Desinformation“ gebe und dass unter jungen Menschen „das Misstrauen in Journalismus“ steige. Umso mehr gelte es, den Unterschied zwischen Journalismus und Influencern deutlich zu machen.

„Militarisierung der Kommunikation“

Dirk Helbling von der ETH Zürich zeichnete in seinem Impulsvortrag ein eher düsteres Bild der Ist-Situation und ortete eine „Militarisierung der Kommunikation“. Die Welt befinde sich mittlerweile in einem „globalen Informationskrieg“, nachdem wir uns in einer „Aufmerksamkeitsökonomie“ befänden. „Nicht was am meisten Lärm macht, ist am wichtigsten. Was ruhig daherkommt, wird oft übersehen“, hielt Helbling fest. Er verwies insbesondere auf die Macht von Algorithmen, die unser Verhalten letztendlich manipulieren und dadurch auch Wahlen beeinflussen würden. Die Lösung sah er in verstärkter Partizipation.

Alexander Peterhänsel von der OTH Amberg-Weiden in Bayern kritisierte indes, dass politischen Entscheidungsträgern „massives Verständnis für IT“ fehle und dadurch ein jahrzehntelanger Vorsprung der Privatwirtschaft einhergehe. In einem Forschungsprojekt fragte er nach der „Auflösung der Privatsphäre“ durch eine mittlerweile selbstverständliche Herausgabe biometrischer Daten, die letztlich auch Informationen enthalten würden. Schließlich gäbe es seiner Ansicht nach ohne Privatsphäre „keine Notwendigkeit für demokratische Prozesse mehr“.

Der jährliche Medientag an der Universität Innsbruck stellt eine Zusammenarbeit der Universität Innsbruck mit der „Tiroler Tageszeitung“ und der APA-Austria Presse Agentur unter Kooperation mit dem ORF Tirol und Radio Freirad dar. Er fand heuer zum 19. Mal statt.

(science.apa.at)

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