„Uni ist und lebt von Vielfalt“ – das Motto des Leitbildes wurde bei der Woche der Vielfalt vom 3. Juni bis 8. Juni 2024 zelebriert. Dazu hatte die Universität Innsbruck zum dritten Mal geladen. „Wir wollen die Vielfalt der Menschen, die unsere Universität ausmachen, sichtbar machen – sowohl nach innen als auch nach außen“, erklärte Rektorin Veronika Sexl bei der Eröffnung der dazugehörigen Podiumsdiskussion zu Gender Studies.
In der Woche der Vielfalt wurde der Fokus auf Diversität in unterschiedlichen Dimensionen gelenkt und die Unterschiedlichkeit aller Menschen gefeiert. Ob sexuelle Orientierung, Geschlecht, soziale Herkunft, Alter, Kultur, Religion, physische Fähigkeiten oder andere individuelle Merkmale, alle sind anders und bereichern die Gesellschaft und Universität auf ihre Weise.
„Vielfalt ist nicht nur ein zentraler Wert, den wir an der Universität Innsbruck hochhalten, sondern auch eine unverzichtbare Voraussetzung für eine lebendige, innovative und zukunftsorientierte Wissenschaft“, so die Rektorin.
Vielfalt erfahrbar machen
In den Tagen haben viele Menschen dazu beigetragen, die Vielfalt der Universität sichtbarer, erlebbarer, erfahrbarer und damit noch größer zu machen. Eine bunte Fülle an Ideen, Theorien, Arbeitsweisen und Diskussionen konnte sich entfalten.
Am Programm standen u.a. Vorträge und Lehrveranstaltungen an unterschiedlichen Fakultäten. Zum Auftakt der Woche stellte Wolfgang Voigt, der ehemalige stellvertretende Direktor am Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt am Main, im Archiv für Bau.Kunst.Geschichte im Adambräu sein Buch „Schwule Architekten – Gay architects“ vor. Voigt und Architekturhistoriker Uwe Bresan erforschten historische Architektenpersönlichkeiten, die außerhalb der heterosexuellen Norm gelebt haben. Deren Privatleben musste u.a. wegen rigider Strafverfolgung oft geheim gehalten werden, weshalb die Autoren von „verschwiegenen Biografien“ schreiben. 41 Porträts aus dem 18. bis 20. Jahrhundert aus Europa, Nordamerika und Palästina samt eindrucksvollen Bauten kamen zustande.
In der Haymon-Buchhandlung stellte Nada Chekh im vollen Haus ihr Buch „Eine Blume ohne Wurzeln“ vor. Darin beschreibt die Österreicherin mit arabischen Eltern wortgewandt, wie sie „zwischen Doppelleben und Doppelmoral Selbstbestimmung“ fand. Chekh erzählte von ihrer Kindheit und den Versuchen ihrer Eltern, sie und ihre Geschwister in Arabisch-Kursen mäßig erfolgreich unterzubringen und warum sie – als Österreicherin – für Diskussionen zur Diskriminierung angefragt wird.
Um eine vielfältige Lebensgeschichte ist es auch bei der Filmvorführung im Leokino gegangen. Zum 30-Jahr-Jubiläum lief „Forrest Gump“ über die große Leinwand und bezeugte, wie man mit unerschütterlichem Optimismus schicksalshafte Wandlungen überstehen und dabei unterschiedliche Menschen kennenlernen kann.
Attacken auf Andersartigkeit
Andersartigkeit wird von manchen zu Unrecht zum bedrohlichen Feindbild gemacht. Auch das war Thema bei der Woche der Vielfalt. Aggressionen, Übergriffe, Attacken und Diskriminierungen bleiben im täglichen Leben leider nicht aus, wie weltweite Medienberichte zeigen. Öffentliche Bekenntnisse zur Diversität geraten unter Druck. Besondere Aufmerksamkeit wurde darauf bei der Podiumsdiskussion in der Aula in der Hauptuniversität gelegt. Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung (CGI) und Büro für Gleichstellung und Gender Studies luden zum Gespräch zum Thema „Angriffe auf Gender Studies als Angriffe auf die Demokratie“.
Errungenschaften in der Gleichstellung und gesellschaftliche Auswirkungen seien spürbar geworden, erklärte Judith Goetz vom Institut für Erziehungswissenschaft an der Universität Innsbruck, „zumindest auf politischer Ebene, auf Einstellungsebene gibt es noch viel zu tun“. Die Angriffe auf Gender Studies seien Goetz zufolge eine „Reaktion auf diesen Erfolg“. Sie sieht einen „Kampf zur Aufrechterhaltung der männlichen Hegemonie“. Es sei wichtig, „strukturelle Ebenen“ zu erkennen und das dahinterliegende System aufzudecken.
Karoline Irschara vom Institut für Sprachwissenschaft der Uni Innsbruck bezeichnete die Angriffe als Versuch, „patriarchale Strukturen aufrechtzuerhalten“. Um so wichtiger sei es laut Sujatha Subramanian vom CGI auf Hochschul-Ebene, wachsam zu sein, sensibel und offen zu bleiben und solidarische Netzwerke zur Unterstützung zu bilden, wozu auch Irschara ermuntert hat.
Aktuell, wie durch die Verbote gendergerechter Sprache bei niederösterreichischen sowie bayrischen Behörden oder die Verbannung von Gender Studies aus ungarischen Hochschulen, scheine „vieles rückwärtsgewandt, aber es ist auch viel im Wandel begriffen“, meinte Goetz und möchte – trotz der negativen Entwicklungen – Optimismus verbreiten.
Perintfalvi: „Mut zur Sichtbarkeit“
Es gäbe und brauche in der Geschlechterforschung gerade in diesen Zeiten „Mut zur Sichtbarkeit, Mut der Kreativität und Mut der Macht“, sagte die Ungarin Rita Perintfalvi vom Institut für Alttestamentliche Bibelwissenschaft der Universität Graz bei der Podiumsdiskussion.
Fest der Vielfalt im Tiroler Volkskunstmuseum
Die positiven Seiten einer offenen, bunten Gesellschaft sind abschließend am Samstag beim großen Fest der Vielfalt im Tiroler Volkskunstmuseum gefeiert worden. Ein abwechslungsreiches Kulturprogramm für jedes Alter mit Vorträgen, Mitmachstationen, Musik und internationalem Essen. Unterschiedliche Sichtweisen auf Kunst, Geschichte, Kultur und Natur standen im Mittelpunkt.
Die Veranstaltung wird von der Stadt Innsbruck (Amt für Stadtplanung, Mobilität und Integration) in Kooperation mit den Tiroler Landesmuseen und dem Volkskunstmuseum organisiert. Die Universität Innsbruck ist Partnerin mit einigen Stationen und spannenden Beiträgen. Die Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät, mit den Instituten für Germanistik und Slawistik, der Forschungsgruppe Game-Studies und dem Tiroler Dialektarchiv. Bei vielen Begegnungen wurden das Miteinander und die Farbenfülle der Innsbrucker und Tiroler Gesellschaft gefeiert.
„Damit alle ihre Potentiale ausschöpfen können, sind wir gefordert eine demokratische Kultur des Umgangs miteinander zu fördern und Barrieren abzubauen“, wird in den Grundlagen zum Diversitäts-Management der Universität Innsbruck betont. Jede und jeder kann dazu beitragen, dass die unterschiedlichen Farben nicht verblassen und Verschiedenartigkeit das Unileben und die Gesellschaft stärkt.