Diese bemerkenswerte Gattung der Wimpertierchen (Ciliaten oder Ciliophora) begeistert nicht nur durch ihre einzigartige Form und Struktur, sondern auch durch ihre Lebensweise. Coleps ist ein tönnchenförmiger Einzeller, der eine Größe von 40 bis 80 µm erreicht. Sein charakteristischer Kalkpanzer ist mit Zähnen, Fenstern und Durchgängen für Wimpern ausgestattet. Aus jeder Ausbuchtung des Panzers ragt eine Wimper heraus, während am Hinterende je nach Art eine oder mehrere Wimpern, die sogenannten Caudalcilien, zu finden sind. Der Oralapparat mit dem Zellmund befindet sich am Vorderende.
Diese kleinen Lebewesen sind häufig in Seen, Tümpeln, Fließgewässern und sogar im Meer anzutreffen. Sie leben freischwimmend im Plankton und im krautigen Uferbereich von Gewässern. Coleps kann sowohl farblos als auch bunt erscheinen, insbesondere, wenn in den „Nahrungsvakuolen“ gerade Nahrung verdaut wird. Eine orange-rötliche Färbung zeigt sich, wenn Algen während der Verdauung angesäuert werden. Das Futterspektrum von Coleps ist vielfältig und reicht von Mikroorganismen wie Bakterien und Einzellern über Aas und Detritus – abgestorbenes Material, das oft von Mikroorganismen besiedelt wird.
Diese Einzeller sind nicht nur Einzelgänger, sie bilden Schwärme, wenn sich in ihrer Umgebung tote Mikroorganismen befinden, um sich am Aas zu laben. Sogar Käse wird in Laborkulturen als Futter verwendet, was ganze Schwärme von Coleps anlockt.
Ein besonderes Merkmal von Coleps ist die Fähigkeit zur Biomineralisation – eine Besonderheit, die aktuell in der Forschung genauer untersucht wird. Diese Ciliaten stellen beeindruckende Platten aus Kalziumcarbonat her, die zusammen einen flexiblen Panzer bilden. Nach jeder Zellteilung, die etwa 1- bis 2-mal pro Tag erfolgt, vervollständigen die Tochterzellen den Panzer mit neuen Platten. Jede Platte zeigt unterschiedliche Strukturen, die als Durchgänge für die Wimpern dienen.
Einige Arten von Coleps erscheinen grasgrün, da sie zeitweise in Symbiose mit Grünalgen leben. Diese Algensymbionten versorgen ihren Wirt mit organischen Nährstoffen (Zucker etc.), die sie durch Photosynthese gewinnen. Diese interessante Kombination aus Fressen und dem Besitz von Endosymbionten wird als Mixotrophie bezeichnet.
Viele Arten von Coleps lassen sich teilweise nur anhand ihrer genetischen Unterschied differenzieren, sie können mikroskopisch nicht voneinander unterschieden werden (kryptische Arten). Diese Vielfalt macht Coleps zu einem spannenden Forschungsobjekt und zu einem wahren Wunder der Mikrowelt und hat ihm für das Jahr 2025 den Titel „Einzeller des Jahres“ beschert.
Flyer zum Einzeller des Jahres 2025 auf Deutsch und Englisch (PDF): https://www.uibk.ac.at/limno/files/pdf/einzeller_des_jahres_2025_coleps_final_.pdf
AutorInnen: Bettina Sonntag, Michael Schweikert, Marie Lemloh, Sabine Wanzenböck
Bettina Sonntag ist Leiterin der Gruppe „Ökologie und Taxonomie von Ciliaten“ am Forschungsinstitut für Limnologie, Mondsee, der Universität Innsbruck.
Marie Lemloh und Michael Schweikert sind wissenschaftliche Mitarbeiter an der Universität Stuttgar am Institut für Biomaterialien und biomolekulare Systeme.
Sabine Wanzenböck hat die Pressemeldung verfasst und ist am Forschungsinstitut für Limnologie, Mondsee, der Universität Innsbruck für die PR zuständig.