Andrej Zahorák vereint in seiner Arbeit zwei Herzensaktivitäten: Einerseits hat er nach seinem Studium in Nitra und in Moskau zielstrebig eine wissenschaftliche Karriere verfolgt, in deren Rahmen er sich vor allem mit Literaturübersetzung, AV-Übersetzung und Fragen der Interkulturalität auseinandersetzt; andererseits hat er bereits während seines Masterstudiums der Germanistik und Russistik mit einem Fokus auf Translationswissenschaft begonnen, nach Wegen zum Einstieg ins Literaturübersetzen zu suchen. Einem ersten Kurzauftrag für eine Zeitschrift und einer Phase intensiven Networkings folgte bald der erste Übersetzungsauftrag über ein ganzes Buch für einen Verlag. Seither übersetzt Zahorák routiniert Belletristik, Psychothriller, Krimis und vieles mehr aus dem Deutschen ins Slowakische. „Ich habe leider das Gefühl, dass ich mehr Aufträge ablehnen muss, als ich annehmen kann“, gesteht er seiner studentischen Zuhörerschaft am Institut für Translationswissenschaft der Universität Innsbruck (INTRAWI) bedauernd, womit klar wird, wie gefragt Zahorák in der slowakischen Verlagswelt als Übersetzer ist.
Wie, mag man sich fragen, schafft man den Spagat zwischen einer Universitätslaufbahn und der erfolgreichen Tätigkeit als Literaturübersetzer? Andrej Zahoráks zentrales Erfolgsrezept passt sich hervorragend in das Thema des Kurses Translationsmanagement fürs Übersetzen ein (LV-Leitung & Moderation: Martina Mayer), in dessen Kontext er Innsbruck besucht hat: Der Übersetzer schwört auf ein stringentes Zeitmanagement und legt genau die Anzahl an Seiten fest, die innerhalb eines klar definierten Zeitraums, beispielsweise pro Tag, zu bewältigen ist. Dazu kommt sein Wissen um die Notwendigkeit einer gründlichen Recherche, die das intensive und oft auch zeitaufwändige Studium von Fachliteratur nötig macht. Die Terminologie der Kriminologie, der Psychotherapie usw. sind Zahorák aufgrund der Genres, mit denen er sich befasst, bestens bekannt. Bewusst verzichtet er auf Tools zum maschinengestützten Übersetzen mit dem Argument, dass sie für ihn keine Effizienzsteigerung bedeuten. Er zieht es außerdem vor, in reiner Humantranslation mit den Texten zu arbeiten, weil er nach seinem Empfinden den jeweiligen Autor:innen so stilistisch besser gerecht wird.
Im Weiteren kreiste das Übersetzergespräch stark um die Frage des Berufseinstiegs nach einem einschlägigen Masterstudium („Sie brauchen ein gutes Portfolio, und die Verlagswelt muss wissen, dass Sie es haben!“) sowie der optimalen Kommunikation mit Verlagen zum Verhandeln von Preisen und Bestimmen realistischer Fristen („Sagen Sie, was machbar ist und was nicht; haben Sie keine Angst davor, für sich selbst einzustehen.“). Exzellenz in der Leistung und ein bestimmtes Auftreten führen zu ausgezeichneter Kooperation, wird Zahorák nicht müde zu betonen.
Dazu gehört auch ein selbstbewusstes Auftreten in der Öffentlichkeit: Zahorák berichtet auf seinem Blog @andyho_kniznica via Instagram und Facebook über seine Arbeit, engagiert sich in der Literaturvermittlung bzw. in der Vermittlung von Übersetzungsliteratur und setzt sich in der Branche, bei Medien und in der Öffentlichkeit für umsichtige Übersetzungskritik ein – gerade in Zeiten, in denen Leser:innen oft spontane Kommentare verfassen und publizieren, die der Komplexität des Übersetzungsvorgangs nicht gerecht werden.
Dem Publikum am INTRAWI hat er mit den authentischen Einblicken in sein Tätigkeitsfeld eine wertvolle Handreichung geboten, um eine klarere Perspektive auf das zu bekommen, was nach dem Studium alles möglich ist, wenn man sich weise positioniert und zugleich so sehr für seine Tätigkeit brennt, wie Andrej Zahorák selbst das ganz offensichtlich tut.
(Martina Mayer)